Grafenau
Na hawedehre – iatzt geht’s ums Strawanzn

14.09.2021 | Stand 21.09.2023, 1:43 Uhr


Auf alle Fälle kennt man das: "Wo wird er denn wieder umeinander strawanzn?" Damit ist jetzt nicht nur der Stofferl Well gemeint, der im Fernsehen durch die bayerischen Lande "strawanzt", damit können genauso gut die Katze oder der Kater gemeint sein oder der abwesende Lehrbub oder die Kinder, die sich gerade in der Ferienzeit irgendwo und unerreichbar aufhalten.

"Strawanzn" ist ein Begriff, mit dem sich schon viele Experten auseinandergesetzt haben. Die Brüder Grimm zum Beispiel beschäftigen sich ausgiebig mit der Herkunft dieses Wortes in ihrem "Deutschen Wörterbuch", das sie 1838 begonnen haben und das, sage und schreibe, nach mehreren Forschergenerationen im Jahre 1961 (!) fertig gestellt wurde. Darin beschreiben sie "strawanzn" als "sich müßig auf der Straße herumtreiben und nicht arbeiten, ein etwas liederliches, unstetes Leben führen."

Wurzeln liegen wohl in Italien

Den tatsächlichen Ursprung des Wortes finden sie dabei in dem italienischen "stravagante", was nichts anderes bedeutet als "sonderbar, seltsam". Bei der Nachverfolgung dieses Wortes treffen sie auf das mittellateinische "extravagari" – was mit "unstet, ausschweifend sein" in dieselbe Richtung verweist. (Eine Ergänzung nebenbei: man kann sich gut vorstellen, wie sich aus "extravagari" das Partizip, also das Mittelwort "extravagans" bildet, was als "extravagant" solche Menschen bezeichnet, die außergewöhnlich, ausgefallen oder auch, in heutigem Sinn, modisch auffallend sind. Im deutschsprachigen Raum hat sich "extravagant" aus dem französischen "extravagance" bereits im 18. Jahrhundert etabliert).

Aber zurück zu unserem "strawanzn". Prof. G. Vogelsang findet einen weiteren Zugang wieder im Bereich des Lateinisch-Italienischen. "Strawanzn" ist dort zusammengesetzt aus den Wörtern "in strada va-gare" (strada = Straße; vagare = umherschweifen). Dabei stellt er "vagare" zugleich auch als Ursprung unseres "Vagabunden" fest. "In strada vagare" lässt sich übersetzen in die Bedeutungen "auf der Straße umherschweifen, – streifen, herumspazieren, bummeln", kann aber, genauso gut und nicht so positiv gesehen, "sich auf der Straße herumtreiben", "auf der Gasse herumhängen" bedeuten.

Unterschiedliche Wortdeutungen

Eine weitere Erklärung liefert Prof. Dr. Pohl, der von vornherein feststellt, dass "strawanzen" schwierig zu deuten ist. Er verweist auf das mittelhochdeutsche Wort "stranzen", das, wie im Lateinischen auch, "müßig gehen" bedeutet.

Wie bereits erwähnt, positive wie negative Auslegungen wechseln sich ab. Im "Grimm’schen Wörterbuch" wird ein "Strawanzer" als "ein arbeitsscheuer Mensch bezeichnet, der keinen bestimmten Erwerbszweig hat, der sich viel auf der Gasse herumtreibt, besonders auch in Begleitung zweideutiger Frauenpersonen, ein liederlicher Mensch."

Eines aber ist gewiss: wo sich einer, der strawanzt, gerade aufhält, das weiß man nie ganz sicher. Auf alle Fälle aber wird einem "Strawanzer" das Leben nie langweilig. Er ist neugierig, an allem interessiert, will wissen, was los ist auf der Welt.

Und einem Stofferl Well, der uns die bayerischen Lande und die bayerische Lebensart als "Strawanzer" so leger und unterhaltsam nahe bringt, hören und schauen wir immer gerne zu. Nicht zu vergessen der "Monaco Franze". Der war ein "Stenz", das steht fest, aber war er nicht auch ein "Strawanzer", wie er im Buche steht?

− rei