Freyung
Regenerativer Energiemix als Lösung?

28.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:29 Uhr

Mit Referent Dr. Bernhard Widmann (2.v.r.): CSU-Ortsvorsitzender Otto Christoph (re.) und seine Stellvertreter Ludwig König (v.l.), 3. Bürgermeister Christoph Endl und Margit Petzi. −Foto: priv.

„Wie kommen wir aus der Energiekrise?“ – Unter diesem Titel stand eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des CSU-Ortsverbandes Freyung mit dem Leiter des Technologie- und Förderzentrums (TFZ) im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe, Dr. Bernhard Widmann, an welcher zahlreiche Bürger teilnahmen. Im Rahmen seines wissenschaftlichen Impulses unterstrich Widmann allen voran die Bedeutung eines regenerativen Energiemixes sowie einer „hohen gesellschaftlichen Akzeptanz beim Weg in eine nachhaltige und unabhängige Energieversorgung der Zukunft“, wie es in einer Pressemitteilung heißt.

„Realitätsferne“ überwinden

Das heutige Wohlstandsniveau unserer Gesellschaft wurde beginnend mit der Industrialisierung bis in die Gegenwart maßgeblich durch die Nutzung fossiler Energieträger geprägt, stellte Widmann zu Beginn fest. Diese bisweilen scheinbar unbegrenzte Verfügbarkeit günstiger fossiler Energie habe unsere Gesellschaft aber auch in mitunter problematische Abhängigkeiten geführt und ein sogenanntes „fossil-ökonomisches Phlegma“ hervorgerufen. Letzteres beruht darauf, dass die ökologischen und sozialen Folgen der Exploration, Produktion, Transportierung und Aufbereitung unserer Energiequellen an andere Weltregionen delegiert wurden bzw. in unseren Breiten nicht sichtbar wurden und die Bepreisung der konventionellen Versorgung deren Entstehungsgeschichte und Nutzungsfolgen nicht berücksichtigt.

Zur Überwindung der Abhängigkeit von mitunter problematischen Staaten und Regionen sowie störungsanfälligen Lieferketten sei bei zeitgleicher Überwindung des „fossil-ökonomischen Phlegmas“ die weitestgehende Abkehr von fossilen und atomaren Energieträgern unausweichlich, fasste Widmann die Sachlage zusammen. Er stellte weiter fest, dass eine Umstellung auf nachhaltige und regenerative Energieträger und Rohstoffe nur dann möglich sein wird, wenn der Energiebedarf allen voran in den Industrieländern drastisch gesenkt und alle zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energieträger optimal genutzt werden.

Zentrale Herausforderungen dieser grundlegenden Veränderungen bestehen laut Widmann darin, diese möglichst umwelt- und landschaftsschonend sowie sozial gerecht zu gestalten. „Wir benötigen sowohl soziale Gerechtigkeit bei den Chancen und Voraussetzungen sowie der Verteilung von Nahrung, Energie und Rohstoffen als auch hohe gesellschaftliche Akzeptanz für deren Gewinnung.“

„Damit der Umstieg auf einen größtmöglichen Versorgungsanteil im regenerativen Bereich gelingt, müssen alle zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energieträger optimal genutzt werden“, ist Widmann überzeugt. Hierbei sei es wichtig zu verstehen, dass die Nutzung Erneuerbarer Energien unausweichliche Veränderungen mit sich bringt. Die Energiebereitstellung erfolgt im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern dezentral und wird damit bei den Bürgern vor Ort und in der Fläche sichtbar. Um Verunsicherung, Skepsis und Ablehnung durch die Gesellschaft etwa beim Infraschall von Windkraftanlagen zu vermeiden, sei es hier essenziell, dass Politik und Wissenschaft klar, transparent und umfassend kommunizieren und aufklären. Auch müsse eine in unserer Gesellschaft verbreitete „Realitätsferne“ überwunden werden.

„Die zunehmende Entkopplung der Gesellschaft von der Nahrungsmittel- und Energieproduktion, wie wir sie u. a. in der Romantisierung von Land- und Forstwirtschaft beobachten, gefährdet letztlich die Akzeptanz der Energiewende, etwa die Erzeugung von Biokraftstoffen“, resümierte der Wissenschaftler. Pointiert fasste er zusammen: „Eine Gesellschaft, die es sich leistet, dass täglich fast 100 Hektar Fläche in Deutschland versiegelt werden, die täglich und 30 Millionen Kilogramm der auf den wertvollen Ackerflächen produzierten hoch verarbeiteten Nahrungsmitteln wegwirft, aus der verbleibenden Menge sich durchschnittlich mehr Kalorien als nötig zuführt, dann mit einem zwei Tonnen schweren Geländewagen ins nahe gelegene Fitnessstudio fährt, um sich dort die Pfunde bei Neonbeleuchtung auf einem elektrisch betriebenen Laufband wieder abzutrainieren, ist gut beraten, über Flächenkonkurrenz, Hunger in der Welt und Nachhaltigkeit differenzierter zu diskutieren.“

Zwischen Dekadenz und Hunger

Worin liegt also der Schlüssel zur Überwindung der Energiekrise? Nach Auffassung von Widmann allem voran in Maßhaltigkeit und Realitätssinn: „Wir müssen uns bei den Lebensmitteln Nahrung und Energie auf die Grundbedürfnisse besinnen, verantwortungsbewusst mit den Ressourcen umgehen und eine stärkere gesellschaftliche Integration in die realistischen Prozesse der Bereitstellung von Nahrung und Energie erreichen.“ Wenig zielführend sei es hingegen, wenn von politischer Seite die Nutzung des Rohstoffes Holz zur Energiegewinnung in Frage gestellt oder die energetische Nutzung von Biomasse gegen die Nahrungsmittelerzeugung ausgespielt wird, waren sich TFZ-Leiter Widmann und CSU-Ortsvorsitzender Otto Christoph einig.

− pnp