Freyung
Verfolgungsjagd oder Versehen? 19-Jähriger wegen „verbotenen Kraftfahrzeugrennens“ vor Gericht

02.11.2023 | Stand 02.11.2023, 15:38 Uhr

Nach Angaben im Zeugenstand schalteten die zwei Polizeibeamten Blaulicht und Anhaltesignal ein. Doch der junge Mann flüchtet vor der Kontrolle – und will nicht gemerkt haben, dass Beamte ihm folgen.  − Foto: Bundespolizei

Quer durch Freyung und darüber hinaus soll ein zum Tatzeitpunkt 19-Jähriger sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert haben. Nun stand er vor Gericht.





Er soll bei regnerischem und stürmischem Wetter nicht nur Kurven geschnitten, sondern auch mit über 100 km/h durch mehrere 30er Zonen gebrettert sein. Deswegen musste er sich wegen eines „verbotenen Kraftfahrzeugrennens“ kürzlich vor dem Amtsgericht Freyung verantworten. Der Angeklagte gab an, dass ihm während der Fahrt überhaupt nicht bewusst gewesen sei, dass ihn die Polizei verfolgt habe.

Polizist: „Wir konnten nicht aufschließen“

Laut Anklageschrift ereignete sich die Tat am 11. März des laufenden Jahres gegen Mitternacht. Zu diesem Zeitpunkt fuhr der 19-Jährige mit zwei Freunden (ebenfalls 19 und 16 Jahre alt) in seinem 160 PS starken BMW den Geyersberg runter. Oberhalb der Klinik Bavaria kam ihm ein Streifenwagen entgegen. Zwei Beamte wollten das Auto kontrollieren, schalteten nach eigener Aussage im Zeugenstand Blaulicht und Anhaltesignal ein. Doch der junge Mann gab Gas. Er wollte sich dem Zugriff durch die Polizei entziehen, wie es in der Anklageschrift heißt.

Aber warum? Er sei schon beim Runterfahren „zu schnell dran“ gewesen, so der Angeklagte vor Gericht. Die Richterin ging auf die Aussage ein, die der Angeklagte kurz nach der Tat gemacht hatte. Da hatte er noch behauptet, dass er von einem der Mitfahrer zum Gas geben und Fliehen angestachelt worden sei. Das tat einer der als Zeuge geladenen Mitfahrer als Lüge ab. Ein Polizist hob im Rahmen seiner Aussage hervor, dass der junge Mann eigentlich keinen Grund zu fliehen gehabt hätte, vielleicht seien ihm die Konsequenzen einfach nicht bewusst gewesen.

„Bloß noch die Lichter“ gesehen



Warum der Mann sich nicht kontrollieren lassen wollte, konnte nicht zu 100 Prozent geklärt werden. Er stand zum Tatzeitpunkt weder unter Alkohol- noch unter Drogeneinfluss. Als die zwei Polizisten merkten, dass der BMW einfach weiterfuhr, drehten sie um und nahmen die Verfolgung auf.

Da sei das andere Auto aber schon bei der nächsten scharfen Linkskurve gewesen, so einer der Polizisten. Man habe „bloß noch die Lichter“ gesehen. „Wir konnten nicht aufschließen.“ Auf der regennassen Fahrbahn habe man aber die Fahrspuren gesehen. So war es den Beamten möglich, den BMW über eine längere Strecke zu verfolgen. Wegen des schlechten Wetters seien „nicht so viele“ andere Autos auf der Strecke unterwegs gewesen.

„Ich habe nicht schneller fahren können“



Die führte erst mal den Geyersberg runter, dann bog der BMW in die Passauer Straße ein und fuhr diese runter – in Richtung Kreisverkehr –, bevor er Ort passierte. Dann bog der BMW-Fahrer nahe des bekannten Schnellrestaurants links ein. In Falkenbach/ Köppenreut blieb der junge Mann, der dort nicht ortskundig ist, in einer Sackgasse stehen – obwohl das Trio nach Aussage der beiden Mitfahrenden eigentlich nach Ringelai wollte. Ein Mitfahrer gab an, dass sie in der Sackgasse „eine geraucht“ hätten.

Der damals am Steuer sitzende Polizist betonte, dass er dem BMW mit 100 bis 120 km/h den Geyersberg runter gefolgt sei. „Ich habe nicht schneller fahren können“, sagte der Zeuge mit Verweis auf die auf der Straße liegenden Äste. Wie schnell der BMW dran war, konnte er nicht genau sagen. Beide Polizisten gingen von einer überhöhten Geschwindigkeit aus und betonten, wie gefährlich diese bei dem schlechten Wetter gewesen sei – auch bezüglich des Schneidens der Kurven. „Wenn ihm ein Auto entgegen gekommen wäre, wäre er reingefahren“, so einer der Polizisten.

Er habe nicht auf den Tacho geschaut



Der Angeklagte betonte, dass er das Polizeiauto nicht im Rückspiegel hinter sich gesehen habe. Er habe gemeint, dass er alleine unterwegs gewesen sei. Als die Polizei dann zum „Parkplatz“ seines Autos in der Sackgasse gekommen sei, habe er „nicht gewusst, wie und was“. Die Polizei stellte dort den Führerschein des Fahrers sicher.

Wie schnell er mit seinem Auto dran war, konnte der Angeklagte nicht genau sagen. Schätzungsweise seien es höchstens 70 beziehungsweise 80 km/h gewesen. Er habe nicht auf den Tacho geschaut. Der erste als Zeuge befragte Polizist gab auf Nachfrage an, dass es nicht sein könne, dass die Maximalgeschwindigkeit bei 80 km/h gelegen habe.

Im Gerichtssaal wurde ein Video gezeigt. Dieses wurde aber nicht in der Tatnacht, sondern danach aufgenommen. Es zeigt die Route, die der junge Mann am 11. März gefahren ist. Außerdem verlas die Richterin drei Einträge des Angeklagten im Bundeszentralregister (BZR) – unter anderem wegen Trunkenheit im Verkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis.

Führerschein weg und „eine Woche Dauerarrest“?

Die Staatsanwältin zeigte sich überzeugt, dass der Angeklagte die Tat „so wie geschildert“ begangen habe. Er habe sich „verkehrswidrig und rücksichtslos“ verhalten. Da der junge Mann zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt war und „Brüche im Lebenslauf“ aufweise, sei er nach Jungendstrafrecht zu verurteilen. Die Staatsanwältin plädierte für „eine Woche Dauerarrest“ und Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperre von insgesamt sechs Monaten.

Dem schloss sich die Richterin – nach der Einschätzung des Verteidigers (die Beweise reichen für eine Verurteilung nicht aus) – an. Aus Sicht der Richterin ist der Sachverhalt nachgewiesen worden. Der Angeklagte sei vor der Polizei geflohen. Was die zwei Mitfahrer vor Gericht erzählt haben, sei „Käse“ gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.