Passau
"Über Nacht ist ein ganzes Lebenswerk zerstört"

Der Opa hat den Betrieb in den 1960ern aufgebaut, jetzt hat das Hochwasser <F>Manuel Langs Wohnhaus und die Tankstelle</F> zerstört. Damit die Großeltern wieder eine Wohnung haben, helfen die PNP-Leser mit 10 000 Euro.

03.07.2013 | Stand 20.09.2023, 4:19 Uhr

Haben fast alles verloren: Adolfine (v. r.) und Ludwig Putz mit ihrem Enkel Manuel Lang. Sie hoffen jetzt auf finanzielle Hilfe.  − Foto: PNP

Lange hat er durchgehalten, ist stark geblieben. Als das Hochwasser seine Tankstelle, seine Werkstatt, sein Wohnhaus überschwemmte. Als alles voller Schlamm war, Heizöl im Keller, Heizöl im Kassenraum und im Büro. Als dann sein achtjähriger Sohn aber sagte, "Papa, das schaffen wir schon. Da sparen wir einfach und helfen zusammen", gab es für Manuel Lang (33) aus Passau-Haibach kein Halten mehr. "Da fing ich an zu weinen. Selbst jetzt noch, wenn ich nur dran denke, könnte ich losheulen."

In dieser Gegend wird niemand versichertManuel Lang steht im Kassenraum seiner Tankstelle an der Wiener Straße. Vier Wochen sind seit der Flutkatastrophe vergangen, doch in dem holzverkleideten Raum stinkt es noch immer durchdringend nach Öl – wie überall auf dem Gelände. Besonders getroffen hat es das Wohnhaus von Manuel Lang. Hier wohnt der 33-Jährige zusammen mit seinen beiden Kindern im ersten Stockwerk. Im Erdgeschoss haben bis vor einem Monat seine Großeltern, Adolfine und Ludwig Putz, gelebt. Mittlerweile mussten die beiden Achtzigjährigen umziehen.

"Meine Oma wohnt jetzt bei mir im ersten Stock, mein Opa schläft seit dem Hochwasser in einem Holzanbau hinter dem Haus", berichtet Manuel Lang. Von der Wohnung, in der das Ehepaar ein halbes Jahrhundert gelebt hat, ist nur noch wenig übrig geblieben. Die Böden sind alle herausgerissen, der Putz bis über einen halben Meter abgehauen. In vier Waschkörben sammelt sich das Andenken an ein gemeinsames langes Leben. "Was sie alles verloren haben, realisieren meine Großeltern erst jetzt nach und nach. Immer wieder fragen sie, wo ist das oder jenes hingekommen. Das hätte man doch noch brauchen können." Entsorgen musste Manuel Lang so gut wie alles aus der Wohnung. "Beim elften Container haben ich aufgehört zu zählen", erzählt der 33-Jährige. Sein Großvater, Ludwig Putz, kann es kaum fassen. In den 1960ern hat er den Betrieb samt Wohnhaus eigenhändig aufgebaut, "als hier noch alles Acker war". Jetzt ist er verzweifelt, kann nicht glauben, was das Hochwasser angerichtet hat. "Das ist nicht zu begreifen. Über Nacht ist ein ganzes Lebenswerk zerstört." Geblieben ist auch Manuel Lang nicht sehr viel. Seit Dienstag, 4. Juni, sagt der 33-Jährige, sei seine Tankstelle "tot". "Die Zapfsäulen sind kaputt, die Elektronik im Inneren. Das will niemand mehr haben und kann uns keiner ersetzen, weil wir ja eine freie Tankstelle sind."

Manuel Lang klingt niedergeschlagen – und das obwohl der Passauer keiner ist, der so schnell aufgibt. Der Betrieb "Auto Ludwig Putz e. K.", den er 2004 von seinem Opa übernommen hat, liegt keinen Kilometer vom Billigbenzinland Österreich entfernt. Wer hier überleben will, braucht Durchhaltevermögen – und eine große Portion Bescheidenheit. "Wir sind über die Runden gekommen. Das ist die Hauptsache."

Momentan sieht die Lage für ihn und seine fünf Mitarbeiter aber ziemlich aussichtslos aus. Neben der Tankstelle hat es seine zwei Waschanlagen und seine Kfz-Werkstätte erwischt. "Die Sachverständigen der Stadt schätzen den Gesamtschaden auf 950 000 Euro. Wann und ob wir überhaupt Geld ausbezahlt bekommen, wissen wir aber noch nicht." Versichert sei er jedenfalls nur bedingt, sagt Lang, denn in Gegenden wie hier würde keine Versicherung zahlen. "Was wir jetzt noch haben, ist nur noch unsere Werkstatt. Da haben wir zwar viele Maschinen verloren. Einen normalen Kundendienst kriegen wir aber noch hin", erklärt er kämpferisch.

Sogar ein Blinder hilft beim AufräumenWas ihm Mut gibt, doch weiterzumachen? Die große Hilfsbereitschaft, die er und seine Großeltern nach der Flut erlebt haben. "Von Dienstag bis Samstag waren hier bis zu 30 Leute, Freunde, Bekannte, Studenten. Die haben von 7 Uhr früh bis 22 Uhr abends durchgearbeitet", erzählt Manuel Lang ergriffen. Ein Bekannter der Großeltern, der blind ist, habe eine Woche lang Werkzeuge gereinigt. "Die Hilfe war einfach überwältigend."

Auf finanzielle Hilfe darf Manuel Lang jetzt ebenfalls hoffen. Am Montag waren Vizekanzler Philipp Rösler und Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (beide FDP) in seinem Betrieb zu Besuch. Die Politiker versprachen dem Passauer schnelle Hilfe aus dem Härtefonds. Um das Erdgeschoss seines Hauses wieder herrichten zu können, erhalten Manuel Lang und seine Großeltern aus dem Spendentopf der PNP-Fluthilfe zudem 10 000 Euro als Soforthilfemaßnahme.