Zwiesel
Einblicke in den NSU-Ausschuss

MdL Toni Schuberl informierte im Jugendcafé

29.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:17 Uhr

MdL Toni Schuberl und Grünen-Kreisvorsitzende Nicole Herzog sprachen im Jugendcafé. −Foto: Bauernfeind

Toni Schuberl ist der erste Grüne, der einen Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag als Vorsitzender leiten darf. Über seine Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss informierte er am letzten Samstag im Jugendcafé Zwiesel persönlich. Grünen-Kreisvorsitzende Nicole Herzog hielt eine kurze Präsentation, um die Opfer der von der Terrorgruppe NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) verübten Morde in Erinnerung zu rufen.

Anschließend berichtete Schuberl über seine Ausschussarbeit. Als Jurist sei er für diese Aufgabe bestens vorbereitet, seine Tätigkeit im Ausschuss ähnle der eines Richters, der Akten sichtet und Zeugen vernimmt. Stück für Stück werde ein Katalog von 150 Fragen abgearbeitet, so Schuberl, die Zusammenarbeit mit der CSU sei teilweise herausfordernd gewesen.

In der offenen Diskussionsrunde wurden viele Fragen gestellt, insbesondere nach der Rolle des Verfassungsschutzes. Der Abgeordnete sagte, es habe Ermittlungspannen und organisatorische Fehler von Polizei und Verfassungsschutz gegeben. Für manch abwegige Theorie, wie der Verdacht, der Verfassungsschutz habe bewusst die Mordserie nicht verhindert, gebe es keinerlei Hinweise in den Akten oder durch Zeugen. Es sei jedoch besorgniserregend, dass der Verfassungsschutz durch seine Vertrauensmänner rechtsextreme Strukturen gefördert hatte, aus deren Umfeld der NSU entstanden ist.

Gleichzeitig sei es aber wohl notwendig, durch V-Leute Informationen zu sammeln. Aus den Ermittlungsakten lasse sich ein strukturell rassistisches Verhalten gegenüber den Opferangehörigen erkennen. Jeder habe Vorurteile und Stereotype in sich, sagte Schuberl, er nehme sich dabei selbst keinesfalls aus. Diese könnten dazu führen, dass man Menschen mit Migrationshintergrund vorurteilsbehaftet entgegentritt. Das heiße noch lange nicht, dass man Rassist sei. Doch während der NSU-Mordserie habe das dazu geführt, dass die Familien der Opfer, weil sie türkischstämmig sind, viel zu lange als Kriminelle behandelt wurden – obwohl dies längst ausgeschlossen worden sei.

Gleichzeitig sei die Möglichkeit rechtsextremer Morde lange ausgeschlossen worden, obwohl es bereits Hinweise darauf gegeben habe. Diese Fehler könnten nur verhindert werden, wenn sie auch von den Sicherheitsbehörden als solche anerkannt würden. Der Staat habe sich viel zu schnell auf die Theorie festgelegt, es seien nur drei Täter mit wenigen Helfern. Hier gebe es deutliche Indizien, dass diese Vorfestlegung zu schnell erfolgt sei. Dies genauer aufzuklären sei eines der zentralen Themen des Ausschusses.

„Wir müssen wissen, ob es noch Strukturen des NSU vor Ort gibt oder nicht“, erklärte Schuberl. Das sei man auch den Angehörigen der Opfer schuldig. Dazu werde der Ausschuss auch Beate Zschäpe als Zeugin laden und sie in Chemnitz befragen. Bisher habe sie geschwiegen, aber seit ihr Urteil rechtskräftig ist und sie keine höhere Strafe mehr zu befürchten hat, wurde sie nicht mehr befragt. „Das holen wir jetzt nach.“

Nicole Herzog bedankte sich bei Jugendcafé-Leiter Christian Schwarz und den ca. 25 Zuhörern. Speziell dankte sie dem Abgeordneten für seine engagierte Arbeit und überreichte ihm in Anspielung auf seinen Vornamen ein Ton-I, also einen Quader aus Töpfer-Ton – „damit du dir die Welt so formen kannst, wie du sie gerne haben möchtest“.

− be