„Reale“ und „kreative Selbstverteidigung“
Landshuter holt erneut zwei Titel bei World Martial Arts Games in Slowenien

13.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:39 Uhr

„Er macht da schon einiges mit“, sagt der Goldmedaillengewinner Markus Hargesheimer über seinen Teampartner Harald Scheuenpflug, hier bei der kreativen Selbstverteidigung. Verletzen dürfe er ihn natürlich nicht – sonst heißt es von den Richtern „disqualifiziert“. −Foto: privat

Von Corinna Mühlehner

Ein 45-jähriger Landshuter hat jüngst bei den World Martial Arts Games jeweils Gold in den Disziplinen reale und kreative Selbstverteidigung geholt.



Jetzt sind die Titel wieder da, wo sie hingehören – zumindest, wenn es nach Markus Hargesheimer geht. Der 45-jährige Landshuter hat jüngst bei den World Martial Arts Games jeweils Gold in den Disziplinen reale und kreative Selbstverteidigung geholt. Beide Titel hatte er bei den vergangenen World Games 2021 in Österreich abgeben müssen, nachdem er sie 2019 in Kroatien erobert hatte.

Über 800 Teilnehmer aus 22 Nationen sind heuer am letzten Septemberwochenende bei den World Martial Arts Games in der Nähe des slowenischen Maribor an den Start gegangen. Die World Games seien so etwas wie die „indirekte Weltmeisterschaft“, erklärt Markus Hargesheimer, auch wenn sie offiziell diesen Titel nicht innehaben. „Bei der Disziplin Selbstverteidigung gibt es nichts Höheres.“ Grundsätzlich sei diese Disziplin stiloffen, soll heißen: Jeder kann antreten, egal, welchen Kampfkunststil er praktiziert. „Das ist ein bunt gemischtes Teilnehmerfeld“, sagt Hargesheimer.

„Reale“ und „kreative Selbstverteidigung“

Er selbst praktiziert Wing Chun Kung Fu – und habe damit gerade in der Disziplin „reale Selbstverteidigung“ einen gewissen Vorteil. „Bei der realen Selbstverteidigung geht es um die Anwendbarkeit“, erklärt Markus Hargesheimer. Und die stehe beim Wing Chun ohnehin im Vordergrund. Bei der kreativen Selbstverteidigung werde dagegen eine zuvor einstudierte Vorführung gezeigt. Bei beiden Disziplinen tritt der Teilnehmer mit einem Partner aus seinem eigenen Team an. „Das muss auch jemand aus dem eigenen Team sein, sonst würde da vermutlich beim ersten Schlag schon bei einem das Licht ausgehen“, erklärt Hargesheimer und lacht.

Schnelligkeit und Härte

Bei der realen Selbstverteidigung ist Schnelligkeit und auch Härte gefragt. Die Kontrahenten stehen zu Beginn Rücken an Rücken. Dann wird dem Angreifer, also dem Partner, von den Richtern mit Hilfe einer Karte angezeigt, welche Art von Angriff er machen soll. „Das können zum Beispiel Haltegriffe, Faust-, Fuß- oder auch Waffenangriffe sein“, erklärt Markus Hargesheimer. Wenn das Kommando gegeben wird, drehen sich die Wettkampfpartner um und der zuvor gezeigte Angriff wird möglichst rasch und kräftig ausgeführt.

„Die reale Selbstverteidigung ist sowas wie die Königsdisziplin“, weiß Markus Hargesheimer. Denn: Hier muss der Geprüfte innerhalb einer Zehntelsekunde reagieren und sich bestmöglich verteidigen, ohne den Angriff vorher zu kennen. „Da kann man nur instinktiv reagieren und es kommt drauf an, wie gut man das verinnerlicht hat.“ Verschiedene Kriterien fließen dabei in die Bewertung ein – auch, wie konsequent der Angriff durch den Teampartner erfolgt. Langsame Angriffe, um dem anderen mehr Zeit zum Reagieren zu geben, wären also kontraproduktiv.

Produktionsleiter bei BMW

Diese Gefahr gibt es bei Hargesheimer und seinem Teampartner Harald Scheuenpflug nicht. „Bei den World Games sind sogar die anderen Nationen zu uns gekommen und haben gesagt: ,Wahnsinn, wie hart und schnell ihr das macht. Aber... Mögt‘s ihr euch etwa nicht?‘“, erinnert sich Markus Hargesheimer und lacht.

Doch, die beiden mögen sich. Immerhin arbeiten sie sogar zusammen. Teampartner Harald Scheuenpflug ist nämlich als Ausbilder in der Landshuter Wing-Chun-Kung-Fu-Schule tätig, die Markus Hargesheimer seit 2006 neben seinem Beruf als Produktionsleiter bei BMW betreibt. „Er macht bei den Wettkämpfen aber schon einiges mit“, weiß Markus Hargesheimer. Verletzt darf natürlich niemand werden. „Da ist man auch automatisch disqualifiziert“, betont er.

Kokosnüsse mit Faust zerschlagen

Sowieso müsse alles zusammenpassen. Da sei auch die Vorbereitung ganz wichtig. Die hat Markus Hargesheimer unter anderem in Bad Reichenhall absolviert. Und das unter prominenter Anleitung durch Peter Wetzelsperger. Der ist nicht nur mehrfacher Weltmeister in unterschiedlichen Disziplinen im Kampfsport, sondern auch ehemaliger Weltrekordhalter, weil er damals die meisten Kokosnüsse innerhalb einer Minute mit der Faust zerschlagen hat. „Das war eine Ehre, dass er sich die Zeit genommen hat, uns ein paar Tricks und Kniffe zu lernen“, schwärmt Hargesheimer.

Dass am Ende alles gepasst hat, zeigen die beiden Goldmedaillen, die sich Hargesheimer mit großem Punktevorsprung geholt hat. „Der Hauptkampfrichter meinte im Anschluss, dass uns an diesem Tag keiner hätte schlagen können“, freut sich der Landshuter. „Das war dann wie ein Ritterschlag.“

Fünf Mal Gold und acht Mal Silber hat Markus Hargesheimer mittlerweile bei den World Games geholt. Und was ist das nächste Ziel? Die Antwort kommt schnell: „Die Titel da zu lassen, wo sie sind.“