Bad Reichenhall
Nach zwei bis drei Zügen Rauch bewusstlos

Was passiert, wenn’s im Krankenhaus brennt? – Feuerwehr übt mit dem Personal den Ernstfall

23.10.2022 | Stand 19.09.2023, 4:51 Uhr

Die Patienten eines Krankenhauses sind nicht so mobil, wie gesunde Menschen. Sollte es brennen, können sich viele nicht selbst in Sicherheit bringen. −Foto: KSOB

Station 4b, Donnerstag, kurz nach 19 Uhr. Im Schwesternzimmer übergibt gerade die Frühschicht an die Spätschicht. Krankenpfleger bringen sich auf den neuesten Stand, gehen die Krankenakten durch. Sie betreuen auf ihrer Station zehn fiktive Patienten und Patientinnen, die überwiegend in Einzelzimmern untergebracht sind. Eine Patientin ist nicht in der Lage, das Bett alleine zu verlassen, eine andere an Infusionen gebunden. Und dann kommt über ein Anzeigetableau der Notruf rein. Im gegenüberliegenden Flur wurde der Handfeuermelder betätigt. Die Brandschutzübung kann beginnen.

Um auf den Ernstfall vorbereitet zu sein, haben die Kreisklinik Bad Reichenhall und die Feuerwehr Bad Reichenhall eine gemeinsame Brandschutzübung absolviert – mit "täuschend echten Szenarios". Das teilen die Kliniken Südostbayern AG (KSOB) in einem Bericht mit.

Brandschutztüren schließen automatisch

Der Feuermelder löst eine ganze Kette an Rettungsmaßnahmen aus. Zum einen geht der Alarm weiter an die integrierte Rettungsleitstelle in Traunstein die wiederum die örtliche Feuerwehr in Bad Reichenhall benachrichtigt. Im Krankenhaus selbst schließen sich auf der betroffenen Station die Brandschutztüren automatisch und im Unter- sowie im Dachgeschoß werden akustische Signale ausgelöst. Auf Patientengeführten Stationen setzt ein Lichtruf im Flur ein, genauso wie in denjenigen Zimmern, in denen sich Pflegepersonal aufhält. Auch in den restlichen Schwesternstützpunkten im gesamten Haus läuft die Anzeige "Brandmeldung Station 4b". Außerdem werden die "Beauftragten für Gefahrenlagen" – das sind die Chefärzte der Anästhesie, der Unfallchirurgie und der Inneren Medizin sowie der Oberarzt der Anästhesie – informiert. Sie leiten intern das weitere Vorgehen in die Wege. Zeitgleich breitet sich auf dem Westflur der Station 4b Rauch aus. Er kommt aus einem Zweibettzimmer. Was die Krankenpfleger nicht wissen: Einer der beiden dortigen Patienten hat mit einer Zigarette den Brand verursacht, so die Annehme in der Übung. Sein Bettnachbar schaffte es gerade noch hinaus in den Flur, um den Alarm auszulösen. Weil die Rauchentwicklung in diesem Bereich bereits sehr stark ist, konzentriert sich das Pflegepersonal auf die Patienten und Patientinnen der Nachbarzimmer. Sie werden hinter die sicheren Brandschutztüren gebracht.

"Eine gefühlte Ewigkeit scheint zu vergehen, bis über das Treppenhaus die ersten Feuerwehrlehrer im vierten Stock eintreffen und das Kommando übernehmen", schildern die KSOB in ihrem Bericht die hoch angespannte Situation. Dabei sind von der Alarmierung bis jetzt keine 15 Minuten vergangen.

Die 45 Retter der Feuerwehr Bad Reichenhall sind mit fünf Einsatzwägen vor Ort. Über die Brandschutzzentrale im Erdgeschoß des Krankenhauses haben sie sich mittels Feuerwehrlaufkarten durchs Gebäude hinaufgearbeitet. Sie tragen Schutzkleidung und Atemmasken. Einem festen Ablaufplan folgend, beginnen sie mit der Räumung der betroffenen Station in einen sicheren Brandabschnitt auf die Nachbarstation. Nach 20 Minuten sind alle in Sicherheit, der Brand unter Kontrolle und die gefährlichen Rauchgase aus dem Gebäude gepumpt. Diesmal war es nur eine Übung. Aber der Ernstfall könnte genauso ablaufen.

Zimmer in zwei Minuten komplett verraucht

"Ein Krankenhaus ist auch für die Feuerwehr kein alltäglicher Einsatzort, denn die zu rettenden Patienten sind nicht mit gesunden Menschen gleichzusetzen", schreibt die KSOB. Umso wichtiger sei es, eventuelle Szenarien zu proben, vor Ort und in Zusammenarbeit mit dem Klinikpersonal. Denn das müsse bis zum Eintreffen der externen Rettungskräfte die erste Bergung und Sicherung übernehmen. Und weiter: "Die größte Gefahr geht dabei von toxischen Rauchgasen aus. Wenn eine Matratze zum Brennen anfängt, dauert es rund zwei Minuten, bis das Zimmer komplett verraucht ist." Nur zwei bis drei Lungenzüge würden reichen, um bewusstlos zu werden. Kurze Zeit später drohten irreversible Schäden und Tod. Zwischen 80 und 90 Prozent aller Brandopfer seien Rauchopfer.

Im Falle der Brandschutzübung sei zwar harmloser, heller Disko-Rauch verwendet worden, aber auch der habe sich als äußerst undurchsichtig erwiesen. Der Bad Reichenhaller Feuerwehrkommandant Andreas Gabriel wies das Krankenhauspersonal bei der Nachbesprechung deshalb eindringlich daraufhin, Patienten und Patientinnen lieber in ihren rauchfreien Zimmern zu belassen als sie durch verrauchte Korridore schieben zu wollen. "Dort sind sie vorerst sicherer aufgehoben, die Türen müssen unbedingt geschlossen gehalten werden."

Sowohl Gabriel als auch der Brandschutzbeauftragte der KSOB, Thomas Fürst, zogen ein positives Fazit aus der gemeinsamen Übung. "Die Räumung durch unser Personal und die ,,interne Alarmierungskaskade‘ funktionierte sehr gut. Auch die gute Zusammenarbeit von unserem Personal mit der Feuerwehr unterstrich die gesamte Übung außerdem noch."

Die Patienten und Patientinnen der Kreisklinik Bad Reichenhall seien vorab über die Brandschutzübung informiert worden. Die Station 4b, auf der sich das Szenario abspielte, war zu der Zeit nicht belegt. Als Statisten fungierten Schüler und Schülerinnen der Pflegeschule. Sie wurden vom Team der "realistischen Unfall-Darstellung" des Jugendrotkreuzes (RUD) täuschend echt geschminkt. "Wir machen regelmäßig Übungen mit den örtlichen Feuerwehren, aber am Krankenhaus waren wir noch nie", sagt Petra Ehrmann.

− red