Berchtesgaden
Verunreinigung: Lieferstopp für Steinsalz aus dem Salzbergwerk

Natursteinsalz darf nicht mehr zur Verfütterung verkauft werden

23.04.2020 | Stand 20.09.2023, 22:57 Uhr

Wegen Verunreinigungen und Überschreitung von Höchstgrenzen darf das Berchtesgadener Steinsalz nicht mehr für Tiere verwendet werden. −Foto: Kilian Pfeiffer

Natursteinsalz aus dem Salzbergwerk Berchtesgaden galt über Jahre als äußerst beliebtes Produkt unter Rinderhaltern. Seit Ende vergangenen Jahres wird das besondere Salz aber nicht mehr vertrieben. Denn Viehsalz unterliegt der Futtermittelgesetzgebung. Darin werden für verschiedene unerwünschte Rückstände Höchstmengen vorgeschrieben, die laut Information der Heimatzeitung bei Prüfungen aber überschritten worden waren.

Unter Landwirten ist das Bedauern groß: Natursteinsalz aus dem Salzbergwerk Berchtesgaden wird es in absehbarer Zukunft als Futtermittel nicht mehr geben. "Wir haben es immer sehr gerne verwendet", sagt ein Landwirt aus dem Talkessel. Auch Georg Baumgartner, Kreisobmann des Kreisbauernverbands Berchtesgadener Land, kennt das Naturprodukt, verfüttert selbst aber gewöhnliches Siedesalz. Der Landwirt aus der Marktgemeinde Teisendorf besitzt 25 Milchkühe, hält diese an der Nordseite des Teisenbergs. "Salz für das Vieh ist wichtig", sagt er.

Auch das Wild profitiert davon: Dr. Daniel Müller, Leiter des Forstbetriebs Berchtesgaden der Bayerischen Staatsforste, bedauert die Herausnahme des Natursteinsalzes aus dem Waren-Portfolio des Salzbergwerks Berchtesgaden: "In dieser natürlichen Form gibt es das sonst nicht. Wir schätzen Naturprodukte." Für das Wild hatte der Forstbetrieb pro Jahr rund 3,5 Tonnen Natursteinsalz angekauft, in natürlicher Form oder als Lecksteine. Dass diese beliebt sind, bestätigt Matthäus Michlbauer, Leiter der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands in Traunstein. "Darin enthalten sind etliche mineralische Anteile, die gut für die Tiere sind." Landwirte achteten darauf im Besonderen. Er sagt aber auch, dass sich in reinen Naturprodukten auch "Verunreinigungen" befinden könnten, die zwar "natürlich" seien, aber in unterschiedlichen Mengen auftreten. Matthäus Michlbauer ergänzt, Inhaltsstoffe könnten bei verschiedenen Tierarten unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. So reagierten etwa Schafe "sehr sensibel auf höhere Kupferanteile" im Futter.

Wirtschaftlich sei das Produkt nicht mehr darstellbar gewesen, entgegnet Peter Botzleiner-Reber auf Nachfrage der Heimatzeitung. Er ist beim Salzbergwerk Berchtesgaden, das wegen der Corona-Pandemie derzeit für Besucher geschlossen hat, unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Botzleiner-Reber bestätigt die Einstellung des Produkts als Futtermittel, möchte hinsichtlich einer ausführlichen Antwort aber nicht vorweg greifen und verweist daher an den Betriebsleiter des Salzbergwerks, Raimund Bartl, der seit 2016 das bei Besuchern beliebte Salzbergwerk anführt. Der 37-Jährige gebürtige Tiroler stimmt der Beantwortung eines Fragenkatalogs grundsätzlich zu. Diese läuft aber über die Südwestdeutsche Salzwerke AG in Heilbronn. Nach zwei Tagen erreicht die Heimatzeitung die Nachricht: "Wir möchten dazu nichts kommentieren." Vorgespräche mit dem Vorstand der Südwestdeutschen Salzwerke hätten zu diesem Entschluss geführt. Über die tatsächlichen Gründe, wieso das Natursteinsalz aus dem Programm genommen wurde, schweigt man sich aus.

Gute Erfahrungen hatte bislang die Molkerei Piding mit den Natursteinsalzen. Sie passen in das grundsätzliche, von der Genossenschaftsmolkerei verfolgte Konzept. Seit Februar 2014 vertrieben die Milchwerke das Produkt in verschiedenen Ausführungen: als 25-Kilogramm-Sackware, als Natursteinsalz-Lecksteine in kleinem Format, aber auch als Einzel-Lecksteine bis 500 Kilogramm für den Laufstall. Gute Gründe gebe es für die Wahl des Natursalzsteines, da dieser zum einen "unbehandelt" sei, "frei von unerwünschten Rieselhilfsstoffen", eine "Vielzahl an natürlich ausgewogenen Mineralien" enthalte und nicht "künstlich mit Jod angereichert" werde. "Die Landwirte waren sehr zufrieden damit", heißt es aus der Molkerei Piding. Hintergrund für die Einstellung sei der Gebirgsstock, aus dem das Naturstein geschlagen wurde, und in dem auch das Salzbergwerk liegt. Dieser enthalte "unterschiedliche Zusammensetzungen je nach Schicht". Nicht alle darin befindlichen Stoffe sind in entsprechender Menge, laut Futtermittelgesetzbuch, zugelassen.

Die Molkerei Piding ist nach eigenen Angaben daher nun auf der Suche nach alternativen Quellen für Natursteinsalz, das sie auch ihren 1700 Landwirten zur Verfügung stellen möchte. Es gab bereits Gespräche mit Salzabbaustellen in Österreich, etwa der Saline Austria. Einfach dürfte das Finden einer Alternative aber nicht werden: Da die österreichischen Kollegen letztlich aus dem selben "Gebirgszug wie das Berchtesgadener Bergwerk abbauen, und die Futtermittelgesetzgebung EU-weit einheitlich geregelt ist, liegen hier die gleichen Verhältnisse vor, und das Salz darf nicht zu Futterzwecken eingesetzt werden", teilt die Molkerei mit. Momentan würden Quellen aus Europa angefragt, "um zukünftig wieder Natursteinsalz als Viehsalz an die Landwirte zu liefern".