Deggendorf
Mitmach-Boxen gehen in eine neue Ära

Forschungsprojekt ist beendet – Am Samstag gründet sich der künftige Betreiber-Verein

06.10.2022 | Stand 21.09.2023, 0:59 Uhr

Offene Bühne: Bereits dreimal wurde bei den Mitmach-Boxen zu Live-Musik gefeiert. −Foto: Faust

Ein Ende und ein Neuanfang stehen den Mitmach-Boxen im Stadthallenpark bevor. Das Forschungsprojekt von Anastasia Schubina, die an der RTWH Aachen University dissertiert, endet mit Ablauf von drei Monaten. Die Mitmach-Boxen in Deggendorf soll es aber weiterhin geben: Die Hochseecontainer gehen ins Eigentum der Stadt über und am Samstagabend gründet sich der Verein "Kulturlichtung e.V.", der diese weiterhin betreiben will. Zu ihm schließen sich all diejenigen zusammen, die die Boxen seit Mitte Juli bereits fleißig bespielt haben – mit offenen Treffs, Live-Musik, Kinder-Yoga und einigem mehr. Bei Kamingesprächen und einer gemeinsamen Feier können alle Interessierten am Samstag mehr darüber erfahren.

Begonnen wurde das Projekt mit der Arbeit der 35-jährigen Münchnerin Anastasia Schubina im Graduiertenkolleg "Mittelstadt als Mitmachstadt. Qualitativer Wandel durch neue Kulturen des Stadtmachens". Die Robert Bosch Stiftung hat das Projekt mit 20000 Euro gefördert. Das Ziel: Neue Planungsweisen und der Aufbau einer Mitmachkultur sollten erforscht und erprobt werden. An einem neuen und für alle offenen Ort sollte eine Subkultur entstehen.

Das Forschungsprojekt endet am Samstag. Die Container, die als Mitmach-Boxen dienen, schenkt die Aachener Hochschule zum Zweck der Förderung junger Kultur der Stadt Deggendorf. Schließlich hatte der Sozialausschuss im Mai entschieden, auf die Idee des Kunstvereinsvorsitzenden Thomas Darcy hin nach dem Vorbild des "Boxi Park" in Orlando, Florida, Mitmach-Boxen aufzubauen. Nun gründet die engagierte Gruppe, die sich seitdem zusammengefunden hat, um den Ort zu beleben, den Verein Kulturlichtung und will die Container weiter betreiben – in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, in der bisher OB-Referent Sandro Pfeiffer das Projekt federführend begleitet.

Anastasia Schubina ist Architektin und aktuell Doktorandin und Stipendiatin am Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen an der RTWH Aachen University. Das Thema ihrer Doktorarbeit ist "Aneignung von Raum und ihre Potenziale für die Gestaltung". Für diese ist das Realexperiment in Deggendorf entstanden – bewusst, noch bevor die Stadt in die eigene Planung der Mitmach-Boxen als Kulturort eingestiegen ist. So sollten zunächst über eine experimentelle Nutzung Bedürfnisse ermittelt und Ideen für die Entwicklung des Ortes generiert werden.

Dafür wurden im Frühsommer zwei erste Container auf dem umgenutzten Parkplatz im Stadthallenpark aufgestellt, die in ihrer Nutzung offen sind und im Laufe des Experiments gestaltet und ausgebaut wurden. Einen dritten Container hat bis in den September hinein das städtische Jugendcenter 4You betrieben und jeden Dienstag geöffnet – er ist inzwischen aber wieder anderswo im Einsatz.

Die Alterspanne der Interessierten an den Mitmach-Boxen ist groß, sie sind aber überwiegend zwischen Mitte 20 und 30. Eine Kerngruppe, die sich kontinuierlich engagiert und die stetig wächst, hat sich schnell gebildet. Der Fokus lag und liegt auf der praktischen Umsetzung von Ideen und auf dem kreativen Experiment. Es gilt weitgehend das Prinzip der "Do-ocracy" – "Wer handelt, entscheidet". So wurden jeden Dienstag im Plenum Bedarfe, Zukunftsvisionen und Ziele diskutiert. Daraus entstanden sind Bauaktionen und selbstorganisierte öffentliche Veranstaltungen sowie der Beschluss, den basisdemokratischen Verein Kulturlichtung zu gründen.

Seit Juli gab es zwei Offene Bühnen, einen Nachtflohmarkt, Kinder-Yoga, interkulturelle und Graffiti-Aktionen und noch vieles mehr. Außerdem hat sich der offene Treff jeden Donnerstag als wichtige Anlaufstelle etabliert. Durch das Engagement der jungen Menschen ist ein Kultur- und Begegnungsort entstanden, der niederschwellig Austausch und Vernetzung ermöglicht sowie eine Ideenschmiede, bei der Vieles ausprobiert wurde, schreibt Anastasia Schubina in ihrer Pressemitteilung dazu. Sie hat das Projekt kontinuierlich begleitet und die Gruppe unterstützt.

All das soll am Samstag reflektiert und gefeiert werden. Das Ende des Forschungsprojekts bietet den Anlass für ein Resümee mit den Fragen "Was können wir daraus lernen?" und "Welche Potenziale hat dieser Ort und dieses Projekt?" Alle, die sich für den Ort, die Kultur und Subkultur in Deggendorf interessieren, sind ab 19 Uhr zu den Kamingesprächen eingeladen. In kleinen wechselnden Gesprächsrunden, mal an der Feuertonne, mal an der Bar, berichten die Mitglieder des Vereins über ihre Erfahrungen, ihre Motivation und ihre Zukunftsvorstellungen. Alle Gäste sind eingeladen, ihre eigenen Vorstellungen, ähnliche Erfahrungen, Fragen und Wünsche zu teilen und gemeinsam zu diskutieren. In diesem direkten Austausch kann man den Ort und die Leute kennenlernen, sich vernetzen und neue Ideen spinnen. Dazu gibt es gratis Fingerfood und auf Spendenbasis Heiß- und Kaltgetränke von der ehrenamtlich organisierten und selbstgebauten Bar-Theke.

Anschließend, um etwa 20.30 Uhr, kann man auf die Vereinsgründung anstoßen und dann einen bunten Abend am Container mit Live-Musik und DJs erleben. Auf der Bühne stehen an dem Abend vor allem Künstler, die sich hier in den vergangenen Monaten engagiert und auch das ein oder andere Mal bereits für gute Stimmung gesorgt haben. Es soll ein Abend werden voller Austausch, gutem Miteinander, Lachen und Tanzen.

− dz

Weitere Infos unter www.instagram.com/mitmach_box; www. mittelstadtalsmitmachstadt.de.