Landau
Sachbearbeiter im Jobcenter bedroht: Dingolfinger muss sich vor Landauer Amtsgericht verantworten

20.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:08 Uhr

Weil er einen Sachbearbeiter im Jobcenter bedroht hatte, wurde ein Dingolfinger zu einer Geldstrafe verurteilt. −Foto: Birgmann/Archiv

Von Madeleine Klee

Weil seine Eltern angeblich bereits seit drei Monaten keine Leistungen mehr vom Jobcenter erhalten haben, wollte ein 20-jähriger Dingolfinger in einem persönlichen Gespräch eine Erklärung dafür erhalten. Die hat er offensichtlich nicht akzeptiert.





„Gehen wir raus, dann können wir meinen Bedarf vor der Türe regeln“, soll er zu dem Sachbearbeiter gesagt haben. Deswegen musste er sich vor dem Landauer Amtsgericht wegen Bedrohung verantworten. Richter Florian Grotz sah die Tat als erwiesen an und verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe.

Als Staatsanwältin Eva-Maria Jakob die Anklage verlas, schüttelte der gebürtige Afghane nur seinen Kopf. Dass er im Jobcenter gewesen ist, gibt der 20-Jährige in seiner Aussage zu. Er wollte wissen, warum seinen Eltern schon seit drei Monaten nichts mehr bezahlt worden sei und warum der Bedarf nur bei 1600 Euro im Monat liege, wenn allein die Miete bereits 1300 Euro koste. „So kann man nicht leben, da bleibt fast nichts mehr fürs Essen“, behauptete er, zu dem Sachbearbeiter gesagt zu haben. Bedroht habe er ihn nie. Nachdem der Mann ihm keine weitere Auskunft geben habe wollen – wie der Beschuldigte vor Gericht aussagte – sei er einfach gegangen. 20 Minuten später sei schon die Polizei vor seiner Tür gestanden. „So kann das doch gar nicht gewesen sein, warum hätte er Sie denn rauswerfen sollen?“, fragte Richter Grotz skeptisch nach. „Das weiß ich auch nicht“, antwortete der Angeklagte.

Geschädigter: „Stimmung war nicht gemütlich“

Natürlich habe er Auskunft erhalten, versicherte der Geschädigte bei seiner Aussage. „Er hat ja ein Recht darauf, das einzusehen, ich habe ihm alles ausgedruckt, das hat er auch mitgenommen“, erklärte er dem Richter. Die Stimmung sei schon von Anfang an „nicht gemütlich“ gewesen, beschrieb er.

Er habe dem Beschuldigten erklärt, dass sich der Bedarf der Eltern automatisch verringere, wenn ein Kind arbeite, weil dieser Lohn dann angerechnet werde. Das habe er nicht verstehen oder akzeptieren wollen. „Dann hat sich die Situation immer weiter aufgeschaukelt“, sagte er. Weil der Angeklagte auch dementsprechend laut geworden sei, habe der Sicherheitsdienst bereits von alleine vor der Tür gewartet. Nachdem er ihn dann bedroht habe, habe er das Gespräch abgebrochen.

„Ich glaube, dass man erzieherisch nicht mehr auf ihn einwirken kann“, sagte die Jugendgerichtshilfe vor Gericht aus. Sie empfahl – falls es zu einer Verurteilung komme – Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Schließlich arbeite der junge Mann schon länger als Leiharbeiter und habe, obwohl er noch bei den Eltern lebe, dementsprechend sein eigenes Einkommen. Beim Gespräch habe er sich selbst als sehr selbstständig beschrieben, übernehme auch regelmäßig Aufgaben für die Familie, wie eben solche Amtsgänge, da er auch am besten deutsch spreche.

Staatsanwältin forderte 20 Tagessätze

Staatsanwältin Eva-Maria Jakob sah den Sachverhalt als bestätigt an. „Warum sollte ein Sachbearbeiter vom Jobcenter, der täglich unangenehme Gespräche führen muss, wegen nichts einen Kunden rauswerfen?“, sagte sie in ihrem Plädoyer. Sie fand die Aussage des Geschädigten glaubhafter. Weil der Grad der Bedrohung eher im unteren Bereich sei, forderte sie eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen.

Richter Florian Grotz sah das ähnlich, sprach den Angeklagten der Bedrohung schuldig und verurteilte ihn zu 15 Tagessätzen à 30 Euro. Da dem Beschuldigten in seinem letzten Wort noch einfiel, dass er zum 15. Januar in seiner Arbeit gekündigt wurde, fiel die Geldstrafe etwas geringer aus, als von der Staatsanwältin gefordert.

„Dass da gar nichts war, glaube ich Ihnen einfach nicht“, sagte der Richter in der Urteilsverkündung. Der vom Angeklagten geschilderte Sachverhalten sei „völlig lebensfremd, so verhält sich niemand“, betonte er. Weil auch der Richter „keine Reifeverzögerungen“ bei dem jungen Mann feststellen konnte, fand das Erwachsenenstrafrecht Anwendung.

Eine Woche hat der 20-Jährige nun Zeit, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Vorerst steht ihm aber wohl ein weiterer Gang ins Jobcenter bevor, schließlich muss er jetzt erst mal Arbeitslosengeld beantragen, um seine Geldstrafe zahlen zu können.