Freyung
Stadt erhebt Wärme-Bedarf: Fragebögen werden ausgewertet

09.12.2022 | Stand 17.09.2023, 21:12 Uhr

Werteten die Antworten der Fragebogenaktion aus: (von links) Geschäftsleiter Michael Pradl, Manfred Schmalhofer vom IB Ecoplan, Klimaschutzmanager Ludwig König und Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich. Die Ergebnisse müssen dann digitalisiert werden. −Foto: Lang

Als die Stadt Freyung mit dem Nahwärmenetz vor neun Jahren an den Start ging, warb man mit dem Slogan „Wir überweisen nicht an Saudi-Arabien und Putin“. Erst im Jahr 2022 sollte sich zeigen, wie vorausschauend das damals war und während das Interesse an der Nahwärme in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist, hat es heuer im Zuge der Energiepreissteigerungen nochmals rasant zugenommen, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Freyung.

Machbarkeitsstudie für höhere Wärmeleistung

Die Nahwärmeversorgung in der Stadt selbst läuft den Angaben zufolge gut und wirtschaftlich – auch deshalb, weil man das Netz kompakt hält, damit der Betrieb rentabel ist. „Es ist ein Glücksfall, dass wir mit der Firma Ecoplan vor Ort ein Büro haben, das die ersten Vorreiterprojekte im Landkreis umgesetzt hat und viel Erfahrung mitbringt“, so Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich. Manfred Schmalhofer hat mit Ecoplan nicht nur das Nahwärmenetz von Anfang an begleitet, sondern ist auch aktuell wieder eingespannt.

Denn die Kapazitäten der bestehenden Nahwärmeversorgung sind fast ausgeschöpft. „Gemeinsam mit dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement, einer Außenstelle der Hochschule Trier, erstellen wir gerade eine Machbarkeitsstudie, wie wir auf wirtschaftliche und nachhaltige Weise die Wärmeleistung erhöhen können. Zur Heizsaison 2024/2025 wollen wir das umgesetzt haben“, erklärt Geschäftsleiter Michael Pradl. Dabei werden auch neue Wärmequellen untersucht wie Sonnenenergie, industrielle Abwärme oder die Wärme aus dem Rauchgas.

Doch selbst mit höherer Wärmeleistung können die Ortsteile von Freyung nicht von dieser Anlage aus versorgt werden – die Leitungen wären zu lange und der Wärmeverlust zu hoch. „Hier kann es nur dezentrale Lösungen geben“, erklärt der Bürgermeister. Deshalb hat die Verwaltung in den vergangenen Wochen Fragebögen verschickt, um den Bedarf und das Interesse der Hausbesitzer in den Ortsteilen zu erfragen. Die Ergebnisse müssen nun digitalisiert und die Bereiche identifiziert werden, wo eine gemeinschaftliche Lösung sinnvoll und rentabel sein kann.

Diese Vorarbeiten seitens der Stadt sind laut Heinrich „eine Dienstleistung in diesen herausfordernden Zeiten“. Denn im Gegensatz zu Baden-Württemberg, wo es im Landesgesetz verankert sei, dass Gemeinden einen „kommunalen Wärmeplan“ erstellen müssen, ist das in Bayern keine Pflicht. „Obwohl das sehr sinnvoll wäre, denn wenn die Kommune das nicht in die Hand nimmt, kann es mit der Energiewende im Bereich der Heizung nichts werden“, so der Bürgermeister. Die Umsetzung im Anschluss, also den Bau einer Anlage und deren Betrieb, könne aber die Stadt nicht mehr leisten. „Wir tragen die Informationen zusammen, schnüren daraus ein Paket für die Realisierung und übergeben es im Anschluss.“

Das müsse und solle auch nicht ein Investor „von außen“ sein. Vorstellbar seien: die Bewohner einer Ortschaft selbst. „Es gibt bereits ein paar junge Erwachsene, die sich mit dem Gedanken tragen.“ Mehrere Bürger gemeinsam in Form einer Genossenschaft also. „Hier könnte ich mir vorstellen, dass sich die Stadt als stabilisierende Genossin mit einbringt“, so Heinrich. Oder ein lokaler Unternehmer, der das Vorhaben umsetzt.

Wichtig sei in jedem Fall, dass es sich wirtschaftlich darstellen lässt und sich die Investitionen refinanzieren. Und in welchen Ortschaften und Straßenzügen das der Fall sein könnte, wird anhand der ausgefüllten Fragebögen nun ermittelt. „Alle, die ihren Fragebogen noch nicht zurückgeschickt haben, können dies aber noch tun. Die Daten werden nachgetragen“, sagt Klimaschutzmanager Ludwig König, dessen Stelle vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz großzügig gefördert wird.

„Die Menschen brauchen schnell Sicherheit“

Zunächst sollen die Bereiche ausgenommen werden, bei denen sich von vorneherein wenig Interessenten gemeldet haben. „Die Menschen brauchen schnell Sicherheit, weil sie womöglich sonst eine alternative Heizung einbauen würden“, betont Heinrich und will auch den Stadtrat demnächst informieren, für welche Bereiche ein Nahwärmenetz aufgrund der erhobenen Daten ausgeschlossen erscheint, damit auch die Stadtratsmitglieder diese Informationen an die Bevölkerung weitergeben können.

Mehr Zeit hingegen brauche die tatsächliche Projektentwicklung dort, wo eine Anlage sinnvoll wäre, weiß Manfred Schmalhofer. Aber irgendwo müsse man anfangen, damit der Weg beschritten werden kann. „Und es ist ohnehin erstaunlich, welchen Aufwand die Stadt Freyung hier betreibt“, so der Planer. Ihn freut es vor allem, wie viel Geld durch solche Nahwärmesysteme in der Region bleibt – und eben nicht nach Saudi-Arabien oder an Putin geht.

− pnp