Verhagelte Aussichten
Niederbayerische Ernteprognose wegen Unwettern zweigeteilt

07.07.2021 | Stand 21.09.2023, 22:28 Uhr

"Ich habe noch nie so ein zerstörtes Maisfeld gesehen": Gerhard Stadler, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands (v.l.), und Hans Koller, Kreisobmann in Passau, laufen über ein vom Hagel vernichtetes Maisfeld. −Foto: Flesch

Die Ernteprognose in Niederbayern fällt heuer aufgrund der Unwetter sehr zweigeteilt aus. Das wurde beim Erntegespräch des Bauernverbands in Ruhstorf (Landkreis Passau) deutlich.

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Wie es um die Ernteaussichten für niederbayerische Landwirte steht, sieht man innerhalb von drei Kilometern. Josef Hopper, auf dessen Hof bei Ruhstorf (Landkreis Passau) das diesjährige Erntegespräch des Niederbayerischen Bauernverbandes stattfindet, erwartet eine solide bis gute Ernte. Er baut Weizen, Gerste und Mais an. Hüfthoch grünt es um seinen Hof. Etwas mehr als den sprichwörtlichen Steinwurf, rund drei Kilometer, sind die Felder von Franz Aigner entfernt. Dort wird man allerdings nur von Erde empfangen. Ihm hat es alles verhagelt.

Die beiden Landwirte stehen stellvertretend für den gesamten Regierungsbezirk. "Ich hätte nicht gedacht, dass wir solche gegensätzlichen Bilder zu sehen bekommen", sagte Gerhard Stadler, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV). "Ich habe noch nie so ein zerstörtes Maisfeld gesehen", erklärte er, nachdem er mit Pressevertretern das Feld von Franz Aigner besichtigt hatte. Das Erntegespräch sei vor rund einem Monat geplant worden, da sah es noch nach einer guten Prognose aus. Diese Tendenz kassierte Stadler am Mittwoch: "Die Ernteaussichten für Niederbayern sind heuer durchschnittlich, regional aber sehr unterschiedlich."

Felder teilweise zu hundert Prozent zerstört

Wo Hagel und Starkregen in den vergangenen Wochen wüteten, seien die Felder teilweise zu hundert Prozent zerstört. "Wenn die komplette Ernte weg ist, geht es nicht nur um ein paar Euro, sondern um Existenzen", sagte Stadler. "Da braucht auch kein Schätzer mehr kommen." Ansonsten habe es heuer im Gegensatz zu den vergangenen Jahren ausreichend geregnet.



Die bisherigen Monate fasste er wie folgt zusammen: Das Frühjahr war kalt und trocken, der ersehnte Regen fiel im Mai. Im Juni kamen Hitze und Unwetter. An mehreren Abenden tobten Starkregen und Hagel in Teilen Niederbayerns. "Mit dem Wetter leben zu müssen – damit wächst jeder Landwirt auf", sagte Stadler zwar. Extremwetterereignisse wie Dürren und Stürme nähmen aber zu – "sowohl in der Häufigkeit als auch in der Heftigkeit". Landwirte könnten sich mit Versicherungen schützen, die Gebühren seien allerdings noch hoch. Auch Graugänse, Engerlinge und Biber plagen laut Stadler viele Landwirte in Niederbayern. Ganze Äcker seien zerstört worden.

Die Unwetter suchten vor allem den Landkreis Passau heim, wie Hans Koller, BBV-Kreisobmann in Passau, erklärte. "Leider müssen wir heuer auch solche Katastrophenbilder liefern", sagte er. Im Landkreis Passau seien rund 9000 von insgesamt 60.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche vernichtet worden, teilweise zu hundert Prozent.

In Niederbayern werden über 225.000 Hektar Weizen angebaut. Hauptkultur ist der Winterweizen (110.000 Hektar), gefolgt von Körnermais und Gerste. "Unsere Region ist damit nach wie vor die Kornkammer Bayerns", sagte Stadler.



Der Deutsche Bauernverband präsentierte am Mittwoch ebenfalls seine Ernteaussicht. Der Dachverband rechnet mit einer leicht unterdurchschnittlichen Ernte. Aber: "Die Getreideernte wird rund fünf Prozent über dem Ergebnis von 2020 liegen", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied, der sich vorsichtig optimistisch zeigte: Nach der Hitze in den vergangenen Wochen habe sich die Lage in vielen Regionen nun entspannt. Mit dem Regen würden die Grundlagen für die gute Entwicklung der Herbstkulturen wie Mais, Rüben und Gemüse gelegt. "Die Bauern haben ein Lächeln im Gesicht", sagte Rukwied. Jetzt gehe es darum, was auf dem Halm stehe, in guter Qualität einzubringen. Auch er berichtete von Wetterextremen, die die Landwirtschaft belasteten. Es müssten starke Trockenperioden, Starkregen mit Hagel und Frost verkraftet werden.

− pnp/dpa