Eggs weiße Frau als Fernseh-Star

Sky du Mont drehte für TV-Serie "Haunted" Beitrag über Konsul Hartls Begegnung mit dem Geist

25.06.2019 | Stand 25.06.2019, 4:00 Uhr

Schlossherr Georg Luitpold Hartl in der Prunk-Kemenate, in der auch König Max von Bayern die Weiße Frau erschienen war. Hier wurde für die arme Seele gebetet, wodurch sie – dem Vernehmen nach – erlöst worden sein soll. −Foto: Roland Binder

Egg. Viele Gäste besuchen das historische Kleinod Schloss Egg jedes Jahr, lassen sich durch die prächtigen Räume im ersten Stock führen und bestaunen den Innenhof. Der ist auch oft genug Kulisse für märchenhafte Hochzeiten, im Spiegelsaal werden die Paare getraut. Eine Braut, deren Eheschließung schon ein paar hundert Jahre zurück liegt, hatte allerdings weniger Glück. Sie erdolchte ihren ungeliebten Gatten, den Schlossherrn, noch in der Hochzeitsnacht, wurde auf der Flucht gestellt und im Schlosshof geköpft. Seither soll Dorothea von Degenberg als weiß gewandeter Geist mit dem Kopf unter dem Arm in Schloss und Schlosspark umgehen. Und das hat jetzt auch das Interesse des Fernsehsenders TLC geweckt. Schauspieler Sky du Mont führt durch die Sendung "Haunted", die sich ausschließlich mit "Seelen ohne Frieden" befasst. Dorotheas Geschichte war einen Beitrag wert, der am kommenden Freitag gesendet werden soll.

Konsul Georg Luitpold Hartl ist Schlossherr zu Egg und als solcher auch dort aufgewachsen. Von frühester Kindheit an ist ihm das alte Gemäuer, das in seinen Grundzügen aus dem 12. Jahrhundert stammt, bestens vertraut. "Für mich ist es völlig normal, hier zu wohnen", erzählt er, "das Schloss ist schließlich mein Zuhause." Deshalb gebe es auch keinen Ort, kein Zimmer und keine Stelle, an die er nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit gehen würde, ohne sich zu fürchten. Hartl ist als kongolesischer Honorarkonsul, Galerist und ehemaliger Seefahrer eine im besten Sinne schillernde Figur, der die niederbayerische Bodenständigkeit eine wohltuende Erdung verleiht. Deshalb sagt er auch ohne Umschweife, dass es keinerlei historischen Beleg für die Richtigkeit der Egger Geistergeschichte gebe. "Allerdings ist es eine alte Geschichte, die sich von vielen Leuten erzählt wird." Jede Geistergeschichte sei eine Mischung aus Dichtung und Wahrheit und erhebe keinerlei Anspruch auf historische Korrektheit, so der Schlossherr weiter. Demnach seien die Geschlechter derer von Eckh, wie man es damals schrieb, und der Nachbar-Grafen von Degenberg über die Jahrhunderte durch eine gemeinsame Historie von Streit und Feindseligkeiten verbunden gewesen. Die letzten Erben der verfeindeten Familien, Ritter Eckher von Eckh und Dorothea von Degenberg, sollten durch eine Ehe dem Streit ein Ende setzen. Doch bereits in der Hochzeitsnacht kommt alles anders. Dorothea erdolcht ihren frisch angetrauten Gatten und will über einen – teilweise heute noch erhaltenen – Geheimgang flüchten. Sie hat allerdings die Rechnung aufgestellt, ohne die Neugierde der Egger Frauen einzukalkulieren, die heimlich den zu vermutenden Aktivitäten einer Hochzeitsnacht lauschen wollten und schnell bemerkten, was passiert war. Die Frauen hielten die Mörderin auf, ihr wurde der Prozess gemacht und sie wurde im Schlosshof geköpft.

"All das passierte schon 1403", weiß Schlossherr Hartl. "Nun könnte man meinen, dass das schon so lange her ist, dass es längst nicht mehr wahr ist. Es spielt aber bis heutzutage eine Rolle." Genauer gesagt, bis vor wenigen Jahrzehnten tat es das. Einmal sei er von einer Einladung in eines der modernen Häuser in der Nachbarschaft von Schloss Egg nach Hause gegangen und habe die Abkürzung durch den Schlosspark genommen. "Es war tief in der Nacht. Die Atmosphäre beeindruckend," Entfernt habe von der Edenstettener Kirche die Uhr geschlagen. Die romantische Stimmung habe eine Erscheinung jäh unterbrochen, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ: Von einer Hainbuche sei eine kopflose Gestalt, in wallendes Weiß gewandet, herabgestiegen. "Vor sich hielt sie ein entstelltes Antlitz, eingerahmt von goldblondem Haar, in den Händen." Die Gestalt habe auf ihn aber nicht bedrohlich gewirkt, vielmehr Mitleid erregend. Sie sei nach einiger Zeit, als er auf sie zugehen wollte, auch wieder verschwunden. Hartl ging durch die auf einmal stockdunkle Nacht nach Hause und lauschte auf dem Weg in seine Wohnräume auch an der Tür der Schreckens-Kemenate im ersten Stock. Er hörte aus dem Inneren ebenfalls unwirklich klingende Klage- und Jammerlaute und schlief in der darauffolgenden Nacht extrem schlecht.

Auch König Max II. erschien der GeistDamit war er in bester Gesellschaft. Als Mitte des 19. Jahrhunderts der bayerische König Max den Bayerischen Wald bereiste und in Egg nächtigte, reiste er verfrüht ab, aus Hofkreisen war anschließend zu vernehmen, dass er "so schlecht wie noch nie" geschlafen habe und nachts eine schemenhafte weiße Gestalt in einem Betstuhl neben seinem Bett wahrgenommen habe, "wann immer er die Augen öffnete".

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts besuchte ein weitschichtiger Verwandter, Pater Casper Graf Ballestrem, die Hartls, beim Abendessen kam man auf die Geistergeschichte und der Priester tat die Erzählung nicht mit einer lächerlichen Bemerkung ab, sondern nahm den Spuk ernst. "Ich kann mich noch gut erinnern", sagt Hartl im Gespräch mit der DZ. "Er meinte, es gebe so viele Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht erklären könne und bestellte uns alle für den nächsten Vormittag in besagte Kemenate." Ob der Geistliche Erfahrung mit Exorzismen hatte, weiß Hartl nicht. "Aber er stimmte Gebete und lateinische Psalmen an und im ganzen Raum war ein Knistern, eine Spannung zu fühlen." Aus der alten Eichenvertäfelung habe man immer lauteres Knacken und Knarzen gespürt, dann einen kühlen Luftzug und anschließend ein Klimpern und Klirren an den in Blei gefassten Scheiben. "Es folgte ein langgezogener Schrei, eine Scheibe löste sich aus der Bleifassung und zersplitterte auf der Fensterbank." Der Pater habe noch ein Gebet gesprochen und die gesamte Runde verspürte ein Wohlgefühl. "Wir haben empfunden, dass sich ein positiver Genius loci in diesem Raum befand", erklärt Hartl. "Daran, nämlich an die Energie von Räumen, Plätzen und Orten, glaube ich durchaus. "

Die Dreharbeiten waren für Hartl und Gattin Eva ein Erlebnis, zumal die Hochzeitsnacht, der Mord und die Hinrichtung ebenfalls nachgestellt wurden. "Wir saßen gerade beim Abendessen, als die Schauspielerin im Brautkleid durch den Innenhof geführt wurde und dabei schrie "habt Erbarmen, habt Erbarmen. Das war auf jeden Fall hoch interessant und schon auch ein wenig gruselig."

Für Hartl sind Dreharbeiten mittlerweile Routine. Nach Bibi Blocksberg, "Fünf Freunde" und Bully Herbig waren die Arbeiten für den "Haunted"-Beitrag schnell vorbei. "Das Team war sehr freundlich und hoch professionell. Und auch um die Mieteinnahmen ist Hartl froh, gerade hat er wieder einen Teil des Dachs erneuert, auch an den Stützmauern stehen hohe Investitionen an. "Da ist jeder Euro wichtig."

Dass sich das Fernsehen für die weiße Frau interessiert, hat er gleich zum Anlass genommen, ein kleines Büchlein zu verfassen, in dem die Geschichte des Egger Hausgeistes erzählt wird. Es soll demnächst erscheinen. Der Beitrag im Fernsehen ist am Freitag, 28. Juni, um 20.15 Uhr in der Serie "Haunted – Seelen ohne Frieden" auf TLC zu sehen.