Corona-Pandemie
Grenzlandräte schlagen Alarm: Fünf Forderungen an Söder und Merkel

Acht Politiker wenden sich mit Forderungskatalog an Kanzlerin und Ministerpräsident

21.02.2021 | Stand 21.09.2023, 23:38 Uhr

−Foto: Christian Karl

Acht Landräte aus dem bayerisch-tschechischen Grenzland haben ein Eckpunktepapier zum weiteren Vorgehen in der Pandemie erstellt. Sie fordern fünf Punkte von Kanzlerin und Ministerpräsident.

Die Landräte entlang der bayerisch-tschechischen Grenze sind über die Maßen besorgt. Sie haben derzeit im bayerischen und deutschen Vergleich mit zum Teil hohen bis sehr hohen Coronafallzahlen und 7- Tage-Inzidenzen zu kämpfen. Für die Kommunalpolitiker ist klar: Eine Vielzahl der Coronafälle steht im Zusammenhang mit der Nachbarschaft zur Tschechischen Republik, die vor kurzem als Virusvariantengebiet eingestuft worden ist.



Acht Landräte haben ein Eckpunktepapier zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Markus Söder sowie an die Gesundheitsminister und Innenminister des Bundes und des Freistaates Bayern geschickt. Das Papier ist mit "Sicherheit und Perspektive für Ostbayern" überschrieben. Es wird betont, dass sie in ihrem Konzept ein Baustein sehen, das Infektionsgeschehen besser zu beherrschen und Lebensqualität sowie Wirtschaftsstärke zu schaffen und zu sichern.

Neben Sebastian Gruber, dem Landrat von Freyung-Grafenau, der gegenüber Söder bereits am Freitag auf die besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie im Grenzraum aufmerksam gemacht hat, zeichnen als Verfasser des Papiers: Rita Röhrl (Regen), Franz Löffler (Cham), Thomas Ebeling (Schwandorf), Andreas Meier (Neustadt a.d. Waldnaab), Roland Grillmeier (Tirschenreuth), Peter Berek (Wunsiedel) und Oliver Bär (Hof).

Nachdem in Bayern und Deutschland über Öffnungen im Wirtschaftsleben sowie im privaten und schulischen Bereich diskutiert wird und einzelne Punkte bereits umgesetzt sind, wünschen sich die Landräte diese Perspektive für alle Regionen Bayerns. In ihrem Papier stellen sie deshalb fünf Forderungen auf:

Forderung 1: Die Testkapazitäten in den Grenzregionen werden wesentlich ausgebaut. Dazu werden in jedem Landkreis zusätzliche Schnellteststationen betrieben. Dabei unterstützen Bund und Land mit Personal und Material. Darüber hinaus werden allen Unternehmen Schnelltests zur Verfügung gestellt und Mitarbeiter im Umgang mit diesen geschult. Die Zahl der wöchentlich zur Verfügung gestellten Tests orientiert sich an der Zahl der Mitarbeiter. Die Landkreise begleiten die Teststrategie mit einem Monitoring, um Erkenntnisse anderen Regionen zur Verfügung stellen zu können. Ziel ist es, das Risiko einer Ansteckung des Virus an Orten, an denen Menschen unweigerlich aufeinander treffen, erheblich zu minimieren, Infizierte zu identifizieren und die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Forderung 2: Die tschechischen Grenzpendler können unabhängig von der Systemrelevanz ihre Arbeit aufnehmen. Voraussetzung ist das Vorliegen eines negativen Coronatests, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Nach Möglichkeit sollte täglich ein Coronatest durchgeführt werden. Umfassende Grenzkontrollen aller Einreisenden sind beizubehalten. Grenzpendler müssen sich nach ihrer Einreise auf direktem Weg zu ihrer Arbeitsstätte begeben und diese nach Ende der Berufstätigkeit auf direktem Wege wieder verlassen. Eine gemeinsame grenzüberschreitende Strategie sollte erarbeitet werden. Ziel ist es, die Wirtschaftskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Unternehmen entlang der tschechischen Grenze unter besonderer Berücksichtigung des Infektionsgeschehens in den tschechischen Nachbarregionen aufrecht zu erhalten.



Forderung 3: Für den Einzelhandel und die Gastronomie wird eine inzidenzunabhängige Öffnungsstrategie umgesetzt. Im Gegenzug zur Öffnung werden erhöhte Anforderungen an das Hygienekonzept vor Ort gestellt. Dies umfasst insbesondere eine betriebliche Teststrategie des Personals und – abhängig von Inzidenzwerten – ein regionales Testangebot und Testkonzept der Kunden unter Einbeziehung der Schnellteststationen. Es erfolgt eine Begleitung und Überwachung der Hygienekonzepte. Ziel ist es, dem Einzelhandel, ebenso wie der Bevölkerung, eine deutschlandweit einheitliche Perspektive zu bieten, unabhängig von geografischer Lage und daraus resultierenden Inzidenzwerten. Damit werden Einkaufsströme in andere Regionen vermieden. Durch die Einbindung der Gastronomie werden Zusammenkünfte aus dem privaten in den öffentlichen Bereich verlagert und Zusammenhänge besser ermittelbar.

Forderung 4: Ein Immunisierungskonzept wird erarbeitet. Dieses sieht zum einen den Ausbau der Impfkapazitäten vor Ort vor. Zum anderen bieten wir uns an – soweit in anderen Regionen Impfstoff nicht in ausreichender Geschwindigkeit verimpft werden kann und gelagert werden müsste – diesen in den bayerischen Grenzregionen zu impfen. Ziel ist es, die Bevölkerung vor Ort zu schützen, die Inzidenzwerte zu senken und damit gleichsam einen Schutzgürtel für benachbarte Regionen zu schaffen, um so die Ausbreitung des Virus und von Virusvarianten einzudämmen.

Forderung 5: Ein Öffnungskonzept für Schulen und Kindertageseinrichtungen wird erarbeitet. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen möglichst zügig Präsenzunterricht bzw. Kindertagesbetreuung anzubieten. Dazu wird bei höheren Inzidenzen ein besonderes Hygiene- und Testkonzept umgesetzt, das modellhaft begleitet und dynamisch angepasst wird. Ziel ist eine bestmögliche Planbarkeit und Verlässlichkeit für die Schulfamilie, weshalb Vorlaufzeiten zu berücksichtigen sind. Lehrkräfte und Erzieher werden prioritär geimpft.