Neureichenauer im Weltcup
Rückkehr nach der Babypause: Para-Skilangläufer Max Weidner greift wieder an

15.12.2023 | Stand 15.12.2023, 17:19 Uhr
Lennard Janßen

Beim Heim-Weltcup im Februar 2020 in Finsterau läuft Maximilian Weidner auf Rang 15. Nach zwei Jahren Pause, der Geburt des Sohnes geschuldet, greift er Neureichenauer nun wieder an. − Fotos: PNP Archiv/DBS

Maximilian Weidner (33) aus Neureichenau ist erfolgreicher Para-Skilangläufer und Teil der deutschen Nationalmannschaft. Nach zweijähriger Pause ist mit Beginn der aktuellen Saison in der Wettkampfbetrieb zurückgekehrt. Außerdem geht er einem Vollzeitjob im Sägewerk seines Onkels nach: Familie, Beruf, Spitzensport – Maximilian Weidner hat sich für dicht getaktete Tage entschieden.

Es ist dieser 5. Juni 2018, der das Leben des damals 28- Jährigen schlagartig ändert. Seit 2013 arbeitet Maximilian Weidner im Sägewerk seines Onkels. Bei der Inbetriebnahme einer Maschine verliert er alle vier Langfinger der rechten Hand sowie die Fingerkuppe des Daumens. Der Sport, der Skilanglauf, den er von Kindestagen an beim WSV-DJK Rastbüchl betreibt, steht nach dem Unfall erstmal im Hintergrund: „Von Sport war erstmal überhaupt nicht die Rede. Die Frage war, wie es generell in meinem Leben weitergeht“, erzählt Maximilian Weidner. Erst ein Jahr später nahm seine Langlaufkarriere dann wieder Fahrt auf. Ein langjähriger Freund, Ernst Süß, stellte den Kontakt zum 16-maligen Paralympics-Sieger Gerd Schönfelder her. Der Oberpfälzer überzeugte den zweifelnden Weidner, wieder mit dem Langlaufsport zu beginnen. Ralf Rombach, der Bundestrainer vom Para-Ski nordisch, wurde schnell auf den Niederbayer aufmerksam und lud ihn zu den deutschen Meisterschaften ein. Es folgten zwei Weltcupsaisons, in denen der erfahrene Langläufer immer einen Top-Ten Platz erreichte. Aufgrund der Geburt seines Sohnes setzte Weidner 2021 und 2022 aus dem Wettkampfbetrieb aus. Pünktlich zum Start der Saison 2023/2024 ist der Waldler nun wieder auf die Skilanglaufbühne zurückgekehrt. Bei den internationalen deutschen Meisterschaften im Oktober in Oberhof feierte er mit zwei Mal Bronze einen starken Einstieg. „Mehr als zufrieden“ zeigte er sich da, um anzufügen: „Ich freue mich schon auf den kommenden Winter.“ Das erste Weltcuprennen der Saison steigt dann am 24. Januar in Toblach. Davor hat er sich einen Vorbereitungswettkampf am 6. Januar in Finsterau vorgemerkt. Sein persönliches Ziel ist die Qualifikation für die paralympischen Winterspiele in Mailand undCortina 2026.

Maximilian Weidner hat den Faden wieder aufgenommen, den er nach seinem Unfall zu spinnen begonnen hatte. Die Umstellung auf den Parasport damals war zwar ungewohnt, doch seine Erfahrung erleichterte ihm diesen Schritt enorm: „Ich bin ja auch schon vor dem Unfall viel langgelaufen und habe regelmäßig Sport gemacht. Natürlich ist es am Anfang ungewohnt, mit nur einem Stock zu laufen, aber meine Grundlagen- und Leistungswerte waren immer noch recht gut“, sagt er.

Hauptberuflich ist Maximilian Weidner als Produktionsleiter im Sägewerk Resch in Neureichenau tätig. Trotz seines Unfalls war für ihn klar, dass er weiter im Familienbetrieb arbeiten möchte. Anfangs habe er ein mulmiges Gefühl gehabt und sich an den Arbeitsalltag erst wieder rantasten müssen. Heute kann er seinen Beruf, bis auf ein paar Einschränkungen, wieder normal ausführen. Der Spagat zwischen Sport, Beruf und Familie ist nicht immer einfach, erzählt Weidner: „Ich habe einen Vollzeitjob und daneben eine Familie mit einem 18 Monate alten Sohn. Dazu kommt der Langlaufsport. Ich bin eigentlich die ganze Zeit getrieben. Dieses Jahr hatten wir eine Woche Familienurlaub, in dem ich auch trainieren musste. Viel mehr Zeit für Urlaub ist dieses Jahr nicht geblieben. Der Rest geht drauf für die Arbeit und für den Sport“. Das sind mindestens 41 Stunden Arbeit und sechs Tage die Woche Training – ein Leben zwischen Sägewerk und Langlaufstrecke. Für Maximilian Weidner ist deshalb klar: „Ohne das familiäre Rückgrat würde das Ganze nicht funktionieren. Die meiste Unterstützung bekomme ich von meiner Frau. Sie weiß, gerade nach dem Unfall, wie viel mir der Sport bedeutet. Wir sind zusammen durch die Leidenszeit gegangen. Meine Frau kennt mich mittlerweile länger ohne Finger als mit.“

Um den stressigen Alltag zu bewältigen, wird die ganze Familie miteinbezogen. Wenn Maximilian Weidner und seine Frau keine Zeit haben, helfen Eltern und Schwiegereltern und kümmern sich um den Nachwuchs des jungen Paares. Weidner bezeichnet seinen Alltag selber als „Dauerstress“. Dennoch möchte er den Sport nicht aufgeben. Gerade nach dem Unfall habe ihm das Langlaufen enorm geholfen, das Erlebte besser zu verarbeiten. Deshalb hat der Waldler für den Para-Sport im Allgemeinen einen klaren Wunsch: „Ich hoffe, dass der Para-Sport in Zukunft mehr Aufmerksamkeit in der Gesellschaft erlangt, auch damit die Fördermöglichkeiten besser werden“, sagt er und fügt mit Nachdruck an: „Da geht es gar nicht um mich, sondern eher um die Förderung der jungen Talente. Denn die Leistungen sind nicht schlechter als bei anderen Sportlern.“