Bischofswiesen/Berchtesgaden
Buttnmandl der Bundeswehr: Seit 60 Jahren unterwegs

27.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:28 Uhr

Die Buttnmandl der Bundeswehr aus Bischofswiesen. −Fotos: Archiv: Kilian Pfeiffer

Von Kilian Pfeiffer

Bayernweit einzigartig sind die Buttnmandl der Gebirgsjäger der Bundeswehr in Bischofswiesen: Vor genau 60 Jahren begleiteten sie den Nikolaus zum ersten Mal. „Die Vorbereitungen für den 5. Dezember laufen auf Hochtouren“, sagt Sepp Pfnür, einer der Organisatoren des von tausenden Besuchern begleiteten Spektakels. Das Besondere: Auch das in Reichenhall stationierte, Bundeswehr-eigene Tragtierwesen ist darin eingebunden.

Als der ehemalige Generalsekretär und Sportdirektor des DSV, Helmut Weinbuch, vor 60 Jahren den Grundstein legte für die Buttnmandl der Bundeswehr, wollte er den Familien der in Bischofswiesen stationierten Soldaten einen Nikolausbesuch ermöglichen. „Das war etwas Einmaliges, dass der Nikolaus die Soldatenkinder besucht“, sagt Sepp Pfnür. Weinbuch, heute 85 Jahre alt, war in der Fédération Internationale de Ski (FIS) für die Nordische Kombination zuständig, er galt seit jeher als Organisationstalent, eng verquickt mit der hiesigen Bundeswehr, aus der viele Profisportler hervorgingen.

Soldaten des Hochgebirgszugs sind robust

Die, die im Stroh stecken, müssen robuste Personen sein, „die viel Gewicht in Form von Glocken mit sich rumschleppen können“, weiß Sepp Pfnür. Die Soldaten des Hochgebirgszugs eigneten sich dafür am besten. Unter der Regie von Helmut Weinbuch wurden ab den 1960er-Jahren die ersten Buttnmandlläufe der Bundeswehr veranstaltet. Da zu dieser Zeit keine Strohbass in den Markt von Berchtesgaden lief, „die Geschäftswelt aber gerne Buttnmandl wollte, ergab es sich aus dieser Situation heraus“, das Brauchtum größer aufzuziehen – und somit auch für Besucher attraktiv zu machen, heißt es im Buch „Der Nikolaus und seine Buttnmandl“, jenem Universalwerk, das die Tradition in hunderten Bildern und Texten beschreibt.

Weinbuch organisierte von da an den Buttnmandllauf mit Blasmusik, mit Kutschen und einem Nikolaus samt Knecht Ruprecht hoch zu Ross – eine Einmaligkeit, die es sonst nirgends gibt. Engerl begleiteten den Tross, inklusive zwölf Strohbuttnmandl und ein paar wenigen Ganggerln. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich der Bundeswehr-Nikolaus zu einem Brauchtum, das bei Familien und etlichen Besuchern aus nah und fern nicht mehr wegzudenken ist. Von der Kaserne in Bischofswiesen bis in den Markt von Berchtesgaden sind es rund fünf Kilometer Strecke. Die Straßen sind dann in weiten Teilen gesäumt von Zuschauern mit Kindern, die nur darauf warten, dass die Engerl Süßigkeiten von der Nikolauskutsche ins Publikum werfen, begleitet von Musik der Marktkapelle Berchtesgaden.

Aus Spendengeldern finanziert

Organisator Sepp Pfnür hat wenige Wochen vor dem großen Tag jede Menge zu tun. Er war selbst mal Bundeswehrangehöriger und Buttnmandl. Das liegt schon viele Jahrzehnte zurück. Heute ist er als Ziviler unterwegs, sitzt seit mehr als zehn Jahren in der Gebirgsjägerkaserne in seinem Büro in Bischofswiesen und kümmert sich um die Vorbereitungen der jedes Jahr aufs Neue zum Besuchermagneten avancierten Veranstaltung. „Das alles finanziert sich aus Spendengeldern“, sagt Sepp Pfnür. Von der Bundeswehr stehen keine finanziellen Mittel bereit. Damit die Straßen gesperrt sind, die Kutschen zur Verfügung stehen und das Ordnungsamt informiert ist, sei es ein weiter Weg. Sepp Pfnür teilt sich die Arbeit mit einigen weiteren Kollegen. Denn er weiß: Brauchtum verpflichtet. „Alles muss seine Richtigkeit haben“, sagt der ehemalige Soldat.

Als es die Wehrpflicht noch gab, fanden sich ohne Weiteres Freiwillige, die in die Rolle der Buttnmandl schlüpften. „Die meisten Soldaten waren ja Einheimische und mit dem Brauchtum vertraut“, so Pfnür. Seit der Abschaffung der Wehrpflicht ist die Buttnmandl-Rekrutierung etwas schwieriger geworden. „Ein Soldat des Hochgebirgszugs aus Dresden kennt das Brauchtum nicht unbedingt.“ Die zwölf Buttnmandl, die für die Bundeswehr-Bass notwendig sind, finden sich meist aber nach kurzer Zeit. Fit und robust sollen die jungen Männer sein, die Stroh und Glocken, oft mehr als 20 Kilogramm schwer, kilometerweit mit sich schleppen. „Wir binden die Teilnehmer in unserer eigenen Bundeswehr-Turnhalle ins Stroh ein“, sagt Sepp Pfnür. Bereits im Juli war das extralange Stroh für den Brauch in Fridolfing bestellt worden. Danach geht es auf den Exerzierplatz der Gebirgsjägerkaserne zum gemeinschaftlichen Gebet und schließlich, um 14 Uhr, auf den Weg nach Berchtesgaden.

Auflagen werden komplizierter

Mulis des Einsatz- und Ausbildungszentrums für Tragtierwesen 230 der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall begleiten den traditionellen Umzug. Die Einheit in der Hochstaufenkaserne ist Bundeswehr-intern einmalig. Mehr als 140 Männer und Frauen kümmern sich im Ausbildungszentrum um 36 Maultiere und 18 Haflinger. Diese ist deutschlandweit die einzige pferdehaltende Dienststelle der Bundeswehr, geführt als Kompanie. Die Trag- und Reittiere sollen dort eingesetzt werden, „wo Menschen und Maschinen an ihre Grenzen stoßen“, heißt es bei der Gebirgsjägerbrigade 23. In internationalen Einsätzen passierte das bislang nur einmal, beim Buttnmandllauf hingegen jedes Jahr aufs Neue.

Die Veranstaltung durchzuführen, weiß Sepp Pfnür, sei komplizierter geworden. Die Auflagen seien höher als früher, die Bürokratie umfangreicher geworden. Trotzdem denkt er nicht ans Aufhören: „Die Zuschauer warten ja drauf.“