Freyung
VG-Rüffel in Sachen "Ferienausschuss"

Gericht lässt BGStuL-Antrag nicht zu, kritisiert aber in der Begründung massiv Stadtratsbeschluss

16.02.2021 | Stand 19.09.2023, 21:48 Uhr

Die BG-Stadträte Muthmann (von vorne), Kern und Wilhelm haben die Stadtrats-Entscheidung pro "Ferienausschuss" vor Gericht prüfen lassen (Foto vom November, als der Stadtrat noch vollzählig tagte). −Foto: Jahns

Die erste juristische Hürde haben BGStuL-Stadtrat Alexander Muthmann und zwei Mitstreiter zwar gerissen. Unterm Strich aber blieb mehr als ein Etappensieg. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat einen Eilantrag des Trios, in dem es einen Beschluss für einen coronabedingten reduzierten Stadtrat ("Ferienausschuss") attackierte, als unzulässig abgeschmettert. In einer viele Seiten umfassenden Begründung forderte das VG die Stadt allerdings mehr oder weniger dazu auf, den umstrittenen Stadtratsbeschluss aufzuheben. Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich sieht sich jedoch im Recht und der aufkommenden Debatte gelassen entgegen.

"Es ist zwar nicht zu hundert Prozent in unserem Sinn ausgegangen, weil unser Antrag formal als unzulässig abgelehnt worden ist", sagte Antragsteller Muthmann am Dienstag zur PNP. "Das Verwaltungsgericht ist der Meinung, dass wir durch den Beschluss des Stadtrates vom 21. Dezember als einzelne Stadträte nicht in individuellen Rechten betroffen wären", bringt Muthmann die eingangs negative VG-Mitteilung auf den Punkt. "Darüber bin ich nicht glücklich, weil wir das von Anfang an anders gesehen haben. Es ist aber auch eine komplizierte juristische Debatte."

Umso beglückter aber war Muthmann, dass sich das Gericht in seiner Begründung umfangreich mit dem Stadtratsbeschluss befasst hat und "in übergroßer Deutlichkeit dargelegt hat, dass der Beschluss rechtswidrig war". Und das sei schließlich auch das gewesen, um was es dem Kläger-Trio gegangen sei. "Wir wurden deutlich bestätigt", so Muthmann.

Im Namen der Bürgergemeinschaft Stadt und Land Freyung e.V. (BGStuL) beantragen er und die Stadtratskollegen Siegfried Wilhelm und Walter Kern deswegen jetzt in einem Antrag an den Freyunger Stadtrat, dass das Thema nochmals aufs Tapet kommt und der gesamte Stadtrat seinen Beschluss vom 21. Dezember 2020, mit dem dieser die Einrichtung eines Ferienausschusses unter besonderen Corona-Bedingungen beschlossen hatte, wieder aufhebt. Als Begründung heißt es in dem BGStuL-Antrag, dass in jüngsten Debatten in Stadtratssitzungen die Einrichtung des im Beschluss vorgesehenen Gremiums für rechtswidrig gehalten wurde.

Zu dem Ende Dezember eingereichten Eil-Antrag des Freyunger Stadtrat-Trios beim Verwaltungsgericht Regensburg ist am Montag ein heute veröffentlichter Beschluss gefasst worden. In diesem lässt das Gericht, obwohl es eine Antragsbefugnis verneint, erkennen, dass der Beschluss des Stadtrates für rechtswidrig gehalten wird. In der VG-Begründung heißt es u.a.: "Eine Einsetzung des Ferienausschusses, wie sie im Beschluss vom 21. Dezember 2020 vorgesehen ist, dürfte […] nicht der Vorschrift des Art. 32 Abs. 4 Gemeindeordnung entsprechen. […] Weiter können auch Schreiben des Innenministeriums, denen nicht die Rechtsqualität eines Gesetzes zukommt, nicht als rechtliche Grundlage dienen. Im Übrigen steht das Vorgehen der Antragsgegnerin (Stadt Freyung; Anm. d. Red.) ohnehin mit den von ihr in Bezug genommenen Handlungsempfehlungen des Innenministeriums […] nicht im Einklang." Der offenkundig rechtswidrige Beschluss soll daher aufgehoben werden.

Noch mal zum Hintergrund: Am 21. Dezember hatte der Freyunger Stadtrat mehrheitlich dafür gestimmt, ab Januar bei einer Corona-Inzidenz von über 200 im Landkreis nur noch als sogenannter "Ferienausschuss" zu tagen. Dieses Entscheidungsgremium mit sieben Stadträten plus Bürgermeister (normalerweise hat der Stadtrat Freyung 20 Mitglieder) sollte ab Januar dann zusammentreten, wenn der Inzidenzwert im Landkreis am Tag der Ladung laut Robert-Koch-Institut höher als 200 ist. Dieses Vorgehen hielten Muthmann und seine Mitstreiter damals für rechtswidrig – auch wenn sich Bürgermeister Olaf Heinrich seinerzeit auf eine Empfehlung des bayerischen Innenministeriums berief. Kurz darauf folgte der Eilantrag zum VG gegen den Dezember-Beschluss. "Wir haben Sorge, dass die Beschlüsse, die dieser Ausschuss ausgerechnet in einer Krisenzeit trifft, nicht rechtmäßig sind", begründete Alexander Muthmann damals die juristische Initiative.

Freilich erfolgte am Dienstag auch der Konter vom Antragsgegner Stadt Freyung: "Zunächst einmal ist aus Sicht der Stadt Freyung festzustellen, dass die Klage der Herren Muthmann, Wilhelm und Kern abgewiesen worden ist, was aus unserer Sicht sehr erfreulich ist", sagte Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich auf PNP-Nachfrage. "Das Gericht begründet die Ablehnung damit, dass die Antragsteller nicht antragsbefugt wären. Daneben führt das Gericht in seiner Begründung aus, dass der angefochtene Stadtratsbeschluss nicht von der derzeitigen Rechtslage gedeckt sei, da aktuell nur eine Einsetzung des Ferienausschusses von maximal sechs Wochen vorgesehen sei. Dieses Problems war sich jedoch auch das Innenministerium bewusst, als es im innenministeriellen Schreiben vom 10.12.2020, auf welches sich der Stadtrat bei seiner Entscheidung gestützt hat, ausführte, dass "…der Landtag erforderlichenfalls den Rechtsrahmen für Ferienausschüsse jedenfalls für das Jahr 2021 an die Umstände der Pandemie anpassen und den Zeitraum, für den ein Ferienausschuss eingesetzt werden kann, bei Bedarf verlängern wird". Eine entsprechende Gesetzesänderung wurde im Übrigen am 9.2.2021 in erster Lesung im Landtag behandelt. "Da hier eine Rückwirkung auf den 1. Januar 2021 vorgesehen ist, wird somit nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens der Beschluss des Stadtrats ohnehin legitimiert werden", so Heinrich.
Der Stadtrat habe mit seinem Dezember-Beschluss laut Heinrich " im Interesse des Gesundheitsschutzes seiner Mitglieder zu einer Zeit von Inzidenzwerten von weit über 300 (21.12.2020: 364,97) im Rahmen der Empfehlungen des Innenministeriums gehandelt und hierbei durchaus in Kauf genommen, dass die rechtliche Grundlage zumindest angreifbar ist, aber seitens des Gesetzgebers angepasst werden soll".

Trotzdem wird sich der Freyunger Stadtrat wohl nach dem BGStuL-Antrag erneut mit der Thematik, in Corona-Zeiten komplett zu tagen oder als reduzierter "Ferienausschuss", wohl demnächst erneut auseinandersetzen müssen. Offen blieb am Dienstag allerdings, in wievielköpfiger Besetzung.