Bilanz und Saisonausblick
„Situation hat mich nicht gestresst“: Motorrad-Profi Philipp Öttl (27) aus Ainring war nach dem Team-Aus relaxt

24.01.2024 | Stand 24.01.2024, 11:02 Uhr
Hans-Joachim Bittner

Der heimische Motorrad-Profi konnte Anfang Januar erstmals mit seinem neuen Arbeitsgerät, einer Yamaha R1, im spanischen Valencia trainieren. Die Superbike-Weltmeisterschaft startet am 24. Februar in Australien auf Phillip Island. − Foto: Öttl Motorsport

Motorrad-Profi Philipp Öttl startet im Februar mit seinem neuen Team GMT94 Yamaha in eine neue, seine dritte Superbike-WM-Saison. Heimatsport.de hat mit dem 27-jährigen Ainringer gesprochen, um sowohl einen Blick zurück als auch voraus zu werfen.

Mittlerweile lernte Öttl die Eigenschaften seiner neuen Maschine, einer Yamaha R1, kennen. In Valencia spulte er in einer Woche über 1000 Kilometer mit dem Superbike ab. Der Fokus lag auf fahrtechnischen Aspekten und einem guten Rhythmus. Der gebürtige Reichenhaller kam mit dem Trainingsbike auf Anhieb gut zurecht und erreichte schnell ein hohes Niveau: „Die Basis der R1 passt mir sehr gut. Ich bin jeden Tag schneller geworden und habe ein immer besseres Gefühl für das Limit bekommen.“ Ab Mittwoch, 24. Januar, testet Öttl in Jerez de la Frontera und in Portimao. Danach wird das Material nach Australien verschickt, die Superbike-WM startet am 24. Februar auf Phillip Island.

Herr Öttl, zum Ende der Saison 2023 lief’s bei Ihnen immer besser. Wäre es Ihnen recht gewesen, sie hätte noch eine Weile angedauert?
Philipp Öttl: Die zweite Saisonhälfte war in der Tat ganz gut. Die hat wirklich Spaß gemacht. Es hätte von mir aus tatsächlich noch weitergehen können, doch das ist hypothetisch – sie war halt nun mal Ende Oktober vorbei. Es ist nie gesichert, dass es so gut weiterläuft. Nach vielen Monaten des Unterwegsseins ist es immer gut, nach Hause zu kommen, zu den Eltern und Zeit mit Freunden zu verbringen.

Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?
Öttl: Mit Gesamtrang 15 bin ich nicht zufrieden. Aber darüber, dass der Auftakt in Australien und die letzten vier Rennen in Europa richtig gut gelaufen sind. Wir waren in den Top 6, das ist nochmal eine ganz andere Welt. Es fehlt dann nicht mehr viel, um ganz vorn reinzufahren. Für mich sticht heraus, dass ich am Ende der Saison konstant beweisen konnte, im absoluten Spitzenfeld mitfahren zu können. Freilich ist eine gute Platzierung im Gesamtklassement wichtig und ein 15. Platz sicher nicht das, was ich anstrebe.

In welchem Rennen lag ein Podestplatz im Bereich des Möglichen?
Öttl: Grundsätzlich ist es nicht einfach, in der Spitzengruppe zu fahren. Da weht nochmal ein ganz anderer Wind, die Parameter sind anders, beispielsweise das Verhalten der Reifen. Und auf einmal kommt einer daher, mit dem man nicht mehr gerechnet hatte. Schwer zu sagen, wo und wann das Podest drin gewesen wäre. Wenn’s möglich ist, macht man es. Man sieht dieses Ziel, die Luft ist immer dünn, im ganzen Feld, doch da vorn ganz besonders. In Jerez hätte es vielleicht geklappt, wäre das Rennen noch sechs Runden länger gegangen.

War das Motorrad von Weltmeister Álvaro Bautista deutlich besser als Ihres?
Öttl: Es ist besser, jedoch nicht deutlich besser. Ich gehe davon aus, dass er der beste Fahrer ist. Es ist allerdings immer das Gesamtpaket, das am Ende den Sieger ausmacht. In der Formel 1 sind die Unterschiede eklatanter. Bei uns sind die Maschinen sehr viel enger zusammen und es kommt mehr auf den Fahrer an. Es ist brutal, es geht um Hundertstel. Wenn man im Qualifying acht Zehntel hinten ist, findet man sich ganz rasch auf Rang 15 wieder.

Vier Rennen vor Saisonschluss haben Sie erfahren, dass Sie in Ihrem aktuellen Team keine Zukunft haben. Wie wird einem sowas mitgeteilt?
Öttl: Der Teamchef hat es mir an einem Rennwochenende direkt vor Ort gesagt. Es hat mich nicht so hart getroffen, weil ich das schon irgendwo erwartet hatte. Freilich war’s im ersten Moment komisch, weil sie mit mir ja auf einen jungen Fahrer setzten. Mir war das dann jedoch relativ rasch egal, wir sind nicht im Schlechten auseinandergegangen. Das Team hat bis zum letzten Rennen super zusammengearbeitet. Kurioserweise lief’s ab dem Zeitpunkt, als mein Aus bei diesem Team klar war, viel besser – und wir fuhren die besten Saisonergebnisse ein.

Waren Sie so relaxt, weil Sie wussten, gewisse Optionen zu besitzen – also die Sicherheit, dass es irgendwie weitergehen würde?
Öttl: Das war so, weil diese Möglichkeiten zudem sehr interessant waren. Darum hat mich die Situation nicht gestresst. Ich wusste um mein Können, meine Schnelligkeit. Es war allerdings klar, dass ich das jetzt mal bestmöglich umsetzen sollte. Nach der langen Sommerpause fand ich einen Weg für mich, keinen neuen, doch es lief fortan besser.