Berchtesgaden/Ramsau
Keine Seilsicherung am Watzmann: Vorwürfe nach schwerem Unfall

14.11.2019 | Stand 22.09.2023, 1:04 Uhr

Schwindelfrei sollten Bergsteiger bei der Watzmann-Überschreitung schon sei. Auf 500 Metern sichern Seile Leben. 90 Prozent der Strecke bleiben ungesichert. Ganz bewusst: Immerhin handelt es sich um hochalpines Gelände. −Foto: Berchtesgadener Land Tourismus

Die Watzmann-Überschreitung gilt als anspruchsvolle, hochalpine Tour, die nur auf wenigen hundert Metern gesichert ist. 2017 hat der Nationalpark Berchtesgaden im Zuge einer Sanierung rund 150 Meter Seilversicherungen entfernt. Im August dieses Jahres stürzte eine 22-jährige Brandenburgerin während der Überquerung ab und verletzte sich lebensgefährlich. "Das wäre mit den Seilen nicht passiert", sagt der Ramsauer Bergführer Hubert Nagl, der seit zwei Jahren mit Vehemenz fordert, "die Seilversicherungen wiederherzustellen".

Tausende Berggeher sind es jedes Jahr, die die Watzmann-Überschreitung wagen. Darunter Bergfexe, aber auch solche, die der Unternehmung "weder physisch noch psychisch gewachsen sind", weiß Rudi Fendt von der Bergwacht Ramsau. Fendt sagt: "Mehr als die Hälfte sind überfordert." Fendt hat im Laufe der Jahre als aktiver Bergretter unzählige Erschöpfte geborgen. Viele, die sich nicht mehr trauten weiterzugehen, weil das Gelände sie überforderte, weil die Kondition nachließ und der Anruf bei der Bergrettung das einzige in dem Moment Mögliche schien. "Das muss man erst mal in seinem Kopf verarbeiten, wenn man auf dem Watzmann-Grat steht und neben dir geht es rechts und links hunderte Meter runter. Das ist atemberaubend", sagt Fendt. Nicht jeder verkraftet das.

Hubert Nagl ist Bergführer. Er verdient mit Bergtouren sein Geld, auch mit Watzmann-Überschreitungen. Kein Verständnis hat er für die vom Nationalpark durchgeführte Entfernung der Stahlseile. "Die Tour ist deutlich schwieriger und gefährlicher geworden", sagt er.

Auf Nachfrage beim Nationalpark Berchtesgaden heißt es, die Watzmann-Überschreitung sei "nach den Sanierungsarbeiten nicht als schwieriger einzustufen als vorher".

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