Budget beschlossen
Kritik, Skepsis, Pragmatismus: Wie Fraktionssprecher den Viechtacher Spar-Haushalt bewerten

05.03.2024 | Stand 05.03.2024, 15:00 Uhr

Bei der Präsentation des Haushalts: Kämmerer Matthias Wittmann (r.) und Bürgermeister Franz Wittmann. − Fotos: Augustin

Der Spaßfaktor eines kommunalen Haushalts ist immer begrenzt. Mit Blick auf den Viechtacher Etat für 2024 sucht man ihn komplett vergeblich. Dass man sich dafür durch etwa 4000 Seiten Unterlagen wälzen muss, ist das eine. Dass sich darin auf notwendige Ausgaben beschränkt wird, das andere.

Viechtach muss sparen, in diesem Jahr mehr als in anderen. Die hohen Gewerbesteuereinnahmen aus 2022 führen zu einer niedrigeren Schlüsselzuweisung, einer höheren Kreisumlage. Der Segen vergangener ist der Fluch aktueller Tage.

Design von Viechtacher Bayerwald Bote



Am Montagabend hat der Stadtrat, wie berichtet, den Haushalt dennoch mit großer Mehrheit (nur Georg Bruckner stimmte dagegen) abgesegnet. Zuvor hatten die Fraktionssprecher sowie Bürgermeister Franz Wittmann Stellung bezogen zum vorliegenden Etat. Dabei richtete sich der Blick nicht nur auf die geringeren Einnahmen – sondern auch auf die Ausgaben.

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Franz Wittmann (Bürgermeister)



Das Stadtoberhaupt sprach vom schwierigen Weg zum Haushalt in einem „Modus, der geprägt ist von Unsicherheit und ständigem Anpassungsdruck“. Die weltweiten Krisen zwängen auch die Verantwortlichen vor Ort zum Umdenken. Der Etat spiegle das Bemühen wider, „Viechtach als attraktiven Standort für Unternehmen und Fachkräfte zu stärken“. Die Firmen mit ihren Arbeitskräften seien „das Rückgrat unserer Stadt“. Besonders hob der Bürgermeister die Investitionen in Bildungseinrichtungen hervor. Die Sanierung des Grundschuldaches, die anstehende Generalsanierung der Mittelschul-Turnhalle und die Einrichtung der Kinderkrippe am Freibad seien „auch in schwierigen Situationen“ notwendige Maßnahmen.

Franz Wittmann von Viechtacher Bayerwald Bote



Oberste Priorität hätten die Pflichtaufgaben, doch die Stadt müsse auch im Blick haben, „lebens- und liebenswert“ zu bleiben. Freiwillige Leistungen dürften daher nicht ganz außer Acht gelassen werden. Ein Zeichen seien die Umsetzung des barrierefreien Zugangs zum Freibad und des am Montagabend beschlossenen Dorfgemeinschaftshauses in Wiesing (siehe unten). Die Kommunen als „schwächstes Glied in der Kette“ hätten mit am stärksten mit der Wirtschaftsflaute zu kämpfen – gleichzeitig sorgten sie vor Ort dafür, dass die Demokratie erhalten und der Glauben der Menschen in den Staat erhalten bleibt, sagte Wittmann. Doch: „Gesetzlicher Anspruch und kommunale Wirklichkeit klaffen oft auseinander.“ Auch staatliche Überregulierung trage zu den finanziellen Problemen bei.

Albert Dirnberger (CSU)

Wittmanns Parteikollege und CSU-Fraktionssprecher betonte, er und seine Mitstreiter „halten die Vorsicht für sehr gut“. Ein Posten im Haushalt sei „auffällig“: die Personalkosten, die etwa ein Viertel des Verwaltungsetats ausmachen. Nicht nur darauf blicke er mit Sorge, sondern auf die künftigen Auswirkungen der Kreisumlage – derzeit bei 48 Prozent – auf die Stadtfinanzen. Eine im Raum stehende Erhöhung des Hebesatzes habe „das Zeug, die Finanzen der Kommune erheblich durcheinanderzubringen“.

Albert Dirnberger von Viechtacher Bayerwald Bote



Der Haushalt beweise, dass es auch ohne Stabilisierungshilfe geht, um die sich die Stadt wegen Aussichtslosigkeit schon gar nicht mehr beworben hatte. Die Prämisse der nächsten Jahre sei: „Runter mit den Schulden.“ Das sei die wichtigste Investition für künftige Generationen. Die Stadt solle sich „von praktischen Notwendigkeiten“ leiten lassen. Ein Ansatz: den Bestand der städtischen Immobilien kritisch überprüfen und mögliche Veräußerungen zu prüfen.

August Wanninger (Unabhängige)



Wie Dirnberger kam auch der Unabhängigen-Sprecher auf das Damokles-Schwert einer Kreisumlagen-Erhöhung zu sprechen. Das werde „vielleicht dieses, spätestens aber nächstes Jahr“ fallen. Tarifabschlüsse, gestiegene Energiekosten und höhere Kosten für Verwaltung und Betrieb machten den „Spielraum für Gestaltung“ äußerst eng. Dennoch erteile man Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 15,8 Millionen Euro. Die Summe könne man kritisch sehen, allerdings handle es sich bei den damit getätigten Investitionen um notwendige Maßnahmen.

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Ausgaben im freiwilligen Bereich seien in absehbarer Zeit „in jedem Fall einer kritischen Prüfung zu unterziehen“. In Krisen müsse man sich von Gewohnheiten und Wünschen verabschieden. Nur eines müsse man gemeinsam stets im Blick haben: die Demokratie und ihre Regeln zu bewahren.

Hans Wühr (Freie Wähler)



Lob gab es für den dritten Haushalt in Folge ohne Kreditaufnahme. „Wir sind von der Tendenz her auf einem guten und richtigen Weg“, sagte Wühr. Seine Fraktion hatte in der Gestaltung des Haushaltes auf eine Sanierung der maroden Straße nach Hohenleithen gedrängt (zirka 150000 Euro). Diese ist nun erst für 2027 geplant. Es gibt aber die Zusage des Bürgermeisters, die Maßnahme vorzuziehen, sollte es wider Erwarten Spielraum geben. Daran werde man Wittmann im Laufe des Jahres erinnern.

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Wühr forderte jede „investive Maßnahme kritisch“ zu hinterfragen. Die Stadt habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Deswegen rief er den Verantwortlichen ins Bewusstsein, dass der Haushalt eine „Ausgabenermächtigung und keine -verpflichtung“ sei.

Ewald Wanninger (Zukunft Viechtach)



Er machte es kurz: Kämmerer Matthias Wittmann und sein Team hätten „solide und gute Arbeit“ geleistet. Eine Erhöhung der Kreisumlage sei unumgänglich und zugleich wichtig, gerade für den Erhalt des Viechtacher Krankenhauses. Die Gründung einer Energiegesellschaft zusammen mit dem Landkreis müsse vollzogen werden.

Ewald Wanninger von Viechtacher Bayerwald Bote



Dass ins Projekt Dorfgemeinschaftshaus Wiesing und ins Alte Spital (neue Heizung) investiert werde, sei erfreulich. Für das Springerbecken im Freibad hoffe er auf ein passendes Förderprogramm in den nächsten Jahren.

Georg Bruckner (SPD)



Die kritischste Rede kam vom Ex-Bürgermeister. Dass die Stadt heuer die notwendige Zuführungsrate von 1,4 Millionen Euro um mehr als eine halbe Million unterschreite, sei ein „bedenklicher Vorgang“. Er wünsche der Kämmerei das Glück, dass – wie 2023 – die Einnahmen doch höher als geplant ausfallen werden. Gerade die Steuereinnahmen der Stadt seien durchaus üppig – „zahlreich sind jedoch die vielen Kanäle, in denen die Gelder versiegen“, so Bruckner: Die Personalkosten hätten sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Die Kosten der Verwaltung: mit 6,8 Millionen Euro fast eine Million über dem Vorjahresansatz.

Georg Bruckner von Viechtacher Bayerwald Bote



Bedenklich aus seiner Sicht auch: Kosten, wie etwa für den Erwerb von Gewerbeflächen in Oberschlatzendorf, würden „weggeschwiegen“. Dies mache eine ernsthafte Finanzplanung unmöglich. Auch bemängelte er, dass eine nötige Senkung der Grundsteuerhebesätze in Folge der 2025 in Kraft tretenden Reform, nicht in dieser Sitzung vorgenommen wurden. Die Stadt müsse – um eine Mehrbelastung seiner Bürger zu vermeiden – die Hebesätze von 390 auf 240 von Hundert senken.

Der Haushalt lasse nur erahnen, „welche Belastungen uns in den nächsten Jahren erwarten.“ Bruckner warf Bürgermeister Wittmann vor, zu sehr auf Prestigeprojekte wie das Resilienz-Programm zu setzen. Diese würden sich vor allem „gut in der Zeitung machen“. Er warnte: „Zu viele Tänze sind des Tänzers Tod.“ Wittmanns Replik, schmunzelnd: „Ich tanze überhaupt nicht.“