Festspiele Europäische Wochen
Bewegende Vision von Freiheit: Astrid Jacob bei den EW in Deggendorf

02.07.2019 | Stand 19.09.2023, 21:58 Uhr
Kristina Pöschl

Ursprünglich hatte Astrid Jacob ein Stück über Tucholskys und seine letzte Lebensgefährtin Gertrude Meyer geschrieben. Doch dann traf sie Meyer persönlich – das änderte vieles. −Foto: Manuel Birgmann

Es ist ein Stück, das sich verselbstständigte und wuchs, weil die dargestellte Figur sich selbst in das Stück einmischte. Bei den Festspielen Europäische Wochen Passau führte die Schauspielerin und Regisseurin Astrid Jacob am Sonntagabend im Kapuzinerstadl Deggendorf vor leider nur kleinem Publikum das Stück "Gertrude und Tucholsky oder Ein Fenster für Sophie" auf.
Das ursprüngliche Ansinnen des Stückes vor 30 Jahren war es, über Kurt Tucholskys letzte Lebensgefährtin Gertrude Meyer-Prenzlau den Dichter in seinen letzten Lebensjahren im schwedischen Exil näherzubringen. Astrid Jacob griff dafür auf Material des Tucholsky-Biografen Gerhard Zwerenz zurück, der Gertrude Meyer in Schweden persönlich getroffen hatte.
Als Jacob ihr Stück über Gertrude und Tucholsky erstmals aufführte, erreichte sie Protest: Gertrude Meyer sah durch das Stück ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Daraufhin reiste Astrid Jacob selbst nach Schweden, um Meyer selbst zu treffen. Diese Begegnung mit der 91-Jährigen steht im Zentrum der aktuellen Bühnenfassung, die zu einem Stück im Stück geworden ist.

Im zweiten Akt holt Astrid Jacob das Stück ins Jetzt und gibt ihm eine bedrückende Dringlichkeit. Die mittlerweile verstorbene Gertrude Meyer konnte ihr Misstrauen gegenüber den Deutschen mildern, weil sie die Geschwister Scholl kennengelernt hatte. Gertrude Meyer will der deutschen Jugend Sophie Scholls Freiheitsgedanken als Ideal aufzeigen. Sie wünscht sich, dass im Lichthof der Universität in München ein Sophie-Scholl-Fenster erbaut wird, dies trägt sie Astrid Jacob als Vermächtnis auf.
Mehr zum Thema lesen Sie am 3. Juli im Feuilleton der Passauer Neuen Presse.