Freilassing
Mutter sucht nach Weihnachtsmann – und erhält viel Unmut

Die 38-jährige Freilassingerin Nicole Eigenwillig findet: "Jeder sollte doch so feiern dürfen, wie er möchte"

16.12.2020 | Stand 20.09.2023, 5:22 Uhr

Bei Nicole Eigenwillig und ihren Kindern kommt an Weihnachten seit jeher der Weihnachtsmann – wohl auch heuer. −Foto: privat

Egal ob bekannte oder weniger bekannte Freilassinger Gesichter – sie alle sollen bei unserer Serie "Auf einen Spaziergang mit..." die Gelegenheit haben, Geschichten aus dem Leben zu erzählen. Nicole Eigenwillig spricht dabei mit der Heimatzeitung über eine unliebsame Überraschung: Weil die gebürtige Sächsin nach einem schwierigen Jahr ihren Kindern zu Weihnachten eine Freude bereiten möchte, machte sich die 38-Jährige in der Facebook-Gruppe "Du kommst aus Freilassing..." auf die Suche nach einem Weihnachtsmann. Die Reaktionen fielen dabei zum Teil recht bösartig aus.

Frau Eigenwillig, Sie wollten via Facebook einen Weihnachtsmann-Darsteller finden. Wie ist es dazu gekommen?
Nicole Eigenwillig: Meine Kinder sind neun und zehn Jahre alt. Ich wollte ihnen gerade nach diesem so schweren Jahr für uns alle eine Freude bereiten, indem wir schön Weihnachten feiern. Wahrscheinlich ist es sowieso das letzte Jahr, an dem sie das noch glauben. Eigentlich hatte ich auch schon einen Weihnachtsmann bei der Hand, aber der fällt jetzt aus, weil er sich den Arm gebrochen hat. Also habe ich mir gedacht, ich probiere es einfach mal mit einer öffentlichen Suche.

Welche Reaktionen haben Sie erhalten?
Eigenwillig: Zunächst einmal war ich wirklich überrascht, was ich mit meiner Frage ausgelöst habe und auch ein wenig schockiert und traurig, weil zum Teil waren wirklich sehr bösartige Kommentare dabei. Einige haben mir sehr deutlich gemacht, dass ein Weihnachtsmann hier nichts zu suchen habe und hier nur das Christkind kommen dürfe. Ich finde es schade, dass einem diese Meinung so aufgedrückt wird. Eine Schreiberin hat sogar gemeint, wenn meine Kinder das in der Schule erzählen, werden sie ausgelacht, was definitiv noch nie der Fall war. Multikulti hält zum Glück auch in Bayern Einzug und jeder sollte doch so feiern dürfen, wie er das möchte.

Und das ist bei Ihnen eben mit dem Weihnachtsmann.
Eigenwillig: Ich wohne seit 2004 in Freilassing und habe mich hier sehr gut eingelebt. Deshalb weiß ich natürlich, dass hier bei fast allen Familien das Christkind kommt. Aber ich stamme aus dem Erzgebirge in Sachsen, da bin ich mit dem Weihnachtsmann groß geworden. Deshalb habe ich mich auch über einen Kommentar gewundert, bei dem der Schreiber meinte: "Danke Coca Cola". Denn das gab es damals bei uns im Osten ganz bestimmt nicht. Ich finde den Brauch einfach sehr schön, wenn die Kinder aufmerksam auf jedes Geräusch hören und alle ganz aufgeregt sind, weil sie bald ein Gedicht aufsagen müssen. Umso größer ist dann die Freude, wenn sie danach dann Geschenke bekommen. Diese Momente sind einfach unbezahlbar.

Sie geraten ja regelrecht ins Schwärmen.
Eigenwillig: Ja, wie gesagt: Ich stamme aus dem Erzgebirge. Das ist das Weihnachtswunderland und diesen Zauber und diese Tradition, die ich erlebt habe, möchte ich auch an meine Kinder weitergeben. Bisher hat das super geklappt, weil sie freuen sich jedes Jahr wieder und sind begeistert. Und wenn sie alt genug sind, sollen sie dann selber entscheiden, wie sie es handhaben wollen. Das gilt auch für den Glauben, weil jetzt gehören wir keinem an.

Glauben Sie dennoch, dass Sie mit ihrem Aufruf noch Erfolg haben werden?
Eigenwillig: Das ist tatsächlich nicht so leicht, weil es muss ja auch jemand sein, den die Kinder nicht erkennen. Aber es hat sich bereits jemand gemeldet. Jetzt hoffe ich, dass das auch klappt. Nach diesem Jahr wäre das wirklich wichtig.

Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Eigenwillig: Ich arbeite in der Gastronomie in der Juhasz-Tagesbar in Bad Reichenhall. Bis Dienstag durften wir zumindest Essen to go anbieten, aber mit der Schließung des Kaufhauses ist das jetzt auch hinfällig und wir haben – genau wie im Frühjahr – wieder komplett zu. Auch das Home Schooling war für alle keine schöne Erfahrung. Denn wenn die Mama etwas sagt, ist es doch etwas anderes als bei einem Lehrer. Für die Kinder war es aber überhaupt eine schwere Zeit, weil ihnen einfach soziale Kontakte fehlten. Das ist bei meiner Tochter jetzt auch wieder schwierig, weil es nach dem Schulwechsel im September ja kaum Gelegenheit gab, dass sich die Klasse wieder neu zusammenfinden kann.
Es spazierte Franz Eder.