Osterhofen
Sorgenbriefeträger pilgern für andere

16.06.2021 | Stand 20.09.2023, 0:52 Uhr

Nach der Segnungsandacht an der Kreuzbergkirche (vorne v.l.): Domkapitular BGR Pfarrer Christian Altmannsperger, Pfarrerin Barbara Kovarik, Diakon und Malteser-Diözesangeschäftsführer Rainer F. Breinbauer, Seniorenbeauftragter Fritz Gößwein, Sorgenbriefeträgerin Jeannette Wiese und Malteser Referentin Soziales Ehrenamt Rosmarie Krenn sowie die Sorgenbriefeträger Carina und Josef Ertl (hinten r.) und die Ministrantinnen.

Eine außergewöhnliche Idee hat eine Gruppe von Menschen in Osterhofen zusammengeführt: Sie waren als Sorgenbriefeträger unterwegs.

Bereits seit Jahrhunderten pilgern die Menschen aus unterschiedlichen Gründen. Dies übernahmen nun stellvertretend die Sorgenbriefeträger. Die Aktion soll anderen Menschen das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht allein sind und jemand da ist, der sich ihrer Anliegen annimmt und diese vor Gott trägt – gerade jetzt in der Corona-Krise.

"Erfunden" hat das Sorgenbriefetragen Sepp Ertl, der mit seiner Tochter Carina mit bei der Aktion dabei war. Die Initiative in Osterhofen ging vom Seniorenbeauftragten, Stadt- und Kreisrat Fritz Gößwein aus, dessen Frau Julia die Gruppe fotografierend mit dem Fahrrad begleitete.

Die Organisation oblag Jeannette Wiese, die sich selbst im Helferkreis der Malteser engagiert und diese als Kooperationspartner mit ins Boot holte. Die Hilfsorganisation vertrat in der Pilgergruppe die Referentin Soziales Ehrenamt Rosmarie Krenn.

"Ich freue mich sehr, dass das Sorgenbriefetragen fortgeführt wird. Es ist mir eine Herzensangelegenheit", strahlte Sepp Ertl, der aus der Gemeinde Moosthenning im Landkreis Dingolfing-Landau kommt und dort selbst Seniorenbeauftragter ist. Er und Jeannette Wiese sind auch VIA NOVA-Pilgerwegbegleiter. Die beiden sowie Carina Ertl trugen an diesem Tag die Sorgenbriefe.
Im Vorfeld hatten Jeannette Wiese und Fritz Gößwein Kontakt mit den Heimleitungen der drei Osterhofener Seniorenheime Georgihof, St. Antonius und dem BRK-Heim aufgenommen und Post für die Bewohner vorbeigebracht, in der die Aktion erklärt wurde. Dort heißt es unter anderem: "Mehr als ein Jahr belastet uns Corona nun alle schon sehr stark und in schweren Zeiten tut es gut, wenn man sich jemandem anvertrauen kann." Und das konnten die Bewohner nun.

"Sie sind von der derzeitigen Situation besonders betroffen. In der Regel ohnehin schon wegen ihres Alters und Gesundheitszustandes in ihrer Mobilität eingeschränkt, sind nun noch die lange Isolationszeit, anhaltende Besuchsbeschränkungen sowie eingeschränkte Kontaktmöglichkeiten hinzugekommen", erklärt Jeannette Wiese.

Die Senioren konnten nun ihre Sorgen, Klagen und Bitten in einem Brief niederschreiben. Wem dies nicht möglich war, der konnte seine Anliegen einem Stein "übergeben." Briefe und Steine holten die Sorgenbriefeträger ab und trugen sie zur Kreuzbergkirche in Haardorf. Aufgebrochen waren sie an der Lourdeskapelle, wo Jeannette Wiese ein Segensgebet sprach, das mit den Worten endete: "Der Gott des Weges segne dich." Und so machten sie sich frohgemut auf den Weg.

An ihren drei Stationen blieb Zeit für einen kleinen Plausch mit Bewohnern und Personal und die Pilger genossen, vertieft in angeregte Unterhaltungen, den Weg nach Haardorf, der immer wieder durch wunderschöne Natur und Landschaften führte.

An der Kreuzbergkirche wurden sie schon von Pfarrerin Barbara Kovarik sowie Diakon und Malteser Diözesangeschäftsführer Rainer F. Breinbauer erwartet, welche eine berührende ökumenische Segensandacht gestalteten. "Einer trage des Anderen Last, so werdet ihr Christi Gebot erfüllen. So steht es im Brief des Paulus an die Galater. Genau das machen sie heute. Das ist eine wunderschöne Idee", sagte Barbara Kovarik. Zu den Klängen des Liedes "Hab keine Angst", legten die Ministrantinnen die Briefe und Steine nieder und brachten sie so symbolisch vor Gott.

Gleich einen dreifachen Segen gab es anschließend, denn auch Domkapitular BGR Pfarrer Christian Altmannsperger spendete ihn. Dies solle ein Hoffnungszeichen sein "auch für alle Menschen, die die Briefe bei sich haben und aufbewahren." Rainer Breinbauer betonte: "Das ist eine ganz tolle Aktion und eine große Bestärkung für die, die ihre Sorgen aufgeschrieben haben. Vielleicht wird ihr Leben dadurch nicht sorgenfrei, aber sorgenleichter."

Zusammen mit den Briefen und Hoffnungsbotschaften für alle Heimbewohner machten sich die Sorgenbriefeträger danach wieder auf den Weg zurück zu den Seniorenheimen, bevor es wieder zum Ausgangspunkt zurück ging.

Die Hoffnungsbotschaften gestaltete Jeannette Wiese. Sie bestehen aus einer Karte mit einem goldenen Glitzerstern, Zuspruch sowie Segenswort. Der Zuspruch lautet: "Dieser Stern leuchtet nur für dich! Möge er deinen Weg erhellen, wenn es in deinem Leben dunkel ist, und dir Hoffnung geben, wenn du dich einsam fühlst und du traurig bist."

− oz