Podcast von Hengameh Yaghoobifarah
In fremde Taschen hören: "Auf eine Tüte" handelt von Persönlichkeit

08.04.2022 | Stand 25.10.2023, 11:49 Uhr


"Auf eine Tüte" – dieser Podcast-Titel lässt einiges vermuten. Vor allem, weil unter den einleitenden Jingle ein Feuerzeug-Klicken, Ziehen und Husten gemixt sind. Anders als vielleicht erwartet, wird in der Show von Hengameh Yaghoobifarah aber kein dicker Joint hin und her gereicht, sondern was auch immer die Gäste in einer Tüte mitbringen. Das kann, wie im Fall der Rapperin Nura, zwar auch etwas zum Rauchen sein, Kosmetik oder Broschüren sind aber genauso dabei.

Yaghoobifarah ist im Journalismus tätig, wohnt in Berlin und erregte 2020 Aufsehen mit Polizei-Kritik in der taz-Kolumne "Habibitus": Der damalige Innenminister Horst Seehofer hatte daraufhin mit einer Strafanzeige gedroht. Vergangenes Jahr veröffentlichte Yaghoobifarah den ersten Roman "Ministerium der Träume". Der Podcast startete im April 2020.

In "Auf eine Tüte" erhaschen die Hörer und Hörerinnen nicht nur einen Blick in die Tüten der Gäste aus Popkultur und Politik. Yaghoobifarah öffnet gemeinsam mit ihnen auch andere "Bags" aus Leben und Alltag. Zu Besuch sind zum Beispiel Autorin Alice Hasters oder Satiriker Aurel Mertz.

Den Anfang macht immer die Frage: "What‘s in your bag?" An dieser Stelle beschreiben die Gäste den Inhalt ihrer Tasche.

Als zweite Kategorie folgt der "Emotional Baggage", die Gefühle, die die Personen mit sich herumschleppen. Hier geht es um alles, was belastet und bewegt. Nach diesem eher tiefgründigen Teil kommt aber gleich ein positiver: die "It-Bag". Wen oder was feiert der Gast gerade?

Die "Katze im Sack" wechselt als vierte Frage in den Bereich der persönlichen Entwicklung: "Was ist etwas, wofür du dich früher geschämt hast und heute nicht mehr?", heißt es dann.Mit der Kategorie "Eingetütet" geht es direkt mit den Stärken der Gäste weiter.

Jede Folge des Podcasts schließt außerdem mit der "Schultüte" ab. Hier packen die Gäste rein, was sie anderen gerne mit auf den Weg geben wollen.

Durch dieses abwechslungsreiche Tüten-Konzept werden die Episoden nicht langweilig. Der Sprung vom emotional-tiefgründigen Teil zur It-Bag mag ab und zu groß sein, aber das haben Taschen eben so an sich: Ihr Inhalt kann überraschen. Die einfühlsame Moderation hält fürs Hörerlebnis aber alles zusammen.

Daher schade, dass im November die letzte Folge erschienen ist. Passenderweise geht es darin ums Loslassen. Und auch wenn die Staffel damit abgeschlossen ist: Wer in Podcasts mehr sucht als Nachrichten, True Crime oder Lifestyle und gerne tiefer in interessante Persönlichkeiten eintaucht, kommt in "Auf eine Tüte" auf seine Kosten. Und lernt ganz nebenbei, den Inhalt von Taschen künftig mit anderen Augen zu betrachten.

Sarah El Sheimy