Hauzenberg
Blut, Fliegen, Gestank: Dieser Mann aus dem Kreis Passau reinigt Tatorte

16.12.2018 | Stand 19.09.2023, 6:12 Uhr

Andreas Fesl ist Tatortreiniger. Der " Easyfog" kommt immer zuerst – der Nebel neutralisiert Gerüche und vertreibt Insekten. −Fotos: Glombitza

Der 51-jährige Andreas Fesl aus Freudensee bei Hauzenberg (Landkreis Passau) übt einen nicht ganz alltäglichen Beruf aus: Er ist Tatortreiniger.

Der Tod riecht süßlich. Der stechende Geruch schlägt zu wie eine unsichtbare Faust. Es ist diese Süße, die er zuerst wahrnimmt, als Fesl eine Wohnung irgendwo in Niederbayern betritt. Dann die Insekten: Fliegen kleben in Scharen an den Fenstern. Schwirren durch die Luft. Am Boden: Eine dunkelrote Blutlache, die vom Parkett bis zum Teppich reicht. Das Rot ist längst getrocknet.

In der Wohnung lebte ein älterer alleinstehender Herr. Er hatte sich eine Wunde am Bein zugezogen. Notdürftig hatte er sich mit Taschentüchern verbunden, statt zum Arzt zu gehen. Beim Wechseln der Bandagen riss eine Arterie. Er ist verblutet. Niemand kam ihm zur Hilfe. Bis der Leichnam gefunden wurde, verging eine Woche.

Die Geschichte hinter den Tatorten ist psychisch belastend

Fesl ist seit zehn Jahren staatlich geprüfter Desinfektor. Ein Spezialist für Keime und Infektionen. Krankenhäuser beschäftigen solche Menschen, um Räume samt Interieur rein zu halten. Seit drei Jahren ist er zudem staatlich anerkannter Tatortreiniger. Fesl hatte damals eine Dokumentation über Tatortreiniger in den USA gesehen. Kurz darauf fand er einen Weiterbildungskurs in Darmstadt. "Da mussten wir einen fingierten Tatort säubern. Der wurde mit Tierblut nachgestellt." Seit dem reinigt er Leichenfundorte von Menschen.

Wie geht er damit um, Orte zu reinigen, an denen Menschen ihre letzten Atemzüge getan haben? "Das Reinigen ist nicht das Problem", sagt Fesl. Der Job sei psychisch belastend, aber nicht wegen der Schauplätze, die er zu Gesicht bekommt. "Hauptberuflich bin ich seit 25 Jahren Rettungsassistent beim Roten Kreuz. Da habe ich schon viel mehr gesehen." Zum Problem wird die Geschichte hinter den Orten. "Ich sehe, wie die Menschen gelebt haben. Wenn meine Arbeit getan ist, bleibt nicht mehr von ihnen übrig, als der Grabstein auf dem Friedhof."
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