Freyung-Grafenau
Die Ampel mit deutlichen Worten „abgeledert“

Staatsministerin Kaniber spricht bei BBV-Veranstaltung in Röhrnbach – Schwere Vorwürfe gegen Bundesregierung

12.04.2024 | Stand 12.04.2024, 5:02 Uhr
Florian Schweiger

Sie stand am Mittwochabend im Fokus: Bei der Veranstaltung des BBV mit dem Motto „Die Zukunft unserer Heimat“ lauschten die Gäste gespannt den Worten der Staatsministerin Michaela Kaniber.

Im Winter hatte man demonstriert, nun wolle man diskutieren: So formulierte es der Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands, Siegfried Jäger, am Mittwochabend in Röhrnbach. Im Haidl-Atrium hatte man deshalb ein Zusammenkommen unter dem Motto „Die Zukunft unserer Heimat“ organisiert und neben regionalen Bauern auch Handwerker, Mittelständler und alle interessierten Bürger eingeladen. Die Politik wurde ebenfalls prominent vertreten: Die Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, gab sich höchstpersönlich die Ehre und sprach zu den Gästen. Von den Hauptrednern und vor allem von Kaniber selbst fielen dabei deutliche Worte.

Gegen eine „immer urbanisiertere Diskussion“

In seinen Begrüßungsworten lobte Jäger zunächst den Zusammenhalt und die Geschlossenheit, die die Bauern bayern- und deutschlandweit bei ihren Protesten gezeigt hätten, trotz manchem internen Streit. Wie wichtig das sei, sehe man an der Bundesregierung: Die streite sich nach außen hin und habe deshalb „den Rückhalt in der Bevölkerung zu großen Teilen verloren“.

Ziel sei es nun, ein Sprachrohr zu schaffen, um die eigenen Anliegen gegen eine „immer urbanisiertere Diskussion“ durchzusetzen. Die Land- und Forstwirtschaft leide weiterhin unter immer mehr Auflagen und Verboten, den versprochenen Bürokratieabbau sehe er nicht. Hauptthema beim Bauernverband sei allerdings der niedrige Milchpreis, weswegen Jäger klarstellte: „Die Milchwirtschaft muss auch in unserem Gebiet die Zukunft sein.“

Im Anschluss hielt Gastgeber Max Haidl einen Kurzvortrag zur allgemeinen Situation des Mittelstands. Im Vorfeld hatte er bereits „deutliche Worte“ angekündigt und die ließ er auch folgen. Der Bundesregierung warf er eine weltfremde, wirtschaftsfeindliche und von ihrer Ideologie geprägte Politik vor, die „uns den Wohlstand und den sozialen Frieden kosten“ werde. Neben der Energie- sowie der Migrationspolitik kritisierte er, dass immer mehr Mitglieder des Land- und Bundestags weder Berufsausbildung noch Studium vorzuweisen hätten. Abgeordnete wie etwa Ricarda Lang oder Omid Nouripour (beide Grüne) hätten „von nichts eine Ahnung“. „Die haben nie gearbeitet und bestimmen über uns, so kann’s nicht sein“, wetterte er.

Allgemein zeigte sich Haidl frustriert, bei Kritik an der Bundesregierung zu schnell in die rechte Ecke gestellt zu werden. Umso mehr brauche man Menschen, die den Mut hätten, aufzustehen – so wie die Bauern. Er bat um ein wenig mehr Patriotismus, mehr Wertschätzung für Arbeit und Leistung – aber auch darum, zusammen für ein vereintes Europa einzustehen.

Nach kurzen Grußworten von MdL Dr. Stefan Ebner, in denen er Hauptgast Michaela Kaniber als „inhalts- und meinungsstarke Ministerin“ lobte, kam diese nun selbst auf die Bühne. Auch sie lobte zunächst alle Mittelständler und Landwirte. Es brauche Menschen, die Unternehmer sind – und keine Unterlasser. Sie sei, wie ihre Vorredner, begeistert von der Geschlossenheit der Bauern bei den Protesten im Winter. Dass diese von der Politik in die rechte Ecke geschoben wurden, befand sie als „schäbig“. „Unsere Bauern sind folgsam, nicht rechts – und kämpfen täglich ums Überleben.“ Auch Vergleiche mit den Demonstranten der Letzten Generation seien deshalb unangebracht.

Kaniber: Gezielter Abbau der Industrie durch Ampel

Mit Blick auf die Entwicklung des Landes sei sie in „tiefer Sorge“. Wann immer sie im Ausland sei, frage man sie, was in Deutschland los sei – während jedes Land ein Wirtschaftswachstum entwickle, falle Deutschland zurück. Den Grund dafür sah sie in der aktuellen Bundesregierung: „Wir deindustrialisieren Deutschland unter dieser linksgrünen Regierung unter dem Deckmantel der Dekarbonisierung.“ Genau acht Wochen nach dem Politischen Aschermittwoch legte sie sogar noch einen drauf: „Von SPD und Grüne habe ich nichts erwartet. Aber dass sich die FDP so prostituiert, das hätte ich nicht gedacht.“

Insbesondere die Grünen verfolgten laut Kaniber eine „eiskalte, berechnende Strategie“. Die Landwirtschaft solle rigoros abgebaut werden. Wer also vor der Bundestagswahl dachte, die Union habe alles falsch gemacht, und sich geschworen habe, nie wieder Schwarz zu wählen – weil „schlimmer geht nimmer“ – der müsse nun einsehen: „Schlimmer geht immer.“ Sie verwies dagegen auf die vielen finanziellen Unterstützungen, die die Landesregierung den Bauern teilweise bereits vor der Landtagswahl zugestanden habe.

Mit ihrer Kritik an der Bundesregierung fuhr sie weiter fort. Neben den Flächenstilllegungen sei auch die fehlende Unterstützung für die Waldbesitzer im Kampf gegen den Borkenkäfer ein großer Fehler. Der Wald sei „die grüne Lunge Bayerns“. Diese zu schützen, sei „unsere Verantwortung“. Lob gab es stattdessen für Gastgeber Max Haidl. „Sie haben ganz schön abgeledert vorhin – und das zurecht.“ Insbesondere dessen Forderung nach mehr Patriotismus habe es ihr angetan. Man müsse wieder mehr Stolz zeigen für sein Land und dürfe nicht vergessen, wo man herkommt. Denn Bayern sei nicht nur ein großartiges Land, sondern auch ein Chancenland – als Tochter jugoslawischer Gastarbeiter, die sich in Bayern eine neue Existenz aufgebaut hätten, wisse sie, wovon sie rede. Gleichzeitig warnte sie mit Blick auf die anstehende Europawahl zum Abschluss ihrer Rede vor der AfD. Diese sei, entgegen deren Erzählungen, keine Partei der kleinen Leute oder der Mittelschicht.

Zum Dank für ihr Erscheinen übergab Siegfried Jäger der Ministerin im Anschluss einen Blumenstrauß, ein Armband sowie eine Halskette. Es folgten weitere Grußworte, unter anderem von FRG-Landrat Sebastian Gruber, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Kreisbäuerin Elke Binder. Das Schlusswort hatte – eigentlich – BDM-Vorsitzender Albin Gigl. Der erzürnte mit seiner Wortwahl allerdings Michaela Kaniber, sodass diese erneut auf die Bühne kam.

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