"Hoffen auf eine Chance"
Streit um Standort: Jetzt bewirbt sich Tittling um Verwaltungsgericht

21.05.2021 | Stand 21.09.2023, 23:42 Uhr

Den Markt Tittling hält Bürgermeister Helmut Willmerdinger (parteifrei) für den idealen Standort für ein niederbayerisches Verwaltungsgericht. Er könne gemeindliche Grundstücke für einen Neubau anbieten oder leerstehende Gebäude vermitteln, sagt er der PNP. Die überörtliche Verkehrsanbindung sei hervorragend, der Markt außerdem Mittelzentrum, so der Bürgermeister. −Foto: Archiv Brunner

Der Markt Tittling (Landkreis Passau) hat sich um den Sitz des Verwaltungsgerichts in Niederbayern beworben.

Die Initiativbewerbung habe er am Mittwoch verschickt, verkündete Bürgermeister Helmut Willmerdinger (parteifrei). "Wir werfen unseren Hut in den Ring und hoffen auf eine Chance", sagt er.

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Im Zuge einer Behördenverlagerung sollten rund 40 Stellen des Verwaltungsgerichts Regensburg nach Freyung verlagert werden, um in Niederbayern ein eigenes Verwaltungsgericht zu schaffen. Allerdings war es in der Folge zu heftigen Auseinandersetzungen der CSU mit dem Koalitionspartner, den Freien Wählern, gekommen. Diese hatten sich für andere Standorte in Niederbayern ausgesprochen, unter anderem Landshut oder Grafenau. Die Planungen wurden gestoppt. Vor einigen Tagen dann die Nachricht, dass Niederbayern nun doch ein eigenes Verwaltungsgericht bekommen soll. Diese Chance will Tittling nutzen.

"Eine ländliche Gemeinde wie Tittling verdient es auch mal"

Bürgermeister Helmut Willmerdinger hält Tittling mit seinen 4266 Einwohnern aufgrund seiner Lage für besonders geeignet, wie er am Freitag erklärt. "In Niederbayern liegt Tittling sehr zentral. Wir haben mit der B85 und dem Autobahnzubringer eine hervorragende Verkehrsanbindung in alle Richtungen. Wir sind ÖPNV-Drehscheibe im nördlichen Landkreis Passau, mit Linien in andere Landkreise hinein." Außerdem gibt es in Tittling noch eine eigene Polizeistation – "was äußerst selten ist", wie Bürgermeister Willmerdinger weiter erklärt. Als weitere Vorzüge Tittlings zählt er BRK-Wache, Caritas-Verwaltungszentrum, Realschule, hervorragende Einkaufsmärkte und viele Freizeitmöglichkeiten auf. "Es heißt ja immer, es soll eine Behördenverlagerung aufs Land werden – doch mit Freyung und Grafenau wären es ja wieder zwei Städte geworden. Eine Behördenverlagerung aufs Land ist das nicht. Eine ländliche Gemeinde wie Tittling verdient es auch mal", findet Willmerdinger.

Hinzu komme: "Wir sind im Landesentwicklungsprogramm als eigenständiges Mittelzentrum eingestuft. Das heißt, dass für unseren Markt vordringlich Behördenstellen vorgesehen sind. Auch überörtliche Einrichtungen sollen in solche Zentren angesiedelt werden."

Bürgermeister Willmerdinger hat sich bereits Gedanken gemacht für den Fall einer Behördenverlagerung: "Wir haben gemeindliche Grundstücke, die wir anbieten können für einen Neubau. Wir haben auch Gebäude und Leerstände im Ort, die wir vermitteln könnten. Wir würden sicher ein Platzerl finden."

Auch Gemeinderäte waren überrascht

Er habe akzeptiert, dass das Verwaltungsgericht nicht nach Freyung kommt, sagt Helmut Willmerdinger. "Da sehe ich es als Pflicht eines jeden Bürgermeisters zu hinterfragen, ob er sich bei der Behördenverlagerung nicht ins Spiel bringen soll", erklärt der Bürgermeister am Tag, nachdem er die große Nachricht im Gemeinderat bekannt gab – eine Nachricht, von der sich auch der eine oder andere Gemeinderat überrascht zeigte. "Das höre ich das erste Mal", erklärte etwa Bernhard Grum (SPD) in der Sitzung.

Bürgermeister Helmut Willmerdinger erläuterte in der Gemeinderatsitzung, er habe sich für die Bewerbung mit 2. Bürgermeister Josef Artmann (CSU) in Verbindung gesetzt, der seinerseits mit dem CSU-Ortsvorsitzenden sogleich die Bezirksräte und die CSU-Landtagsabgeordneten Walter Taubeneder und Gerhard Waschler um Unterstützung gebeten habe. 2. Bürgermeister Artmann appellierte an die Gemeinderäte der anderen Parteien, jeweils ihre Mandatsträger jetzt auch um Hilfe zu bitten. "Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen", sagte er.

Bei der Verlagerung der Sozialverwaltung ging Tittling leer aus

Das ist nicht das erste Mal, dass sich die Marktgemeinde um Behörden bewirbt: 2020 hat sich Tittling um die Verlagerung der Sozialverwaltung des Bezirks nach Tittling beworben und war nicht zum Zug gekommen. Auch aus dem für Tittling geforderten Gymnasium ist nichts geworden. "Wir haben stets ein Auge drauf, was an Behördenverlagerungen und Neueinrichtungen vom Staat angedacht ist", versichert Bürgermeister Willmerdinger.

In Tittling gibt man nicht so schnell auf. Denn Bürgermeister Willmerdinger weiß: Für Tittling wäre der Sitz des niederbayerischen Verwaltungsgerichts eine enorme Aufwertung. "Der Sitz des Verwaltungsgerichts würde 40 neue Stellen und eine hervorragende Außenwirkung bedeuten, das täte uns gut." Er weiß, dass der Sitz eines Verwaltungsgerichts keine kleine Sache wäre, doch er sagt: "Ich habe mir eine große Aufgabe vorgenommen. Ich traue es mir zu."