Freyung-Grafenau
Kreishaushalt 2024 erhält viel Stimmen und Solidarität

Trotz der kommunenbelastenden Erhöhung der Kreisumlage deutliches 44:3-Votum – Viel Kritik an teuren Staatsaufgaben

26.03.2024 | Stand 26.03.2024, 16:25 Uhr

Von Christian Karl

FRG. Mit breiter Mehrheit von 44:3 Stimmen hat der Kreistag am Montagabend den rund 127 Millionen Euro schweren Haushalt für den Landkreis Freyung-Grafenau beschlossen. Der Verwaltungshaushalt beläuft sich auf rund 109,3 Millionen Euro, der Vermögenshaushalt auf 17,8 Millionen Euro. Trotz einer Erhöhung der Kreisumlage um 2,75 Prozent (jetzt 49,75 Prozent), die die 25 FRG-Kommunen zu tragen haben, gab es bei der Aussprache viel Verständnis und Solidarität. Im Gremium war man sich zudem unüberhörbar einig, sich mehr gegen die ausufernden und massiv ins Geld gehenden staatlichen Aufgaben, die dem Kreis aufgebürdet werden, zu wehren. Gegen den Haushalt stimmten am Ende Roland Freund (BP) sowie Stefan Freudenstein und Norbert Höhenberger (beide AfD).

Jugendhilfe hat sich binnen sechs Jahren verdoppelt

Landrat Sebastian Gruber war es selbst, der den von Kämmerer Michael Atzinger und dessen Referat erarbeiteten Haushaltsentwurf komprimiert noch einmal vorstellte. Kernpunkte waren bereits im Finanz- und Kreisausschuss in den Wochen zuvor bekannt geworden. Der Landrat bezeichnete die Finanzsituation der Kommunen derzeit allgemein als „sehr angespannt“ und verwies darauf, dass dies auch in den Nachbarlandkreisen in Passau und Deggendorf die Kreisumlage massiv um 5 bzw. 7 Prozentpunkte ansteigen ließ. Es gebe da wie dort eine „erhebliche Diskrepanz von Einnahmen und Ausgaben“.

Gruber skizzierte die eingeplanten immensen Mehrausgaben bei der Jugendhilfe (plus 1,4 Millionen Euro). Seit 2018 haben sich die Jugendhilfekosten – heuer rund 10,7 Millionen Euro – quasi verdoppelt. Durch Tariferhöhungen massiv um 6,8 Prozent gestiegen seien auch Personalkosten (plus 1,3 Millionen Euro – insgesamt heuer rund 20,4 Millionen Euro). Hinzu kommen Kompensationen für Defizite im kreisgetragenen Krankenhausbetrieb (4,0 Millionen Euro Mehrausgaben). Für 2024 ist ein Kliniken-Defizit von 6,5 Millionen Euro vorgesehen. Im Sozialhilfebereich gibt es Mehrkosten von rund 0,5 Millionen Euro – insgesamt rund 2,2 Millionen Euro.

Wegen aktueller Gerüchte im Zusammenhang mit den rund 23 Millionen Euro teuren Modernisierungsmaßnahmen im Wintersportzentrum Mitterdorf erwähnte Gruber auch, dass seit 2002 der alljährliche Zuschuss für Investitionen und Instandhaltung 200000 Euro betrage, den sich der Landkreis (150000 Euro) und die Gemeinde Philippsreut (50000 Euro) teilen. „Die in Teilen bereits begonnene Modernisierungsmaßnahme belastet den Landkreis-Haushalt 2024 nicht außertourlich“, so der Landrat.

Massiv ins Gewicht – und auch von vielen im Gremium später kritisiert – fallen die staatlichen und übertragenen Aufgaben, die im Landratsamt wahrgenommen werden (müssen), aber nicht vollständig von Bund und Land getragen werden. Auf Kosten von rund 13,1 Millionen Euro belaufen sich diese Aufgaben – nur rund 8,4 Millionen Euro beträgt die finanzielle Beteiligung des Staates. „Wir geben viel Geld für staatliches Personal aus. Wir weisen den Freistaat auch regelmäßig darauf hin – aber mit mäßigem Erfolg“, skizzierte Gruber.

„Weisen Freistaat mit mäßigem Erfolg darauf hin“

Bei der anschließenden Aussprache gab es rundum uneingeschränktes Lob für Kämmerer Michael Atzinger für den transparenten und „aufwendig vorbereiteten“ Haushaltsentwurf.

„Der Landrat hat alles bereits gesagt“, meinte Max Gibis. Mit Blick auf die aufgebürdeten vielen Staatsaufgaben meinte der CSU-Kreisrat, dass man allmählich wegkommen müsse von einer „Vollkasko-Mentalität“, die jeden und alles mit Leistungen absichere. „Die nächsten Jahre werden nicht einfacher – das zeichnet sich ab. Im Vergleich zu 2025 ist der Haushalt 2024 wohl ein Kindergeburtstag“, meinte Gibis. Der langjährige MdL geißelte „das Missverhältnis der auferlegten staatlichen Aufgaben und deren Kosten“. Und mit Blick auf die erhöhte Kreisumlage: „Wir sind eine Schicksals- und Solidargemeinschaft. Und jeder nutzt die Straßen, den ÖPNV und unsere Kinder auch unsere Schulen.“

„Die Gesellschaft hat sich angewohnt, immer nach dem Staat zu rufen“, griff auch Manfred Eibl die vielen aufgebürdeten kostspieligen Aufgaben auf. Der FW-Kreisrat bedauerte, dass man bei den Investitionen nur das Nötigste vornimmt und zum Beispiel die Straßendeckenarbeit von zehn auf sieben Kilometer reduziert wurde. „Auch die nächsten Jahre werden wohl nicht einfach.“

Zufrieden mit dem bisher Erlangten und auch dem Haushaltsentwurf zeigte sich Toni Schuberl. „Die Leistungen erkennen wir an“, sagte der Grünen-Kreisrat über die seiner Ansicht nach vielen Errungenschaften zuletzt in Sachen Nachhaltigkeit im Landkreis. Ausdrücklich lobte er das geschaffene Klimamanagement und Maßnahmen bei der ÖPNV-Digitalisierung, auch wenn sich zuletzt der Ilztalbahn-Anschluss in Haidmühle in Richtung Tschechien verschlechtert habe.

„Ein Prozent Kreisumlage mehr wäre tragbar gewesen“

Max König (SPD) übte ebenfalls Kritik an gestiegenen Kosten für staatliche Aufgaben, die der Landkreis zu erfüllen habe. Seit 2018 sei die Kostenunterdeckung von 1,8 Millionen auf jetzt 4,7 Millionen Euro gestiegen. „Da muss der Freistaat mehr zahlen und nicht der Landkreis und Gemeinden.“

„Die Gemeinden werden durch die Kreisumlage überproportional belastet. Eine Erhöhung um ein Prozent wäre tragbar gewesen“, merkte Stefan Freudenstein kritisch an. „Einsparungen hätten woanders herkommen müssen“, fand der AfD-Kreisrat und provozierte damit den Landrat. „Ich habe von Ihnen die letzten Wochen aber keinen einzigen Vorschlag dazu erhalten“, so Gruber.

Mit Nein auch mal ein Zeichen setzen

„Es ist alles aus dem Haushalt herausgeholt worden, was herauszuholen ist“, meinte auch Alexander Mayer (Freie Wähler). „Aber wir können es uns im nächsten und übernächsten Jahr sicher nicht mehr leisten, dass staatliche Aufgaben in den Landkreisen abgeladen werden. In den Gemeinden werden die Aufgaben immer mehr und die Mittel immer weniger.“

„Vieles wurde uns vom Staat übergestülpt, was die Kommunen leisten müssen – zum Beispiel der Kita-Anspruch“, registrierte auch Heinz Pollak. „Wir sind am Limit – auch die Gewerbesteuereinnahmen und die Wirtschaftsdaten zeigen nach unten.“ Der CWG-FW-Kreisrat betonte mit Blick auf die gestiegene Kreisumlage, dass der Landkreis für viele auch viel schaffe. „Unsere Straßen, Schulen und Kliniken sind auf einem guten Stand.“

Roland Freund (BP) bestätigte eingangs, dass in den vergangenen Jahren trotz großer Belastungen viel im Landkreis geschehen und investiert worden sei. Der BP-Kreisrat kritisierte aber zugleich auch die Abhängigkeit „von der höheren Politik – die drucken uns immer mehr zusammen“. Man solle auch mal ein Zeichen setzen nach oben hin, „auch wenn das nicht so einfach ist“, so Freund, der später gegen den Haushalt stimmte.