Neuschönau
Urwaldkäfer kehrt nach 113 Jahren in den Bayerischen Wald zurück

20.09.2019 | Stand 20.09.2019, 21:29 Uhr

Eine echte Rarität: Peltis grossa. Der Flachkäfer kann bis zu zwei Zentimeter groß werden. Foto: Lukas Haselberger

Drei Punkte auf der Deutschlandkarte. Allesamt im Alpenraum. Doch bald kommt ein vierter Punkt hinzu – diesmal im Nationalpark Bayerischer Wald. Die Rede ist von der Verbreitungskarte eines äußerst seltenen Käfers. Nach 113 Jahren wurde er nun wieder im Bayerischen Wald nachgewiesen, meldet die Nationalparkverwaltung am Freitagvormittag.

Wissenschaftlich heißt er Peltis grossa. Ein deutscher Name fehlt der Flachkäferart aus der Familie der Jagdkäfer noch. 113 Jahre lang wurde er im Bayerwald nicht nachgewiesen. Da auch seit der Intensivierung der Käferforschung im Nationalpark vor 13 Jahren kein Exemplar gesichtet wurde, habe man davon ausgehen müssen, dass die Art ausgestorben war, heißt es in der Mitteilung. Nun der lang erwartete Erfolg: Nationalpark-Forschungsleiter Prof. Jörg Müller fand das bis zu zwei Zentimeter große Insekt an einem mächtigen Fichtenstumpf. Damit gibt es nun 16 Urwaldreliktkäfer im Nationalpark – so viele wie nirgendwo sonst in Bayern.

Es ist eine laue Spätsommernacht. Entomologe Lukas Cizek aus Budweis ist am Plöckenstein im tschechischen Nationalpark Šumava unterwegs. Er ist auf der Suche nach dem Zottenbock, ebenfalls ein Urwaldrelikt. Doch anstelle dessen findet er in der Nationalpark-Kernzone fast 20 Exemplare des Peltis grossa. Alle tummeln sich an Borkenkäferfichten, deren natürlicher Zerfall vom Rotrandigen Baumschwamm, einem Pilz, der Zellulose zersetzt, beschleunigt wird. Gegen 22.30 Uhr teilt er seinem bayerischen Kollegen Müller die Entdeckung via SMS mit. Der geht nicht ins Bett, sondern sucht potenzielle Lebensräume in den Nationalparkwäldern auf. Zehn Minuten dauert es, bis Müller die Sensation gelingt. Auf einem Baumschwamm sitzt ein vitaler Peltis grossa. Zuletzt wurde diese Art im Bayerischen Wald im Jahr 1906 bei Spiegelau gesehen.

"Das Geheimnis des Erfolgs liegt in einem kleinen Reliktvorkommen in einem Reservat auf tschechischer Seite, rund 20 Kilometer hinter der Grenze," vermutet Müller. "Hier gab es in den 1990er Jahren noch Peltis-grossa-Funde". Dies zeigt wie wichtig natürliche Spenderflächen für die Wiederbesiedlung sind.

− ga

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