Teisnach
Über die Psychologie des Bösen

Die aus TV-Beiträgen bekannte Kriminalpsychologin Lydia Benecke hielt einen Vortrag über Psychopathen in der Teisnacher Mehrzweckhalle

07.09.2021 | Stand 22.09.2023, 2:32 Uhr
Annabell Frankenfeld

Lydia Benecke war mit ihrem Partner Sebastian Burda in Teisnach, wo sie in der Mehrzweckhalle über die "Psychologie des Bösen" sprach. Rund 350 Menschen hörten der bekannten Kriminalpsychologin gespannt zu. −Foto: Frankenfeld

Bei einer schweren Straftat durch einen skrupellosen Täter denkt man schnell, dass ein Psychopath dahinter stecken muss. Wie ticken solche Menschen? Wie kommt diese Persönlichkeitsstörung zustande? Darum ging es im Vortrag "Die Psychologie des Bösen", den Lydia Benecke am Sonntagabend in der Teisnacher Mehrzweckhalle gehalten hat. Rund 350 Menschen saßen im Publikum bei der dreistündigen Veranstaltung mit der aus TV-Sendungen bekannten Kriminalpsychologin.

Zunächst erzählte die Kölnerin etwas über sich und ihren Werdegang. Hauptberuflich arbeitet die 38-Jährige in der Straftätertherapie. Lydia Benecke erklärte, dass Psychopathen unter anderem angstfrei, risikofreudig und stets auf der Suche nach Aufregung seien. Dies müsse aber nicht zwangsläufig zum Problem werden. Etwa als Stuntman könne man diese Eigenschaften sinnvoll nutzen. Zusätzlich können positive Eigenschaften wie eine hohe Sozialkompetenz psychopathische Züge ausgleichen.

Psychopathie, erläuterte Benecke, vereine die Merkmale des Narzissmus, der sich unter anderem durch Selbstüberhöhung und Fremdmanipulation zum eigenen Vorteil auszeichnet, und der antisozialen Persönlichkeitsstörung, bei der Betroffene verantwortungslos handeln, empathiefrei und risikofreudig sind und rücksichtslos ihre eigenen Ziele durchsetzen wollen. Zudem stellte Benecke die Psychopathie-Checkliste nach Robert Hare vor und ging auf einzelne Ausprägungen ein.
Eine Persönlichkeitsstörung entstehe durch eine gewisse genetische Veranlagung und eine entsprechende Umwelt, Letzteres besonders in der Kindheit. Eine "wichtige gesellschaftliche Message" laut Benecke ist, dass der Schutz von Kindern die beste Prävention sei. Denn viele straffällige Psychopathen hätten in der Kindheit emotionale wie körperliche Misshandlung erfahren.

Die Kriminalpsychologin beleuchtete in ihrem Vortrag auch Fehlannahmen über Psychopathen. Diese seien nicht immer hochintelligent oder zwangsläufig mit einem Tötungsdrang ausgestattet. Jedoch machten diese Eigenschaften Filme oder Romane mit Psychopathen so spannend.

Neben Einblicken in die Psyche und zur Wahrnehmung von Psychopathen zeigte Benecke ihrem Publikum auch Tricks, wie man einem Psychopathen oder Narzissten auf die Schliche kommen könne. Letztere geben beispielsweise oft vor, Experten in diversen Themen zu sein, etwa durch mehrere Studien. Dabei könne man etwa nachhaken, ob diese Ausbildungen auch erfolgreich abgeschlossen wurden. Auch auf das Nutzen nicht geschützter Berufsbezeichnungen wies Lydia Benecke hin. Ebenso die Vorgabe, einen klassischen Ausbildungsweg nicht nötig gehabt zu haben, sei verdächtig.

Ihren kurzweiligen Vortrag untermalte die Kriminalpsychologin mit Anekdoten aus ihrem Arbeitsalltag und Beispielen aus der Filmwelt zur Veranschaulichung. So sei der Disney-Film "Rapunzel – neu verföhnt" ein "Lehrfilm über emotionale Misshandlung". Die Comicfamilie der Panzerknacker sei ein Paradebeispiel für eine antisoziale Persönlichkeitsstörung.

Nicht nur mit solchen Vergleichen brachte Lydia Benecke ihr Publikum zum Schmunzeln. Auch der Warnhinweis, bitte keine Ferndiagnosen zu stellen, wenn man bei diversen Psychopathie-Merkmalen sofort an den Ex-Partner, die Schwiegermutter oder den Chef denken müsse, entlockte manchem Zuhörer ein Lachen.

Auch häufig gestellte Fragen beantwortete Lydia Benecke, etwa, ob ihr Beruf in der Sexualstraftätertherapie gefährlich sei (statistisch gesehen nein; ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit sei wahrscheinlicher) und ob man Ex-US-Präsident Donald Trump als Psychopathen deklarieren kann (man sollte keine Ferndiagnosen stellen; die Referentin gab aber eine Buchempfehlung zu dem Fall).

Zum Abschluss ihres Vortrags schilderte Lydia Benecke den Fall John William Cooper. Dieser steigerte zwischen 1985 und 1998 in seiner walisischen Heimat die Kriminalrate durch zahlreiche Einbrüche und Raubüberfälle sowie durch vier Morde, sexuelle Nötigungen und eine Vergewaltigung. Bei seinen Delikten ging er äußerst geschickt vor. Die Referentin schilderte die Hintergründe zu dem Fall und ging auch auf Coopers problematische Kindheit ein. Im Anschluss an den Vortrag hatten die Zuhörerinnen und Zuhörer die Möglichkeit, ein Foto mit Lydia Benecke zu machen und mit ihr ins Gespräch zu kommen.