Passau
Dieb gestellt: So lief die filmreife Verfolgungsjagd durch Passau

04.02.2018 | Stand 19.09.2023, 6:06 Uhr

Ein Dieb hat in Passau die Rechnung ohne Werkstattmeister Philipp Werner gemacht. Nach einer wilden, gefährlichen Verfolgungsjagd quer durch Passau zog der Ganove den Kürzeren. − Foto: Zweirad Würdinger

Für die Mitarbeiter des Zweirad-Unternehmens Würdinger (Vilshofen/Passau/Plattling) ist Philipp Werner (38) eindeutig der Mitarbeiter des Monats und "unser ganz persönlicher Held des Tages". Was dem Werkstattmeister am Freitag Mittag widerfuhr, kennt man normalerweise nur aus TV-Krimis. Werner jagte quer durch die Dreiflüssestadt einen mit Haftbefehl gesuchten Dieb (52). Am Ende zog der Rumäne den Kürzeren − Polizeibeamte konnten den 52-Jährigen − mit Hilfe des Werkstattmeisters − stellen und anschließend festnehmen.

Aber der Reihe nach: Erst neulich hatte der Ganove ein hochwertiges E-Bike (4900 Euro) aus unserer Filiale geklaut", erzählt Fachverkäuferin Sandra Feucht von Zweirad Würdinger. Die Masche war dabei an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Er ließ sich beraten, bat um eine Probefahrt und ist dann mit dem Rad einfach mir nichts, dir nichts davon gefahren. Doch damit nicht genug: "Der Gipfel der Frechheit kommt erst noch", sagte Feucht gestern zur AS. Denn am Freitag kreuzte besagter Dieb wieder in der Passauer Filiale in der Regensburger Straße auf − und hat es tatsächlich mit der gleichen Masche versucht. Feucht: "Dass wir uns noch an ihn erinnern könnten, nahm er offensichtlich billigend in Kauf." Und ja, die Würdinger-Crew konnte sich natürlich an ihn sofort wieder erinnern.

Während den sportlich gekleideten Rumänen − sprach perfekt deutsch mit leichtem Akzent − Sandra Feucht beriet, rief ein anderer Mitarbeiter bereits die Polizei. Doch ehe diese eintraf, bat er doch tatsächlich wieder um eine Probefahrt. "Bevor wir etwas einwenden konnten, schwang er sich auf den Sattel und brauste davon. Doch diesmal waren wir bereits alarmiert und so startete unser Philipp eine wilde Verfolgungsjagd", schildert die Mitarbeiterin.

Mann flüchtet zu Fuß weiter

Der Werkstattmeister schwang sich also ebenso aufs Rad und folgte dem Ganoven. Dieser floh von der Regensburger Straße aus quer über die Fahrbahn stadteinwärts und über das Bahngleis. Philipp Werner unbemerkt hinterher. Als der dreiste Dieb schließlich merkte, dass er verfolgt wird, warf er das E-Bike − diesmal im Wert von 2500 Euro − kurzerhand zur Seite, lief zu Fuß weiter und sprang schließlich über einen Zaun.

Mit Pfefferspray attackiert

Anschließend ging es weiter über das Bahngleis und kreuz und quer durch Passau. Der Vorsprung wurde aber immer kleiner und kleiner und schließlich packte Werner den dreisten Dieb. Als er ihn zu Boden werfen wollte, folgte jedoch eine böse Überraschung. Der Rumäne zog plötzlich ein Pfefferspray aus der Tasche und verpasste dem Werkstattmeister eine ordentliche Ladung ins Gesicht. "Da war ich kurzzeitig außer Gefecht", berichtete später der Meister seinen Kollegen. Trotz des schmerzhaften Angriffs ließ der 38-Jährige aber nicht vom Rumänen ab und verfolgte ihn − jetzt stadtauswärts − weiter. Allerdings mit größerem Abstand.

"Showdown" vor der Polizeidienststelle

An der Dienststelle der Polizeiinspektion "Fahndung" in der Regensburger Straße kam es schließlich zum Showdown. Vor dem Gebäude befanden sich gerade Beamte der Schleierfahndung. Philipp Werner rief den Beamten zu, dass er gerade einen Dieb verfolge. Daraufhin nahmen die Beamten selbst die Verfolgung auf. Der Flüchtige − vom konditionell weit überlegenen Werkstattmeister bis an die Grenzen getrieben − hatte ohnehin keine Kraft mehr. Zusammen mit weiteren Kollegen der Polizeiinspektion Passau − konnte man den Täter schließlich festnehmen.

Nach der Verfolgung wieder in die Arbeit

Während er abgeführt wurde, kam Werner zum Augen-Ausspülen ins Krankenhaus. Als die Wirkung des Pfeffersprays nachließ, machte er sich − frei nach dem Motto: "Nur die Harten kommen in den Garten" − aber sofort wieder auf den Weg zur Arbeit. Feucht: "Als wir Kollegen ihn besorgt nach Hause geschickt hätten, meinte er nur: ,Mir geht‘s gut, mein Gesicht ist ein bisschen taub. Fühlt sich an, als hätte mir jemand eine ordentliche Watschn gegeben‘."

Bei der anschließenden Durchsuchung des Rumänen sowie seines Fahrzeuges mit Landshuter Kennzeichen fanden die Beamten gefälschte Dokumente. Des Weiteren wurde ein fremder Führerschein aufgefunden, bei dem sich nach Überprüfung herausstelle, dass er als verloren gemeldet worden war. "Zudem wurde unter anderem typisches Werkzeug zur Begehung von Einbrüchen beziehungsweise Diebstählen sichergestellt", teilte die PI Passau gestern mit. Außerdem stellte sich heraus, dass der 52-Jährige seit Längerem per Haftbefehl gesucht wird.

Dieb gesteht weitere Taten

Bei der weiteren Vernehmung gab der dreiste Dieb dann noch mehrere weitere Diebstähle zu. Insgesamt beläuft sich allein hieraus die Schadenssumme auf über 20.000 Euro. Mittlerweile wurde ein Strafverfahren wegen der Diebstähle, gefährlicher Körperverletzung, Urkundenfälschung und Fundunterschlagung eingeleitet. Derzeit sitzt der Rumäne ein. Der 52-Jährige wird demnächst dem Haftrichter zur weiteren Entscheidung vorgeführt.

Der Bericht ist in der "Am Sonntag" erschienen