Nittendorf
Barrierefrei durchs Leben – bis dahin ist es oft ein langer Weg

16.01.2021 | Stand 12.10.2023, 11:54 Uhr

Die Broschüre wurde an alle Haushalte verteilt. −Fotos: Ursula Hildebrand

Im oberpfälzischen Nittendorf im Landkreis Regensburg informiert eine Broschüre, die zur Nachahmung anregt. Herausgegeben wurde die Broschüre vom Beauftragten für Menschen mit Behinderungen im Markt Nittendorf.

Menschen ohne Handicap machen sich über vieles keine Gedanken – hohe Bordsteine, fehlende Rampen oder lange Treppen fallen den meisten Menschen nicht auf. Wer aber zum Beispiel im Rollstuhl sitzt, der steht jeden Tag vor vielen Hürden. In Nittendorf informiert jetzt eine Broschüre darüber, wie barrierefrei der Markt wirklich ist.

Ludwig Haas ist Beauftragter für Menschen mit Behinderungen im Markt Nittendorf. Bei einer Veranstaltung in Regensburg, bei der der damalige Oberbürgermeister Joachim Wolbergs über das Thema Barrierefreiheit informierte, kam ihm die Idee, eine Broschüre nach dem Vorbild der Stadt Regensburg für den Markt Nittendorf zu erstellen. Er nahm Kontakt mit Karl Bögner auf, der auch schon an der Broschüre für die Stadt Regensburg mitgearbeitet hatte. Im Mitteilungsblatt wurde ein Fragebogen veröffentlicht, den zum Beispiel Ladeninhaber ausfüllen und zurückschicken konnten. Daraus entstand ein Leitfaden, der auf 52 Seiten die Barrierefreiheit beleuchtet und Angebote für Senioren auflistet.

Ludwig Haas und seine Helfer fanden viele Orte, die bereits gut barrierefrei erreichbar sind: das Rathaus, die Polizei, teilweise Kirchen und Friedhöfe – und auch viele Geschäfte. Schwierig wird es beim Kultursaal, dem Bahnhof Etterzhausen, den Vereinsheimen und den Feuerwehrhäusern.

Müssen Feuerwehrhäuser behindertengerecht sein?

Bei der Frage, ob es für den barrierefreien Umbau von Feuerwehrhäusern Zuschüsse gebe, antwortete man ihm aus dem Ministerium, bei der Feuerwehr gebe es" offiziell keine Behinderten". Dass vielleicht auch altgediente Kameraden am Vereinsleben teilnehmen wollen, stieß auf Unverständnis. Und: Warum darf der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzende Feuerwehrkamerad nicht mehr an den Versammlungen teilnehmen? In diesem Bereich gebe es noch viel zu tun, sagt Haas. Ebenso bei der Frage nach barrierefreien Bahnhöfen.

Insgesamt müsse sich mehr tun in Sachen Barrierefreiheit, sagt Haas. Oft werde vergessen, dass auch Eltern mit Kinderwagen oder vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen von den Maßnahmen profitieren. Zudem werden die Menschen immer älter – und da kann ein hoher Bordstein schon ein unüberwindbares Hindernis sein.

4.000 Broschüren an alle Haushalte verteilt

Die Broschüre für Nittendorf ist im Juli 2020 in einer Auflage von 4.000 Stück erschienen und wurde an alle Haushalte verteilt. Im Rathaus liegen weitere Exemplare aus. Ludwig Haas wünscht sich, die Broschüre als App anbieten zu können. So wäre es möglich, jede Änderung, sprich Verbesserungen in Sachen Barrierefreiheit, schnell an die Frau und an den Mann zu bringen. Zudem habe fast jeder sein Smartphone mit dabei – so sei man auch unterwegs flexibler. Auch würde sich Haas freuen, wenn die Nittendorfer Broschüre zur Nachahmung anregt – einige Anfragen von Kommunen aus dem Landkreis sind bereits bei ihm eingegangen.