Fotografie
Kühl und perfekt: Gunter-Sachs-Ausstellung in München

"Kamerablick": Fotograf Gunter Sachs im Münchner Künstlerhaus

27.07.2020 | Stand 14.07.2023, 14:25 Uhr

Inspiriert von Giuseppe Arcimboldo (um 1526–1593): Gunter Sachs’ "Sommer" von 1991 aus der Vier-Jahreszeiten-Serie mit dem deutschen Model Claudia Schiffer als Motiv. −Foto: Estate Gunter Sachs

Seinen ersten, 1974 publizierten Fotoband nannte Gunter Sachs (1932–2011) "Mädchen in meinen Augen". Der Titel hatte Signalwirkung und beschreibt sein ungeschriebenes Programm: perfekte Frauenkörper ästhetisch in Szene zu setzen. Dass der millionenschwere Industriellensohn in der jungen BRD nur als Playboy wahrgenommen wurde, er die Klatschspalten mit Kurzzeit-Ehefrau Brigitte Bardot füllte und für Society-Events zwischen St. Tropez und St. Moritz stand, versperrte lange den Blick auf ein künstlerisches Werk, zu dem fünf Filme und unzählige Fotografien zählen.

Im Sommer lockt das Münchner Künstlerhaus nun mit der "Kamerakunst" des Gunter Sachs, der einem unglaublichen Perfektionismus verpflichtet war.

90 Aufnahmen dokumentieren das breite Themenspektrum aus Porträts, Akten, Landschaften und Modeaufnahmen für Vogue oder Haper’s Bazaar. Denn Sachs war zwar Autodidakt, aber in seinem Metier Profi. Sein finanzieller Background ermöglichte ihm auch, mit neuestem und teuerstem technischen Equipment zu arbeiten. So sieht man denn auch viele digital bearbeitete Bilder – damals noch ein Novum. Auch nutzte er bekannte Techniken wie Langzeitbelichtung und Montage für serielle Arbeiten. Eine Aufnahme von Christos verhülltem Berliner Reichstag etwa kombinierte er mit einer Reihe hüllenloser, in Cellophan gehüllter Frauen.

Die frühen Pariser Jahre machten den studierten Mathematiker und Wirtschaftler auch zum Kunstkenner und Sammler: Fotografen, von denen einige wie Cartier-Bresson, Jay Ullal oder Will McBride auch gezeigt werden, Maler wie Andy Warhol, aber auch Yves Klein, De Chirico und Salvador Dalì. Dessen Einfluss manifestierte sich in experimentellen Kompositionen mit surrealistischem Touch wie einer Wüste mit Knochen. Dass ihn auch die Kunstgeschichte inspirierte, erkennt man in der Serie "Vier Jahreszeiten", wo er Claudia Schiffers Kopf im Stile Arcimboldos mit Pflanzen dekorierte.

Das Model war einer seiner Musen, die er nicht nur für das legendäre Vogue-Cover "Hommage à Gruau. Chapeau" inszenierte, sondern auch in verschiedenen "Heldinnen"-Rollen wie Cleopatra oder Jeanne d’Arc, kostümiert im Stil der jeweiligen Epoche festhielt, letztlich immer als makellose Schönheit. Coole Glätte ohne Irritationen findet sich eigentlich bei allen Bildern, eine Hochglanzästhetik, die längst überholt worden ist. Dagegen wirkt seine originelle Mode-Kampagne für die Firma Bally fast subversiv: reduziert er doch ausnahmsweise Frauen auf schöne Beine mit elegantem Schuhwerk!

Barbara Reitter


Bis 30.8., Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz 8, Mo. 11–20, Do.–So. 10.30–18.30, Sommerkino sonntags um 11 Uhr