Deggendorfer Stadtgalerie
Max Stiller: Kunst im geometrischen Korsett

31.07.2022 | Stand 19.09.2023, 21:57 Uhr
Josefine Eichwald

Irische Erinnerungen: In "Ross Castle" von 2012 hat Max Stiller eine mittelalterliche Burganlage nahe Killarney festgehalten. −F.: Eichwald

Soweit, dass er seine Kompositionen nach dem Goldenen Schnitt abwägt, geht Max Stiller nicht. Aber der in Köln lebende Künstler, Jahrgang 1957, der Mathematik studiert und danach als freier Grafiker gearbeitet hat, kann seinen Hintergrund nicht verleugnen. Er bringt Kreise, Quadrate, Dreiecke, Polygone in seinen Werken unter und kombiniert diese so, dass die auf den Betrachter eine Sogwirkung ausüben.
41 Werke, sowohl mit Ölfarben auf Steinmehlgemisch wie die "Raumkompositionen" Nr. 5 und 7 oder die "Dynamischen Kompostion" als auch Pigmentdrucke auf Büttenpapier, wie "ZE-14", stellt Stiller derzeit erstmals in Bayern in der Deggendorfer Stadtgalerie unter dem Ansatz "Linie – Fläche – Raum" aus.
Der Künstler, seit 2005 freischaffend tätig, verfolgt penibel ein Konzept, das er in einer digitalen Vorzeichnung fixiert und eins zu eins übernimmt. Motive sind ihm nur "Ideengeber" für die Verknüpfung von Räumen, was er als "trigonometrischen Kubismus" beschreibt. Er arbeite sich aus dem Hintergrund nach vorne, skizziert Stiller den Arbeitsprozess, der für ein Bild im Schnitt 160 Stunden ausmacht.

Dabei ist die Farbpalette äußerst reduziert, er käme mit 27 Nuancen aus, sagt der Künstler, der sich auf gedeckte, erdige Töne kapriziert und enorme Tiefenwirkung durch Farbverläufe erzeugt. Effekthascherisches wie Rot und Gelb bleiben den Bildern der "Hommage"-Reihe vorbehalten, die er Serge Poliakoff, Fernand Leger oder El Lissitzky widmet. Eine große Rolle spielt der Malgrund: Stiller arbeitet nur in Öl, trägt die Farbe auf Gesteinsmehl auf, was eine satten Effekt hervorruft.

Der Rundgang durch die vier Säle, klar differenziert unter anderem nach abstrakten oder rein schwarz-weißen Exponaten, wie der "Kataklastischen Figur" von 2014, provoziert in erster Linie eine ästhetische Analyse; bei der formalen Strenge der Exponate bleiben die Emotionen außen vor. Etwas lockerer wird es im Saal der Landschaften mit Eindrücken aus Schottland oder Irland, Motive wie "Schottische Ruine No 2". oder "Ross Castle", eine mittelalterlichen Burganlage nahe Killarney, lassen tektonische Verschiebungen assoziieren oder erinnern im weitesten Sinn an Collagen. Dabei ist das reale, gegenständliche Urmotiv, das Stiller auf verschiedenen Ebenen in ungegenständliche Formen, beziehungsweise flächige Bestandteile zerlegt, samt Wolken am Himmel und hügeligem Ambiente noch gut nachvollziehbar.

Josefine Eichwald

Bis 9. Oktober, Stadtgalerie Deggendorf, Östlicher Stadtgraben 28,
Öffnungszeiten: Di bis Sa. 10 bis 16 Uhr, So. 10 bis 17 Uhr