Kinder werden immer geboren

Was rund um die Geburt in aktuellen Corona-Zeiten aber anders abläuft als sonst, davon erzählt Hebamme Saskia Greifenstein

09.10.2020 | Stand 19.09.2023, 22:17 Uhr
Mona Ickert

Besondere Zeiten, besondere Maßnahmen: Hebamme Saskia Greifenstein hält ihre Geburtsvorbereitungskurse seit Beginn der Pandemie online ab. −Foto: Privat

Plattling/Aholming/Deggendorf. Wer in Plattling wohnt und schwanger ist oder war, kennst sie bestimmt – Hebamme Saskia Greifenstein. Neben Geburtsvorbereitungskursen und Rückbildungsseminaren ist sie als Beleghebamme im Klinikum Deggendorf für viele Plattlinger Mütter und Kinder da gewesen. Dass sich in Zeiten von Corona aber vieles von den Abläufen bei und vor der Entbindung geändert hat, kann durchaus verwirrend und auch anstrengend für alle Beteiligten sein.
Die Hebamme weiß, wie schwierig es sein kann, dass werdende Mütter und Väter sich an die umständlichen, aber notwendigen Corona-Auflagen halten.
Als freiberuflich tätige Hebamme hat Greifenstein zwei große Aufgabenbereiche. Auf der einen Seite ist sie für Entbindungen im Kreißsaal zuständig, auf der anderen Seite ist sie "ambulant" unterwegs. Das heißt, sie gibt Kurse zur Vorbereitung auf die Geburt oder zur Rückbildung danach und macht Hausbesuche bei den frischgebackenen Müttern. Zu Beginn der Corona-Pandemie musste die Hebamme eine Lösung finden, wie sie viele ihrer Aufgaben anders umsetzen kann. Seither finden ihre Kurse und teilweise auch die Nachsorge-Termine per Video-Anruf statt.
Dass dieses neue Format der Schwangerschaftsvor- und -nachbereitung nicht nur Nachteile hat, erstaunt die Hebamme: "Ehrlich gesagt bin ich überrascht gewesen, wie gut die Online-Kurse funktionieren. Natürlich geht der ungezwungene Austausch unter den Schwangeren ein wenig verloren, da diese vor der Kamera nicht ganz so offen über alles reden wie in meinem Kursraum – oder auf dem Flur davor. Aber sonst läuft es sehr gut! Dadurch, dass die jungen Mütter im Rückbildungskurs ihren Ton beispielsweise ausgeschaltet haben, sind viele weniger abgelenkt und können sich dadurch besser auf die Übungen konzentrieren."
Im Vorbereitungskurs geht es vor allem um die Klärung von Fragen zum Ablauf der Geburt. Meist zehn bis zwölf Teilnehmerinnen bekommen neben Atemübungen alles rund um die Entbindung erklärt und gezeigt. Da Saskia Greifenstein den Müttern in spe wie gewohnt "Hausaufgaben" geben kann und während des Kurses vor allem geredet, gefragt und geklärt wird, ist das Online-Format auch hier kein Problem.
Trotzdem freut sich die Hebamme auf eine Zeit, in der Plattlinger Schwangere wieder zurück in ihren Kursraum kommen dürfen, wenn die Rahmenbedingen es zulassen.
Was der Aholmingerin dagegen Sorgen macht, ist die Tatsache, dass sich bei der Geburt nicht alle an die Regeln des Klinikums Deggendorf halten. Durch die steigenden Infektionszahlen wurden hier die Sicherheitsmaßnahmen wieder verstärkt. Bei einer Geburt läuft das Prozedere nun so ab: Die schwangeren Frauen werden bei der Ankunft im Krankenhaus sofort auf Corona getestet. Solange das Ergebnis noch nicht vorliegt, muss jede Schwangere wie eine positiv getestete Person behandelt und isoliert werden.
Der Partner der Mutter hat hingegen zwei Optionen: Entweder er kommt mit in das Krankenhaus und muss von diesem Zeitpunkt an immer bei seiner schwangeren Frau bleiben, bis das Kind zur Welt gekommen ist – was sich teilweise über mehrere Tage ziehen kann. Oder er bringt seine Frau nur an die Tür des Klinikums, geht wieder nach Hause und wird dann von der Partnerin dazu gerufen, sobald die Wehen einsetzen.
Und hier liegt das Problem, wie Saskia Greifenstein erklärt: "Da wir nicht zusätzlich zur Mutter auch den Vater auf Corona testen können, muss der Partner einen Fragebogen ausfüllen. Hier ist es bereits vorgekommen, dass Falschaussagen getroffen wurden und der tatsächlich positiv auf Corona getestete Vater im Krankenhaus dabei war."
Größte Sorge der Hebammen und des Klinikums sei es natürlich, dass durch solches Fehlverhalten Mitarbeiter oder Hebammen angesteckt werden und somit das ganze Team in Quarantäne muss.
Daher bitten die Hebammen alle Begleitpersonen dringend darum, ehrlich auf die Fragen zu antworten. Die zweite wichtige Regel ist, dass werdende Väter das Krankenhaus tatsächlich nicht verlassen dürfen, bis das Kind zur Welt gekommen ist. So soll die Ansteckungsgefahr weiter minimiert werden. Glücklicherweise würden sich aber, so Greifenstein, die meisten an die vorgegebenen Regeln halten und sich höchst kooperativ und kollegial verhalten. Dass wir für Ende dieses Jahres und im kommenden Frühjahr mit relativ vielen Neugeborenen rechnen können, weiß Saskia Greifenstein mit einem Augenzwinkern durch die Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Pandemie zu erklären. Also ja, auch in Zeiten von Corona werden Kinder geboren. Man könnte sogar sagen: Sie werden gerade in Zeiten von Corona geboren.