Dingolfing-Landau
"Schaufensteranträge!" Fremdschämen für Kreisrätin der Grünen

Fraktion fordert Prämien für Pflegekräfte und Periodenprodukte – Aussagen von Sänftl provozieren im Kreistag

14.12.2021 | Stand 21.09.2023, 6:26 Uhr

Nur die drei Kreisräte der Grünen hoben bei dem Antrag für die Periodenprodukte die Hand, links Franziska Sänftl. −Foto: bn

Kreisrätin Franziska Sänftl (Bündnis 90/Die Grünen) hat in der Sitzung des Kreistags am Montagnachmittag für viel Kopfschütteln bis hin zu Wut und Fremdscham gesorgt mit ihren Erläuterungen zu zwei Anträgen ihrer Fraktion.

Zu Beginn der Sitzung versuchte sie mit einer Anfrage zur Demonstration am Dingolfinger Sebastianiplatz von Gegnern der Corona-Maßnahmen die rund 600 Demonstranten in die rechte Ecke zu stellen und zeigte Unverständnis, dass die Polizei nicht härter vorgegangen sei. Im Laufe der Sitzung wurde sie dann selber in eine Ecke gestellt. Obwohl der Kreisausschuss bereits zwei Anträgen eine Abfuhr erteilt hatte, bestand die Fraktion darauf, diese auch im Kreistag zu behandeln.

Sänftl wusste, dass der Landkreis nicht für die Gehälter der Klinikbeschäftigten zuständig ist, forderte dennoch erneut eine Prämie für die Pflegekräfte. Landrat Werner Bumeder erklärte ihr, dass der Landkreis nicht Träger des Donau-Isar-Klinikums ist und daher keine Zahlungen anordnen könne. Zudem habe die Klinik im Jahr 2020 Sonderzahlungen von 1,37 Millionen Euro und im Jahr 2021 von bisher 1,5 Millionen Euro ausbezahlt. Josef Pellkofer (Freie Wähler) musste spürbar seine Wut unterdrücken: "Ich möchte bitten, dass, bevor man solche Anträge öffentlichkeitswirksam stellt, man sich dann wenigstens die Mühe macht, vorher nachzufragen, dann hätte es diesen Schaufensterantrag nicht gebraucht." Pellkofer bekam laute Zustimmung.

Als Sänftl anhand der Zahlen, die Bumeder genannt hatte, erklärte, dann habe ihr Antrag ja etwas bewirkt, stieg bei einigen Kreisräten der Hut erst so richtig hoch, da diese Zahlungen weit vor ihrem Antrag erfolgt sind. Benjamin Taitsch (JBL) fasste die Wut in Worte: "Liebe Fraktion der Grünen, ich bin mit der Tugend aufgewachsen, dass man ehrlich sein muss. Dieser Antrag ist beileibe nicht ehrlich, sondern ein Vorgaukeln falscher Tatsachen. Uns allen ist bewusst und ich glaube, auch der Fraktion der Grünen war bewusst, dass wir keinen Einfluss haben auf die Gehälter von Firmen und auch von Kliniken. Ich bin maßlos enttäuscht, dass man in diesem Gremium eine solche Kontroverse pflegt."

Für Taitsch gilt: "Dieser Schaufensterantrag wird dem Gremium nicht gerecht, da schäme ich mich fast dafür, weil es ist nicht ehrlich unserer Bevölkerung gegenüber, wenn wir vorgaukeln, wir könnten über diese Themen beschließen. Da muss man sich ganz laut dagegen positionieren. Das, was da passiert ist, ist eine absolute Frechheit." Wieder gab es lauten Applaus des Gremiums.

Bernd Vilsmeier (SPD) wollte den Antrag nicht so scharf verurteilen und sagte diplomatisch: "Er war vielleicht gut gemeint, aber nicht gut gemacht." Mit Diplomatie hatte es Helmut Steininger (CSU) dann nicht so: "Eine Fraktion hat einen Antrag gestellt und bevor er hier besprochen wird, geht die Fraktion damit an die Öffentlichkeit. Das ist eine Art, die nicht in Ordnung ist." Steininger rang um Worte und sagte: "Ich bitte wirklich, keine solchen Schaufensteranträge zu stellen – egal zu welchem Thema." Da die Grünen dann den Antrag zurückgezogen, musste kein Beschluss gefasst werden.

Aber es ging weiter in diesem Stil. Franziska Sänftl erklärte, dass ihre Fraktion fordere, dass in allen Landkreiseinrichtungen kostenlose Periodenprodukte angeboten werden. "Weil wir das Thema öffentlich diskutieren wollen", erklärte Sänftl. Viele seien sich der Wichtigkeit nicht bewusst. "Damit würde der Landkreis ein Zeichen für die Gleichberechtigung setzen", forderte Sänftl, "der ständigen Mehrbelastung der Frauen sollte endlich ein Ende gemacht werden." Es sei ein sinnvoller Antrag für einen Landkreis, in dem die Gleichstellung noch nicht angekommen sei. Abteilungsleiterin Luise Laurer erklärte, in den 39 Liegenschaften des Landkreises, darunter auch die Kapelle in Usterling, wird es nicht für notwendig angesehen, zumal die Landkreis-Schulen diese Produkte eigenverantwortlich vorhalten.

Kreisrätin Maria Huber (Freie Wähler) konnte ihre Entrüstung nicht verbergen und fühlte sich genötigt, Franziska Sänftl zu belehren: "Es gibt seit Menschengedenken Frauen, die mit dieser Situation umgehen. Die das können und das beherrschen. Wieso drängt man jetzt darauf, da ein Gleichstellungsproblem herzustellen? Ja, wo sind wir denn? Wann kommt dann der Antrag, dass für Zahnprothesenträger Haftcreme ausgelegt wird? Ich kann nur sagen, das ist Unsinn! Warum kann ich meine Sachen nicht selber mitnehmen? Wenn jemand wirklich von so einer Situation überrascht wird – ich spreche aus langjähriger Erfahrung – , dann kann man auch in der Handtasche was dabei haben, damit man nicht in die Verlegenheit kommt." Der Antrag wurde abgelehnt, nur die drei grünen Kreisräte stimmten dafür.