Deggendorf
Bewährungsstrafe für gefährliche Körperverletzung

44-jährigen Ukrainer steht vor Gericht – Streit mit Partnerin endet in Prügelei

04.02.2021 | Stand 21.09.2023, 6:50 Uhr

Am Deggendorfer Landgericht wurde ein 44-jähriger Mann aus der Ukraine wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. −Foto: Archiv/Binder

Angeklagt wegen versuchten Totschlags, Freiheitsberaubung, und gefährlicher Körperverletzung war am Donnerstag ein 44-jähriger Mann aus der Ukraine. Er soll seine Lebensgefährtin geschlagen und mit einem Teppichmesser angegriffen haben. Die Erste Strafkammer am Landgericht unter Vorsitz von Dr. Georg Meiski verurteilte den Angeklagten nur wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und sprach die Strafe zur Bewährung aus. Der Tötungsvorsatz konnte in der Verhandlung nicht nachgewiesen werden – unter anderem, weil die einzige Tatzeugin, das Opfer, nicht zur Verhandlung erschienen war.

Laut Anklageschrift war es zwischen dem Ukrainer und seiner Partnerin am 4. August am späten Nachmittag oder frühen Abend im gemeinsamen Zimmer in der Anker-Einrichtung in Deggendorf zu einem Streit gekommen. Er soll sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen, gewürgt und dann mit einem Teppichmesser angegriffen haben. Gegenüber der Polizei und der Ermittlungsrichterin sagte die Frau aus, dass sie das Messer mit der Hand abwehrte, oder auch, dass sie das Messer mit der Hand ergriff. Dabei brach die Klinge vom Griff ab. Mit Bissen und einem Tritt konnte sich die Frau befreien und flüchte durch das Fenster auf das Flachdach und zum Sicherheitsdienst. Den Türknauf hatte der Mann vorher verriegelt.

Ein von Johannes Wiesenberger, dem Verteidiger des Angeklagten, angeregtes Rechtsgespräch mit der Kammer und Staatsanwalt Dr. Stephan Brunner, erbrachte keine Verständigung. Vorsitzender Richter Dr. Georg Meiski gab danach die Standpunkte der Beteiligten zu Protokoll. Das Gericht habe aufgrund der Vernehmung der Zeugen erhebliche Zweifel an der Tötungsabsicht, eine Bewährungsstrafe sei denkbar.

Die vom Verteidiger vorgetragene Erklärung des Angeklagten, ergab, dass das Paar nach Deutschland gekommen war, weil der jüngste Sohn der Frau eine Augen-Operation gebraucht habe. Um die Reisekosten zu bezahlen, hatte der Mann sein Haus und sein Auto verkauft.

Im Ankerzentrum veränderte sich die Frau, trank dauernd Alkohol und provozierte ihn, zum Beispiel mit der Aussage, dass sie andere Beziehungen habe, berichtete der Angeklagte mit Hilfe der Dolmetscherin. Das habe ihn so aufgeregt, dass auch er an dem bewussten Tag schon Vormittags Alkohol trank und nachmittags im Zimmer lag und schlief. Er war aufgebracht, weil er nicht wusste, wo die Frau war. Als sie zurück ins Zimmer kam, verschloss er die Tür von innen mit dem Knauf, weil er eine Zigarette rauchen wollte, was im Ankerzentrum in den Zimmern verboten ist. Dann kam es zur Auseinandersetzung, wobei sich der Mann nicht genau erinnern will, ob er zu einem Messer gegriffen hat. Schläge räumte er ein.

Fotos von der Frau, die noch am Abend von der Polizei angefertigt wurden, zeigen starke Prellungen an der Stirn, Verletzungen im Gesicht und eine Schnittwunde am kleinen Finger der linken Hand.

Sowohl der Angeklagte als auch seine Freundin waren zur Tatzeit erheblich betrunken. Die Sachverständige vom Bezirksklinikum Straubing sprach von einem "mittelgradigen bis schweren Rausch" beim Angeklagten. Die Tatzeit lag bei 20.30 Uhr, drei Stunden später hatte er noch 1,6 Promille im Blut. Die Steuerungsfähigkeit könne durch die Alkoholisierung deutlich vermindert gewesen sein.

Staatsanwalt Dr. Stephan Brunner rückte in seinem Plädoyer vom Vorwurf des versuchten Totschlags ab. Der Sachverhalt der Anklageschrift habe sich nicht in vollem Umfang bestätigt, die Belastungszeugin sei nicht vor Gericht erschienen. Sie ist mit ihren Kindern inzwischen wieder in der Ukraine. Brunner sprach sich für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten aus und einer Bewährungszeit von drei Jahren.

Verteidiger Johannes Wiesenberger zweifelte an der Geschichte mit dem Teppichmesser. Dessen Klinge sei so scharf, dass die Verletzung an der Hand weitaus gravierender sein müsse. Er forderte einen Freispruch wegen Notwehr und hilfsweise eine sechsmonatige Freiheitsstrafe, die durch die Untersuchungshaft bereit verbüßt sei.

Angeklagter und Staatsanwalt verzichteten auf Rechtsmittel, das Urteil ist somit rechtskräftig. Der 44-Jährige will wieder zurück in die Ukraine, muss dazu jedoch erst noch seinen Ausweis zurückerhalten.