Countertenor aus Landau an der Isar
Valer Sabadus: Mit Händel und Rammstein in schwindelnde Höhen

29.03.2022 | Stand 21.09.2023, 6:48 Uhr
Christiane Schmid

Valer Sabadus ist einer der besten seines Fachs. Weil in Landau an der Isar aufgewachsen ist, gastiert er regelmäßig in seiner früheren Heimatstadt. −Foto: Christiane Schmid

Bayern ist ein gesegnetes Land, gesegnet mit den größten Sängerinnen und Sängern ihres Fachs – erwähnt seien Christian Gerhaher, Diana Damrau, Jonas Kaufmann – und seit ein paar Jahren mit einem der renommiertesten Countertenöre. Der aus Rumänien stammende Valer Sabadus ist bis zum Abitur in Landau aufgewachsen, und nur weil er ein Landauer ist, ist er dort auch gelegentlich zu hören. Was für ein unerhörtes Glück, das am Ende auch gebührend gefeiert wurde!

Wie die Verkörperung des Frühlings erschien der hell gekleidete Sänger zu seiner Händel-Arie "Augeletti, che cantate" und imitierte spielerisch-virtuos mit der Piccoloflöte um die Wette den Vogelgesang. Idealer Einstieg!



Seine feine, farbenreiche Stimme schwingt sich in schwindelnde Sopranhöhen auf, tönt in der Altlage dunkel und warm. Dafür braucht es eine natürliche Begabung und vor allem Technik und Training, um zu dieser unverwechselbaren, bei Valer Sabadus besonders geschmeidigen und natürlich klingenden Mischung aus Kopfstimme und Bruststimmenresonanz zu zulangen.

Seine Liebe gehört der Barockmusik, doch seine Neugier, sein Wunsch nach Erweiterung des musikalischen Ausdrucks hat zu einer genialen Zusammenarbeit mit der "klassischen Band Spark" geführt, deren Markenzeichen die Experimentierfreudigkeit und Überschreitung aller Genregrenzen ist. Zwei Blockflötisten (Andrea Ritter, Daniel Koschitzki) und ein "Klaviertrio" mit Arseni Sadykov (Klavier), Stefan Balazsovics (Geige) und Victor Plumettaz (Cello) zaubern einzigartige, ständig sich wandelnde, nie gehörte Rhythmus- und Klangeffekte. Wenn sich die schlackenlos reine, androgyne Stimme von Valer Sabadus darüberlegt, dann haben sich die Richtigen gefunden!

Die Sehnsucht nach einer besseren Welt war das Thema der Reise "Closer to Paradise" quer durch Jahrhunderte und Musikstile: Sie fand Ausdruck in barocken Arien, französischen Perlen des 19. und 20. Jahrhunderts von Ravel, Satie, Fauré und Léo Ferré, deutscher Dunkelheit, poppigen englischsprachigen Arrangements. Ein Höhepunkt war das melancholische Tangolied "Youkali" des illusionslosen Emigranten Kurt Weill. Das Paradies, das gibt es nicht.

Auf den Bogen Nacht, Träume, Todessehnsucht war der deutschsprachige Teil gespannt. Nach den immer rauer werdenden instrumentalen Klangwellen von Michael Nymans "Vermeer’s Wife" wirkte der volksliedhafte Ton voll Schmerz und Todesnähe umso eindringlicher: Die Bearbeitungen des todtraurigen "In der Fremde" von Robert Schumann und von "Ich hab die Nacht geträumet" gestaltete Sabadus mit samtigem Vibrato und wunderbar langen Bögen, die in schier unendlichem, schwebenden Pianissimo verklangen. Darauf mit dem hochdramatischen "Seemann" von Rammstein zu antworten, ist mehr als kühn! Und doch – was wäre passender als das Pathos von "Komm in mein Boot"?

Mit "Closer to Paradise" von Bandmitglied Daniel Koschitzki war mit nicht mehr steigerbarer Dramatik das Ende des wilden Ritts durch Stile und Gefühlswelten erreicht.

Christiane Schmid

"Closer to Paradise" ist auf CD bei Berlin Classics auf CD und digital erschienen, ab 11 Euro