Dingolfing-Landau
Das Christkind ist international unterwegs

Eine Umfrage: Wie sehen Weihnachtsbräuche im Ausland aus?

22.12.2022 | Stand 17.09.2023, 7:01 Uhr

Freuen sich auf ein Zwölf-Gänge-Festmahl zu Weihnachten: Mama Ela Janoschka (v.l.), Töchterchen Lea, Sohnemann Max und Papa Marek. Gegessen wird erst, wenn der erste Stern am Himmel sichtbar wird. −F.: mk

Von Madeleine Kleeund Maryam Sultani

Bald ist Heiligabend. Für viele steht ein Kirchenbesuch, ein Festessen am Abend im Kreise der Familie und natürlich die Bescherung auf dem Programm. Die Landauer Neue Presse hat sich gefragt, wie solche Traditionen in anderen Ländern aussehen und stellt einige Bräuche aus aller Welt vor.

Polen: Zwölf Gänge für zwölf Apostel

Weihnachten in Polen bedeutet vor allem eins: Üppiges Essen, auch „Wigilia“ genannt, wie Ela und Marek Janoschka aus Eichendorf erzählen. Für dieses Festessen werden zwölf Gänge vorbereitet – jeder Gang steht für einen Apostel. „Mit den Vorbereitungen und dem Kochen fangen wir bereits Tage vor Weihnachten an“, berichtet die gebürtige Polin, die seit neun Jahren in Deutschland lebt. Selbst am 24. Dezember wird noch den ganzen Tag über gekocht – und erst abends gegessen. „Da warten die Kinder dann schon am Fenster, weil wir erst essen, wenn man den ersten Stern am Himmel sieht.“ Damit die Kleinen das auch durchhalten, gibt es extra Motivation: „Man erzählt ihnen, dass man dann mit Tieren sprechen kann“, sagt die Mama und lacht. Familienhund Buddy hat sich aber leider bisher nicht gerade in ein Plappermaul verwandelt, wie der neunjährige Max und die sechsjährige Lea schon enttäuscht feststellen mussten.

Trotzdem sind die Geschwister voller Vorfreude auf den festlichen Abend und natürlich auf die Bescherung. In Polen wird traditionell mit der Familie gefeiert. Oft sind die Janoschkas deswegen auch am Heiligabend in der Heimat. Wenn das nicht geht, bringen sie eben ein Stück Polen zu sich nach Hause nach Eichendorf, wie sie stolz erzählen. „Wir wollen die Traditionen schon beibehalten und auch den Kindern weitergeben“, sagt Papa Marek.

Wenn das Essen dann fertig ist, wird gedeckt. Auf den Tisch zählt der Besuch allerdings fünf Teller – einer zu viel für die vierköpfige Familie. „Das machen wir immer so, falls unangekündigte Gäste vor der Türe stehen“, erklärt Ela Janoschka. Das soll auch an die Herbergssuche von Maria und Josef erinnern. „Und so gedenken wir auch allen Familienmitgliedern, mit denen wir nicht feiern können“, betont das Paar. Dank der Technik können sie aber wenigstens per Videotelefonie mit der Familie in Polen Kontakt aufnehmen.

Unter die Tischdecke wird etwas Streu gelegt – als Symbol für das Streu in der Krippe, in der Jesus gelegen hat. Manche würden auch Geld darunter legen, das soll Reichtum im neuen Jahr bringen. „Aber bei mir hat das noch nie geklappt“, scherzt Ela Janoschka.

Auf die Teller kommen beispielsweise Teigtaschen mit Kartoffeln, Sauerkraut und Champignons – die sogenannten „Piroggen“. Oder – bei den Naschkatzen sehr beliebt – eine Art Pudding namens „Moczka“ aus Lebkuchen, Pflaumen, Aprikosen, Nüssen und Mandarinen. Fleisch wird an Heiligabend nicht serviert, aus Respekt, da Jesus Christus noch nicht geboren wurde. Aber bevor gegessen wird, wird erst die Weihnachtsoblate gebrochen und verbunden mit dem Wunsch nach Liebe, Glück und Gesundheit geteilt. „Das ist immer sehr emotional“, sagt Ela Janoschka. Denn: Das Teilen symbolisiere auch ein harmonisches Zusammenleben innerhalb der Familie, dass es im neuen Jahr keinen Streit oder Feindseligkeiten gibt. „Es steht für Versöhnung.“ Diese Tradition behalten sie auch bei, wenn sie nicht in Polen Weihnachten feiern können. „Die Oblate sendet uns dann meine Schwiegermama“, sagt die junge Frau und lächelt.

Albanien: Seit 1990er darf offiziell gefeiert werden

In einem Land zu leben, in dem man offiziell keinen Glauben haben, geschweige denn, Weihnachten feiern darf – unvorstellbar. In Albanien war das bis in die 1990er Jahre so. Die Balkanhalbinsel war bis dahin ein atheistischer Staat, da die Partei der Arbeit Albaniens jegliche Religionsausübung verboten hat, wie die gebürtige Albanerin Fatjona Dodani und ihr Bruder Mark Dodani erzählen. „Trotzdem haben die Leute in Albanien immer geglaubt“, erklären die beiden. So können sich die Geschwister beispielsweise noch gut an ein Gemälde der Gottesmutter Maria und dem kleinen Jesuskind erinnern, das die Großmutter heimlich im Keller in einem Erdversteck verbarg.

Mittlerweile darf aber auch in Albanien das Hochfest gefeiert werden. „Da wird den ganzen Tag gekocht und am Abend zusammen mit der Familie gegessen“, erzählt die Wahl-Landauerin. An Heiligabend komme aber kein Fleisch oder Milchprodukte auf den Tisch. „Kein Blut machen heißt das bei uns“, klären die beiden auf. Geschenke für die Kleinen gibt es schon, „aber nicht so viele wie in Deutschland“, erzählen sie. In Albanien sei oft das Einkommen nicht so hoch, so dass man sich nicht so viele Spielsachen leisten könne. Stattdessen steht der Glaube im Vordergrund. So wird in Albanien abends in die Messe gegangen. „Das kann oft spät werden, weil meistens ein Priester für mehrere Dörfer zuständig ist“, erklärt Mark Dodani. Das Warten lohnt sich allerdings, weil dann an der Kirche ein großes Feuerwerk entzündet wird.

Aber bereits ein paar Wochen vor Weihnachten ist der Ansturm dort auf die Kirche groß. Und nicht nur, weil da ein kleines Weihnachtsdorf samt Krippe aufgebaut wird, das zeigen soll, wie man früher in Bethlehem lebte, sondern wegen der Beichten. „Wenn man nicht mindestens drei Mal im Jahr beim Beichten war, bekommt man im Jahr darauf keine Hostie mehr“, erklärt Mark Dodani. Viele würden das dann eben noch kurz vor Jahresende nachholen.

Sonst steht Weihnachten in Albanien ganz im Zeichen der Familie. Auch an den Tagen nach Heiligabend besucht man die Verwandtschaft. „Was wäre Weihnachten ohne die Menschen, die man liebt“, betonen die beiden. Und dafür wird sich auch aufgehübscht. „Als Kinder durften wir unsere schönen Sachen immer nur an Weihnachten anziehen, damit sie nicht kaputt gehen oder dreckig werden“, erinnert sich Fatjona Dodani und lächelt.

Ukraine: Heiligabend am 7. Januar

Kaum vorstellbar, aber Heiligabend ist in der Ukraine nicht am 24. Dezember. Weihnachten wird dort erst am 6. und 7. Januar gefeiert, da man den Julianischen Kalender verwendet. Der 7. Januar entspricht somit dem 25. Dezember nach dem Gregorianischen Kalender, wie Landsfrau Diana Bila erklärt. „Alle Kinder gehen am Abend vom 6. Januar von Haus zu Haus zu den Nachbarn und bringen verschiedene Weihnachtsgedichte und Lieder vor.“
Dafür werden sie aber auch belohnt und bekommen Geld und Süßigkeiten. „Darauf freue ich mich immer am meisten“, erzählt die 13-Jährige. Auch in der Ukraine werden zwölf verschiedene Gerichte zubereitet. Zu den beliebtesten Spezialitäten gehören Knödel und Kutja. „Kutja ist eine süße Getreidespeise, die aus Nüssen, Rosinen, Mohn, Weizen und Honig besteht. Ich persönlich liebe es und würde es auch dieses Jahr hier in Deutschland gerne essen“, berichtet Diana. Denn: Seit April lebt die Schülerin in Landau, da sie mit ihrer Mutter vor dem Angriffskrieg der Russen geflohen ist.

Deshalb kann sie wahrscheinlich auch heuer nicht die beliebte Tradition am 7. Januar fortführen. Da bringen die Kinder nämlich ihren Paten selbst gebackene Teigzöpfe und wünschen frohe Weihnachten. Im Gegenzug gibt der Pate Geld, Süßigkeiten und Geschenke. In vielen ukrainischen Städten gibt es an Weihnachten kleine Grüppchen, die in der Stadt in traditioneller Kleidung umherziehen und weihnachtliche Lieder vorsingen.

„Dieses Jahr werden wir am 25. Dezember mit unseren deutschen Freunden Weihnachten feiern und am 6. Januar versuchen meine Mutter und ich, meine Familie in der Ukraine über das Handy zu erreichen, um so mit ihnen in den Heiligabend zu starten“, betont das Mädchen, das sich trotz der Flucht auf Weihnachten freut.

Iran: Eigene Tradition entwickelt

Unsere Praktikantin Maryam Sultani lebt seit 2015 in Deutschland, seit 2016 in Landau. Geboren wurde sie im Iran, ist Muslimin. Trotzdem haben sie und ihre Familie eine kleine weihnachtliche Tradition entwickelt, wie sie verrät. Denn: Ihre zwei kleinen Brüder Mehran (5) und Masih (2) sind in Deggendorf auf die Welt gekommen. Weil beide deshalb auch deutsche Kindergärten besuchen, war schnell klar, dass sie Geschenke zu Weihnachten bekommen. „Das ist im Kindergarten allgegenwärtig, da kommt der Nikolaus und sie sehen ja bei den Spielkameraden auch die Geschenke“, sagt die 17-Jährige. Und weil die Mama die Weihnachtsdekoration so schön findet, gibt es auch jedes Jahr einen geschmückten Christbaum.

„Ich liebe es, Geschenke zu machen“, betont die junge Frau. Sie bereitet anderen gerne eine Freude und wichtelt sogar mit ihren Freunden. Auch ihren Eltern schenkt sie immer was, aber dabei geht es eher weniger um Weihnachten. „Die haben da Hochzeitstag“, erzählt sie. Das wird natürlich gefeiert. Auch einen Kuchen backt sie dafür jedes Jahr. Deshalb ist die weihnachtliche Bescherung erst immer spät abends. „Bis es meine Brüder nicht mehr aushalten“, sagt sie und lächelt.

In Iran wird natürlich kein Weihnachten gefeiert. „Aber wir haben am 21. Dezember schon einen Feiertag“, sagt sie. Da ist Yalda-Nacht – die längste und dunkelste Nacht im Jahr, die Wintersonnenwende. Traditionell wird da die ganze Nacht über wach geblieben und zusammen mit der Familie gefeiert. „Der Tisch wird reichlich gedeckt, vor allem mit Früchten wie Wassermelone und Granatäpfel.“ Die Vorbereitungen für das Fest fangen schon früh an, es wird gekocht, aber auch viel geputzt. „Meine Mama hat sogar mit dem Gedanken gespielt, die Wände neu zu streichen“, sagt Maryam und lacht. Obwohl es nicht ihre Religion ist, freut sich Maryam Sultani jedes Jahr auf die „stade Zeit“. Schließlich würden Muslime Jesus als einen der größten Propheten im Islam sehr respektieren, wie sie erklärt. Sie betont: „Mir gefällt Weihnachten sehr, weil dann alle Menschen hier so glücklich sind.“