Grafenau
Strompreisdeckel als letzter Strohhalm

20.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:55 Uhr

Der Stadtrat lehnte in seiner jüngsten Sitzung das Strompreisangebot von KUBUS (Kommunalberatung und Service GmbH) einstimmig ab. KUBUS hat in seinem übertragenen Angebotsverfahren kein wirtschaftlich tragbares Angebot für den Beschaffungszeitraum 2023 bis 2025 für die Stadt erzielt.

Der bisherige Energiepreis von ca. 5 Cent/kWh würde durch den neuen Preis für 2023 von unglaublichen 76,6 Cent/kWh für Ökostrom (Tarif Niederbayern Mix2) abgelöst. Der reine Energiepreis wäre also 15 mal höher im Vergleich zu den bisherigen Konditionen. Für 2024 würden 48,87 Cent/kWh, für 2025 41,07 Cent/kWh gelten.

Die Mehrkosten für Ökostrom im Vergleich zu Normalstrom (41,39 Cent/kWh – gleichbleibend für die Jahre 2023 bis 2025) betragen für den Strombedarf der Stadt, der Stadt Grafenau Kommunale Service GmbH und des Zweckverbands Sport und Erholung (insgesamt ein Verbrauch von rund 2000000 kWh pro Jahr) ca. 800000 Euro brutto im Jahr 2023 und verursachen im Vergleich zu den jetzigen Konditionen Mehrkosten von 1,7 Millionen Euro.

Sein Glück auf der Strombörse versuchen

Der Beschluss im Stadtrat vom 23.März 2021 für die Ausschreibung von Ökostrom wurde durch KUBUS, das die Ausschreibung erstellt hat, mit einem zu erwartenden Mehrpreis für Ökostrom von 0,00 bis 0,50 Cent/kWh befeuert. Bei den jetzigen Konditionen und Mehrkosten wäre die Entscheidung für Ökostrom nicht zu vertreten gewesen und wäre sicher so durch den Stadtrat nicht beschlossen worden.

In dem mehrstufigen Ausschreibungsverfahren erhielt die Stadt auf Anfrage bei KUBUS zum Stand des Bündelausschreibungsverfahren am 24. Januar 2022 die Antwort, dass am Ende des ersten Quartals 2022 die anfänglichen Ergebnisse vorliegen werden.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Stadt hierüber informiert werden müssen, dass mit einer deutlichen Preissteigerung bei Ökostrom zu rechnen sei und die die Entscheidung hätte nochmals revidiert werden können. Diese Mitteilungen sind vollends unterblieben.

Auch die Beibehaltung der dreijährigen Laufzeit des Stromliefervertrages bei den derzeitigen turbulenten Marktverhältnissen ist nicht verständlich und auch nicht nachvollziehbar. Auch hier sind dringend erforderliche Zwischeninformation unterblieben, die der Stadt die Möglichkeit der Einflussnahme gegeben hätten.

„Das ist eine äußerst ärgerliche Sache“, kommentierte Bürgermeister Alexander Mayer bei der Sitzung das Verhalten der KUBUS. Er hofft auf die Strompreisdeckelung als letzten Strohhalm.

„Berater hätten fehlerhaft beraten“

Stadtrat und MdB Muhanad Al-Halak konnte ihm dazu optimistisch stimmende Nachrichten aus Berlin überbringen: „Auf Drängen meiner Partei, der FDP, wurde die Strompreisbremse auch für Kommunen ins Eckpunktepapier eingebracht.“ Und das sei gut und ein wichtiger Schritt, auch wenn noch kein Beschluss gefallen sei. Stadtrat Josef Bauer stellte fest, dass die KUBUS eine Kommunalberatung sei, die fehlerhaft beraten habe: „Es ist zu prüfen, ob sie sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht hat“, forderte er die Stadtverwaltung auf, dagegen vorzugehen. Er riet, den Strom an der Börse einzukaufen, weil er dort wieder günstiger geworden sei.

„Der günstigste Strom ist aber der, den wir selbst erzeugen.Wir sollten als Stromproduzent auftreten. Dafür brauchen wir mehr PV-Anlagen. Denn egal was wird, der Strompreis wird nie mehr auf drei Cent runterkommen“, ist er überzeugt.

Das Verhalten der KUBUS kritisierte auch 4. Bürgermeister Franz-Josef Bloier: „So kann man in einer Krisensituation nicht miteinander umgehen. Das ist ein massiver Mangel in der Beratungsleistung. Die Kosten müssen ja wieder auf die Bürger umgelegt werden. Einen Preisunterschied zwischen Normal- und Ökostrom von 35 Cent können wir nicht durchgehen lassen, da müssen wir protestieren. Für die Mehrkosten beim Strom hätten wir leistungsfähige PV-Anlagen bauen können.“

− eb/ul