Begleiter bei vielen Erkrankungen
Alltagshelfer auf vier Pfoten: Assistenzhund im Ainringer Gemeinderat

08.05.2024 | Stand 08.05.2024, 5:00 Uhr

Aufgrund ihrer Erkrankung ist Michaela Schäffer auf ihren Assistenzhund Ben angewiesen. − Foto: Weschler

Seelenruhig marschiert Labradoodle Ben in der Ainringer Gemeinderatssitzung (Landkreis BGL) durch den Rathaussaal. Was er kann, verblüfft. Als Assistenzhund ist er immer an der Seite seiner Besitzerin Michaela Schäffer. Sie ist fast blind und erleidet epileptische Anfälle, über kurz oder lang wird sie im Rollstuhl sitzen. Dank Ben führt sie ein weitgehend eigenständiges Leben. Denn der Hund merkt etwa 20 Minuten vor ihr, wenn sie einen Anfall bekommt.

Tier bemerkt epileptische Anfälle



Seit Ben an ihrer Seite ist, muss sie weitaus seltener im Krankenaus behandelt werden, berichtete Schäffer dem Gemeinderat. Sie ist Botschafterin von „Pfoten Piloten“, einer gemeinnützigen, bundesweit engagierten Organisation mit Sitz in Frankfurt. Es ist ihr ein Anliegen, aufzuklären über die oft lebenswichtige Arbeit von Assistenzhunden und über die Zutrittskampagne „Assistenzhund willkommen“.
Denn obwohl diese auch dort Zutritt haben, wo es „normalen“ Hunden nicht gestattet ist, stoßen ihre Besitzer im Alltag oft auf Widerstand, häufig bedingt durch Unwissenheit. Das Zutrittsrecht von Assistenzhunden ist gesetzlich geregelt. Für Menschen mit Beeinträchtigung besteht seit Juli 2021 ein Rechtsanspruch, der ihnen die Begleitung ihres Assistenzhundes ermöglicht, sei es in Arztpraxen, in allen Geschäften, Krankenhäusern, Hotel- und Gastrobetrieben, Apotheken, Veranstaltungsräumen, im öffentlichen Nahverkehr und Kirchen.

Assistenzhunde dürfen in Praxen, Geschäfte, Züge



„Aber was hilft ein Rechtsanspruch, wenn ihn keiner kennt?“, berichtete Schäffer von den Schwierigkeiten im Alltag, dieses Recht zugestanden zu bekommen. So sei auch sie im Zug schon angespuckt und ihr Hund getreten worden, obwohl sie einen Sitzplatz für ihren Hund reserviert und bezahlt habe. Auch in Arztpraxen werde sie noch oft abgelehnt. Doch Hunde seien kein Hygieneproblem, da es zwischen dem Mikrobiom von Hund und Mensch praktisch keinen Unterschied gebe. „Der Hund muss am Mann sein, sonst kann er seine Arbeit nicht machen“, verdeutlichte Schäffer, wie wichtig es für die Besitzer ist, dass er stets bei ihnen bleibt. „Ohne ihren Hund sind Menschen mit Beeinträchtigung hilflos.“ Wichtig sei dieses Wissen auch für Rettungskräfte. Es wäre fatal, wenn bei einem Unfall der Hund nicht mit ins Krankenhaus, sondern ins Tierheim kommt, auch, weil er dadurch seine erlernten Fähigkeiten verlieren könnte. Bei Assistenzhund denkt man in erster Linie an einen Blindenhund. Aber ihr Aufgabenfeld ist weit größer. Eingesetzt werden sie unter anderem bei Demenz, Epilepsie, psychischen Erkrankungen wie posttraumatischer Belastungsstörung, Diabetes, Herzerkrankungen, Narkolepsie – häufig Erkrankungen, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.

Treuer Begleiter bei vielen Erkrankungen



Die Tiere merken, wenn der Blutzucker entgleist und sind darauf trainiert, seinen Menschen erst weitergehen zu lassen, wenn er sein Medikament genommen hat. Sie öffnen Türen und Fenster, helfen beim Anziehen, bringen Medikamente und Führen im Straßenverkehr. Kurzum: Sie holen Menschen aus Krisensituationen heraus, unterstützen in vielen Bereichen und ermöglichen es so, dass diese möglichst unabhängig und selbstbestimmt leben können.
Die Gemeinderäte waren beeindruckt vom Vortrag Michaela Schäffers und machten sich bereits erste Gedanken, wie die Kommune dazu beitragen kann, dass die Bevölkerung für das Thema Assistenzhunde sensibilisiert wird. Laut Geschäftsleiter Martin Nüß wird das Thema zu gegebener Zeit den Gremien zur Beratung und Beschlussfassung vorlegt.


 Weitere Informationen unter www.pfotenpiloten.org.