Für die Autos um die Welt

Magazine und umgebaute Autos sind schon von Kindesbeinen an die Leidenschaft von Michael Schmidbauer aus Triftern. Als freier Chefredakteur von "Kustom Life", einem Auto-Heft, hat der 38-Jährige seine beiden Passionen verbunden.

10.11.2018 | Stand 10.11.2018, 4:00 Uhr

Schreiben ja, schrauben nein: Einen echten Schatz hat Michael Schmidbauer dennoch in seiner Garage: einen 1960er Pontiac. −Fotos: Nöbauer

Den Kaffee schwarz? Mit Zucker?

Bitte lieber eine heiße Schokolade, keinen Kaffee.

Ist Kaffee nicht ein Lebenselixier für einen Journalisten?

Ich habe keine festen Arbeitszeiten, ich kann arbeiten, wann ich will. Es kann vorkommen, dass ich die Nacht durcharbeite, dafür am Tag weniger mache. Ich schaffe das aber ohne Kaffee.

War Journalist schon immer Ihr Berufswunsch?

Ja, es hat aber lang gedauert, bis ich es gemacht habe. Mit elf Jahren, Anfang der 90er, habe ich mein erstes Magazin gekauft, ein Computerspiel-Magazin. Damals habe ich gedacht: Wie cool muss es sein, in einer Redaktion zu arbeiten. Im Editorial gab es Fotos, wie es dort ausgesehen hat. Das waren richtige Freaks.

Keine Comics?

Schon, aber Magazine haben mich mehr interessiert. Mitte der 90er hat mein Vater mir mal Automagazine mitgebracht. Im Schulbus haben sie nur von VWs geredet, da hatte ich keinen Bock drauf. "Chrom und Flammen" hat das Magazin geheißen. Da habe ich amerikanische Autos gesehen, die Reaktion war: ,Oh Gott‘. Auf dem Cover war ein Auto des Amerikaners John D’Agostino. Der hat vor drei Jahren, als er in Deutschland war, bei Facebook ein Foto gepostet: Er steht in der Tankstelle mit meinem Magazin in der Hand und schreibt: ,Schaut, was ich in einer deutschen Tankstelle gefunden habe.‘ So schließt sich der Kreis. Mittlerweile habe ich ihn schon getroffen.Mit "meinem Magazin" meinen Sie "Kustom Life", bei dem Sie freier Chefredakteur sind. Wie funktioniert das Konzept?

Bei Printprodukten ist es schwierig heutzutage. Was ich mache, ist ein Szene-Magazin, schon eine öffentliche Publikation, aber klein. Das liegt daran, dass der Verlag auch klein ist. Für die Magazine suchen sie immer Leute direkt aus der Szene und geben uns dann die Möglichkeit, frei zu handeln.

Und wie ist es dann dazu gekommen?

Vor 16 Jahren, habe ich im Internet ein paar Leute kennengelernt, die auf traditionelle Hot Rods, Lowrider und Kustom Cars stehen. Da war ein Berliner dabei, der ein Szene-Magazin machte, das schon öffentlich zu kaufen war, aber halt nur im Internet oder auf Szene-Veranstaltungen.

Wie kam der Karrieresprung?

Eigentlich war ich als Medienfachwirt für Digital- und Printmedien in München und Umgebung tätig. Dort war ich auch bei einem Autoclub, zwei Mal im Jahr hatten wir eine große Party. Der Huber-Verlag hat mich nach einer solchen angeschrieben, ob ich Fotos habe. Ich hatte keine, habe sie aber gefragt, ob ich nicht ein paar Storys für sie machen könnte. Sie fanden das gut und ich habe was gemacht.

Wie kam es dann zum Chefredakteur-Posten?

Im Ruhrpott hatten wir vom Club aus das 1/8-Meile-Beschleunigungsrennen veranstaltet. Ich war der Rennleiter, bei mir gingen die Anmeldungen ein. Bei den Anmeldungen war dann die Mail von Frank Weckert dabei, dem Chef des Verlags, für den ich heute arbeite. Beim Rennen habe ich ihn getroffen, wir haben uns unterhalten. Ein paar Wochen später haben wir uns durch Zufall nochmal gesehen. Eines Tage habe ich ihn einfach gefragt, ob wir nicht ein Auto-Magazin herausbringen. Erst war er wenig begeistert. Zwei Wochen später klingelt beim Skifahren das Handy, wir haben einen Termin ausgemacht. Seine Nachricht: Wir machen das doch mit dem Heft. Ich war ganz überrascht. Eine Layouterin hatte er auch schon gefunden. Das war der Startschuss damals, 2012.

Wie sieht der Alltag aus?

Nicht wie in einer normalen Redaktion. Ich habe meinen Heftplan, den bekommen die Kollegen. Einer kümmert sich um die Werbung, macht aber auch Motorrad-Geschichten. Da müssen wir uns koordinieren. Der Verlagschef steuert auch was bei. Insgesamt sind wir vier Leute, aber es kommen auch von außerhalb Geschichten. Wir tauschen uns international aus, zum Beispiel mit den Franzosen. Ich mache Termine aus, für Fotos meistens am frühen Abend, weil mir da das Licht am besten gefällt. Die Storys schreibe ich meist nachts, oft sitze ich da zwischen 20 und 6 Uhr.

Immer wieder mal geht’s auch ins Ausland, oder?

Ja. Anfang des Jahres geht es immer nach Kalifornien. Ich war schon ein paar Mal in Japan, Finnland, Frankreich. Überall, wo es halt interessante Shows gibt. Dieses Jahr war ich auch schon in Ungarn, Norwegen und Polen.

Schreiben Sie lieber oder schießen Sie lieber Fotos?

Ich fotografiere gern. Das habe ich mir autodidaktisch beigebracht. Für mich ist das immer eine wichtige Zeit, weil da die Story entsteht. Auf den Treffen kommst du gar nicht so zum Reden. Wenn ich aber mit jemandem und seinem Auto zum Fotografieren gehe, habe ich Zeit. Wir suchen uns eine Location in der Umgebung und nehmen uns ein, zwei Stunden Zeit.

Und präsentieren dann diese Fotos auch auf Ausstellungen.

Ich habe beim Glasbau in Pfarrkirchen angefragt, das hat nicht geklappt. Kurz danach habe ich von der Retro Classics in Köln gelesen. Das ist Europas größte Oldtimer-Ausstellung. Für Köln hat GM jemanden gesucht, der eine Foto-Galerie macht. Da habe ich mich beworben – und bin ausgewählt worden. Zeitlich war das unpraktisch, weil ihnen das erst eine Woche vor der Messe eingefallen ist. Große Ausdrucke waren geplant, aber das ist zeitlich und finanziell nicht mehr gegangen. Die Fotos sind dann als digitale Ausstellung auf einer großen Leinwand gelaufen. Die Reaktion war durchweg positiv.

Sind weitere Ausstellungen geplant?

Ja, es ist geplant, dass ich demnächst hier was mache. Ich denke mal Richtung Winter, entweder in Pfarrkirchen oder Triftern.

Schrauben Sie auch selber?

Da fehlt mir die Zeit dazu, ich habe zu viel mit anderen Projekten um die Ohren.Also stehen keine Schätze in der Garage?

Doch, schon. Ein 1960er Pontiac, den habe ich seit 15 Jahren.

Gefahren wird aber...

... ein T4 VW Bus. Unspektakulär. Ist ein Baustellen-Auto, ein alter Bus vom Vermessungsamt. Und einen alten Mercedes habe ich. Solche fahre ich, seit ich 18 bin.

Warum immer alte Autos?

Das Alte hat mir schon immer gefallen, ich glaube das liegt in der Familie. Meine Oma hat immer alte Bauernschränke zusammengesucht, meine Mutter und Tante sind da ähnlich. Ich richte einen alten Bauernhof her, da kommen nur alte Möbel rein. Und mit den Autos: Die erlebt man ganz anders. Sie hören sich anders an, riechen anders. Da war Design noch was anderes.

Das Gespräch führte Alexander Nöbauer