Deggendorf
Elektrobetriebe klagen über Ungleichbehandlung bei Corona-Regeln

Verbrauchermärkte dürfen alles verkaufen, Fachgeschäfte haben zu

08.02.2021 | Stand 20.09.2023, 0:55 Uhr

−Symbolbild: dpa

Die Spielregeln im Handel haben sich geändert: Geschäfte, die derzeit geöffnet haben, dürfen jetzt wieder alles verkaufen, was sie auch vor Corona im Angebot hatten - auch im Landkreis Deggendorf.

Das bedeutet, dass es in den großen Verbrauchermärkten jetzt auch wieder Fernseher und Waschmaschinen zu kaufen gibt, Wäschetrockner, Toaster, Fritteusen, Staubsauger, Pürierstäbe und weitere Waren, die sonst der stationäre Einzelhandel bietet, etwa Kleidung oder auch Sportartikel. Die Fachgeschäfte, die vom Verkauf dieser Elektroartikel leben, bleiben jedoch noch bis mindestens 14. Februar zu und können höchstens auf telefonische Anfrage ausliefern. Das stößt auf harsche Kritik bei der Kreishandwerkerschaft Donau-Wald und der Innung für Elektro- und Informationstechnik Straubing, beide auch für den Landkreis Deggendorf zuständig.

"Wir können das nicht mehr hinnehmen", sagen der stellvertretende Kreishandwerksmeister Erwin Reith und der Obermeister der Elektroinnung, Hans Günthner aus Buchhofen. Die Verantwortlichen der Handwerksvertretungen sind nicht nur verstimmt – sie sind stinksauer. "Die großen Supermärkte dürfen Elektroartikel verkaufen. Wir nicht, obwohl wir Hygienekonzepte vorgelegt haben. Es handelt sich dabei um eine Wettbewerbsverzerrung sondergleichen", sind sich Günthner und Reith einig.

Geringeres Ansteckungsrisiko in kleineren Läden?

Niemand aus der Innung wolle Corona leugnen und sträube sich gegen Sicherheitsmaßnahmen. Es sei sogar enorm wichtig, die Menschen zu schützen. Deshalb habe man ja Konzepte und sei gewillt, diese sehr strikt einzuhalten. "Ich bin mir sicher, dass sich im kleinen Elektrofachhandel die Menschen viel besser aus dem Weg gehen können als in den großen Verbrauchermärkten mit den engen Gängen. Bei uns ist die Besucherfrequenz ja viel geringer", bekräftigt Reith.

Bei der Innung ist die Enttäuschung über die politischen Entscheidungen derzeit groß. "Die mittelständischen Betriebe sind das Herzstück der Region. Die Entscheidungen treiben sie in die roten Zahlen", weiß Erwin Reith. Viele Betriebe leben vom Handel mit Elektrogeräten. Telefonische Beratung und anschließende Abholung oder Auslieferung sei zwar möglich. "Aber die Leute wollen die Geräte ja zuvor sehen, und ich kann nicht mit fünf Waschmaschinen zur Auswahl zum Kunden fahren", informiert Günthner.

Elektrohändler klagt über 80 Prozent Umsatzausfall

Einbußen von rund 80 Prozent des Umsatzes seien die Folge. Die Führungsspitzen der Elektroinnung und der Kreishandwerkerschaft haben Angst, dass nicht nur die Betriebe in den Ruin getrieben werden, sondern auch, dass sich der Fachkräftemangel verstärkt: "Angestellte, die jetzt in Kurzarbeit sind, orientieren sich um, kommen zum Beispiel in der noch gut laufenden Baubranche unter. Diese sind dann für uns verloren – sie kommen nie wieder zurück", darin sind sich beide einig.

Für beide gibt es nur eine Möglichkeit: Den Handel wieder zu öffnen, und zwar mit guten Konzepten. "Wir brauchen eine Strategie, damit wir mit Corona leben lernen, denn das werden wir auf Dauer müssen. Wir können nicht alles ein Jahr lang zusperren, bis alle geimpft sind. Es braucht Lösungen, um den Handel am Leben zu halten und dennoch Sicherheit für die Menschen zu bieten", unterstreicht Obermeister Günthner.

Dabei sei die Politik gefragt, die zurzeit nur reagiere, nicht agiere. Von vielen Entscheidungsträgern zeigen sich die Handwerker derzeit enttäuscht, da "null Initiative kommt". Mit im Boot sei zwar der Deggendorfer MdB Thomas Erndl (CSU), der gemeinsam mit der Innung nach Lösungsmöglichkeiten suche und sich kürzlich die Sorgen detailliert schildern ließ, so Günthner. Die Innung sei aber auch dabei, ihre Überlegungen und Forderungen zu Papier zu bringen und andere Politiker zu mobilisieren.

Als stellvertretender Kreishandwerksmeister versteht Erwin Reith auch die Demonstrationen der Frisöre, denn nach persönlichen Gesprächen mit dem Kreishandwerksmeister Günter Hartl und der stellvertretenden Kreishandwerksmeisterin Daniela Zorn, beide selbstständige Friseurmeister, kennt er die angespannte Situation dieses Handwerks und die vieler Kollegen anderer Gewerke.