Dingolfing-Landau
BMW: Darum fiel die Wahl auf den Standort Mamming

Christoph Schröder und Michael Nikolaides sprechen über die Standortentscheidung für die Mammingerschwaigen

21.09.2020 | Stand 21.09.2023, 0:58 Uhr

Werkleiter Christoph Schröder −F.: BMW

Warum ist das Werk Dingolfing für BMW so wichtig? Und welche Rolle spielt das im Industriegebiet Mammingerschwaigen geplante neue Versorgungszentrum?

In einem Doppel-Interview erläutern Christoph Schröder, Leiter des BMW Group Standorts Dingolfing, und Michael Nikolaides, Leiter Planung und Produktion Motoren und E-Antriebe bei der BMW Group, die Bedeutung dieses Versorgungszentrums für die Entwicklung der E-Mobilität in Niederbayern sowie die Hintergründe der Standortentscheidung.

Mit dem Industriegebiet Mammingerschwaigen ist ein Standort für das neue Versorgungszentrum gefunden. Was hat den Ausschlag gegeben?
Nikolaides: Das Gesamtpaket war einfach das beste – betriebswirtschaftlich wie infrastrukturell. Es waren bis zuletzt noch mehrere Bewerber im Rennen. Der Investor A2A Real Estate hat schließlich das überzeugendste Angebot abgegeben. Das gilt auch, was die räumliche Nähe und die Infrastruktur betrifft: Das Industriegebiet Mammingerschwaigen ist gerade einmal zehn Kilometer von Dingolfing entfernt und liegt direkt an der Autobahn A92. So stellen wir sicher, dass wir die erforderlichen Transporte schnell entlang dieser Hauptverkehrsachse abwickeln können.

Warum ist dieses Versorgungszentrum so wichtig?
Nikolaides: Das Versorgungszentrum ist eine wichtige infrastrukturelle Voraussetzung für unsere E-Mobilitätsoffensive. Wir haben ja in Dingolfing mit dem Werk 02.20 das weltweite Kompetenzzentrum der BMW Group für die Fertigung von E-Antriebskomponenten. Bis 2022 investieren wir hierfür über eine halbe Milliarde Euro und können dann jährlich E-Antriebe für über 500000 elektrifizierte Fahrzeuge bauen. Mittelfristig werden allein im Werk 02.20 bis zu 2000 Kollegen in diesem zukunftsträchtigen Bereich tätig sein. Da braucht es auch eine leistungsfähige Logistik-Infrastruktur. Genau die schaffen wir mit dem Versorgungszentrum.
Schröder: Im Fahrzeugwerk 02.40 bauen wir ab dem kommenden Jahr den vollelektrischen BMW iNEXT, den Technologieträger unseres Unternehmens, der ebenfalls mit E-Antriebskomponenten aus dem Werk 02.20 ausgestattet sein wird. Dass all dies hier in Niederbayern stattfindet, ist keineswegs selbstverständlich. [...]Und dafür brauchen wir nun dieses Versorgungszentrum als einen wichtigen Baustein.

Warum braucht es dafür einen Neubau? Lässt sich die E-Mobilität nicht in bestehenden Strukturen darstellen?
Schröder: Das tun wir zu ganz großen Teilen und wo immer möglich. Wir haben – was gerne übersehen wird – aus ökologischen und auch finanziellen Gründen ein starkes Eigeninteresse, die benötigte Fläche möglichst klein zu halten. Den BMW iNEXT integrieren wir beispielsweise komplett in unsere bestehenden Fertigungsstrukturen.

Nikolaides: Und das Werk 02.20, in dem heute die E-Antriebsproduktion angesiedelt ist, war jahrzehntelang ein Ersatzteillager, das wir nunmehr aufwändig für die Fertigung von Batterien und E-Motoren ertüchtigt haben, statt irgendwo auf der grünen Wiese neu zu bauen. Der aktuelle Bedarf an Logistikfläche lässt sich aber in diesen bestehenden Strukturen nicht mehr darstellen – gerade weil sich die E-Mobilität zu einer Erfolgsstory entwickelt und rascher wächst als gedacht. Die Flächen im Werk 02.20 müssen wir daher komplett mit Produktionsanlagen belegen – und für die Logistik dieses Versorgungszentrum installieren.

Was passiert in diesem Versorgungszentrum denn genau?
Nikolaides: Es wird als eine Art Logistikdrehscheibe für das Werk 02.20 fungieren. Ankommende Teile für die Produktion – beispielsweise Batterie-Einfassungen aus Aluminium – werden wir dort zwischenlagern, ehe sie aus dem Werk 02.20 abgerufen werden. Gleichzeitig gehen von dort aus dann die fertig produzierten Teile in der richtigen Reihenfolge und der richtigen Menge aus Dingolfing in das weltweite Produktionsnetzwerk.

Die Standortsuche verlief teilweise öffentlich. In Wallersdorf hat sich auch Bürgerprotest gegen das Projekt formiert. Hat das Einfluss auf Ihre Entscheidung genommen?
Schröder: Natürlich ist neben der Betriebswirtschaft und anderen Standortfaktoren wie infrastrukturelle Anbindung und Nähe zu Dingolfing auch die politisch-gesellschaftliche Akzeptanz ein Faktor, den wir uns anschauen. Entscheidend war in dem konkreten Fall aber, dass wir letztlich die für uns beste Lösung gefunden haben und wir aus mehreren sehr guten Standortangeboten auswählen konnten. Wir respektieren auch ausdrücklich die Diskussionen vor Ort in Wallersdorf und die geäußerten Meinungen und Wortmeldungen. Aber: Wer glaubt, die BMW Group versiegele leichtfertig Flächen, ohne entsprechenden Bedarf und ohne Rücksichtnahme auf ökologische Belange, der kennt uns schlecht. Natürlich geht es uns bei einem solchen Projekt immer auch darum, ökonomische Interessen und Notwendigkeiten mit der Umwelt bestmöglich in Einklang zu bringen. Deshalb wird für den Neubau beispielsweise auch ein Gold-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen angestrebt. Nachhaltigkeit ist für uns keine leere Worthülse, wir engagieren uns in der Region langfristig, dauerhaft und auch in Verantwortung für die Natur. So schaffen wir zum Beispiel für jede versiegelte Fläche ökologisch hochwertige Ausgleichsflächen. Das Prinzip der Nachhaltigkeit leitet uns genauso auf der Produktseite: Genau deshalb haben wir ja frühzeitig den Wandel zur E-Mobilität, der dieses Versorgungszentrum nötig macht, eingeleitet. Indem wir hier die Mobilität und die Antriebe von morgen bauen, können wir in der Region nachhaltig Beschäftigung sichern und Wohlstand erhalten.

− lnp