Apulien: Hier werden Lebensträume wahr

26.04.2014 | Stand 26.04.2014, 16:26 Uhr

Blaues Meer und blauer Himmel in Apulien: Die Region am italienischen Stiefelabsatz ist für Touristen noch ein Geheimtipp. − Fotos: Isabel Metzger

Max kommt lässig daher. Braun gebrannt und mit Dreitagebart. Der 36-Jährige trägt kurze Hosen, Shirt, Flip-Flops und Sonnenbrille – seine Berufskleidung. Denn Max’ Arbeitsplatz ist der Strand. Dem Apulier gehört einer der edelsten Beachclubs an der süditalienischen Adriaküste.

Stress scheint Max – in Apulien nennt man sich schlicht beim Vornamen – kurz vor Saisonstart noch nicht zu haben. Er baut die Sonnenschirme, Roll- und Massageliegen auf, schaut, ob der Whirlpool funktioniert. Ende April muss alles perfekt sein, dann beginnt wie jedes Jahr der Ansturm. 30 Angestellte kümmern sich in der Hauptsaison um die Wünsche der maximal 500 Strandurlauber im "Guna Beach". Der Club verfügt neben Bar und Restaurant auch über einen eigenen Golfplatz. Selbst Hochzeiten am Strand macht der findige Apulier möglich.

Ende September kehrt alljährlich wieder Ruhe am "Guna Beach" ein, dann, wenn in Italien auch die Schulferien enden. "Ohne italienische Urlauber lohnt sich der Betrieb nicht mehr", erklärt Max. "Die ausländischen Gäste sind noch zu wenig."

Und was macht er das restliche halbe Jahr? "Ferien", sagt Max und grinst. Der "Guna Beach" wirft in der Saison so viel ab, dass er damit seine Frau und die beiden Kinder ernähren kann. "Ein luxuriöses Leben führen wir nicht", betont der 36-Jährige. "Aber uns genügt’s."

Dass der Strandclub mal so laufen würde, ahnte Max nicht, als er das Wagnis vor fünf Jahren einging. Zehn, maximal fünfzehn Jahre will er hier noch arbeiten. "Dann verkaufe ich das Ganze", verrät er seine Zukunftspläne. "Und wir können dann gut davon leben."

Auch Caroline Groszer, die ihre Gäste gerne zu Max schickt, hatte den richtigen Riecher. Die Deutsch-Schweizerin hat sich mit Mut und Engagement im "Land der Olivenbäume" ein kleines Imperium geschaffen. 2008 eröffnete sie nahe Fasano, zwischen Bari und Brindisi liegend, die "Masseria Alchimia". Der Gutshof beherbergt seither Urlauber aus nahezu aller Welt. Für den Sommer ist das Haus bereits jetzt fast ausgebucht.

Von Norditalien nach ApulienWas die couragierte, selbstbewusste Tochter des ehemaligen Opernhaus-Intendanten Christoph Groszer anpackt, wird meist zu einem Erfolg. Als etwa nach ihrem Wirtschaftsstudium in St. Gallen ihr damaliger Chef eines Luzerner Marktforschungsinstituts fragte, wer denn Italienisch spreche und künftig in Mailand arbeiten wolle, sagte die damals 23-Jährige spontan zu. Zwar konnte sie nur ein paar Brocken Italienisch, aber ihr Ehrgeiz war geweckt. "Ein halbes Jahr büffelte ich in jeder freien Minute." Seither spricht sie die Sprache fließend.

Nach Apulien führte sie 2001 ihr "Traum vom Haus am Meer". Damals war die Kunstliebhaberin und begeisterte Fotografin noch mit einem Journalisten in Verona verheiratet. Das perfekte Haus am Meer für sich und ihre Familie fand sie zwar zunächst nicht, dafür die für den Landstrich typischen "Trulli", die kreisrunden Häuschen mit Zipfelmützendächern.

Als immer mehr Anfragen von Freunden, aber auch Touristen kamen, ob die Häuschen für die Ferien zu mieten seien, war der geschäftstüchtigen Deutsch-Schweizerin klar: "Das ist ein Business."

"Es war Liebe auf den ersten Blick" Doch nur "Trulli" zu vermieten, war Caroline Groszer schnell zu wenig. Und der Wunsch vom Haus am Meer obendrein noch nicht erfüllt. Also suchte sie ein halbes Jahr nach einem neuen, dem perfekten Objekt. Als Caroline Groszer die "Masseria Alchimia" entdeckte, wusste sie: "Das ist es. Es war Liebe auf den ersten Blick." Das Geld aus dem Verkauf der "Trulli" steckte sie in den Gutshof aus dem 17. Jahrhundert inmitten eines großen Gartens mit Palmen, Oliven- und Orangenbäumen. Zwei Jahre lang baute sie ihn nach ihren Vorstellungen um. Entstanden ist ein Boutique-Hotel mit zehn stylischen, edel eingerichteten Appartements. Entstanden ist auch Caroline Groszers neue Heimat: Sie lebt – inzwischen getrennt von ihrem Ehemann – mit Sohn Oli (11) und dem pflegebedürftigen Vater (87) in der "Masseria".

Vor allem Deutsche, Schweizer, Engländer und Italiener genießen hier die Ruhe – und wissen Caroline Groszers Insider-Tipps für einen perfekten Apulienurlaub zu schätzen. Dazu zählt auch das Restaurant "Bina" in Locorotondo. Chefin Bina steht hier persönlich am Herd. Eigentlich nichts Besonderes, schon gar nicht in Italien. Aber Binas Werdegang ist außergewöhnlich: Mit 50 fing die Apulierin nochmal neu an, besuchte die Hotelfachschule und eröffnete anschließend ihr eigenes Restaurant. "Aus Liebe zum Kochen und zur guten Küche": Bina strahlt, wenn sie über ihren Lebenstraum spricht. Ihr Mann Roberto ist für den Service zuständig, auch der Sohn arbeitet im familieneigenen Restaurant mit.

Zusammenhalt, Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Menschen sind es, die Apulien für Caroline Groszer lebens- und liebenswert machen. "Ich weiß, wann der Tankwart geheiratet hat", beschreibt sie den Unterschied zu ihrer früheren Heimat in Norditalien. "In Verona weiß man allenfalls den Namen des anderen."

INFOAnreisen: Air Berlin fliegt im Sommer zweimal wöchentlich von München nach Brindisi. In der Nebensaison ist der Umweg über Berlin nach Bari zu nehmen, www.airberlin.com. Wer sich die Region anschauen will, ist auf ein Leihauto angewiesen.

Übernachten: Einen ruhigen, gediegenen Urlaub verbringt man in der "Masseria Alchimia" nahe Fasano. Alle Appartements verfügen über Terrasse oder eigenen Garten und sind mit einer Kochecke ausgestattet. Frühstück oder Abendessen werden nicht angeboten. Allerdings liegt nur wenige Gehminuten entfernt die "Masseria Monte", die ihre eigenen Produkte, wie Eier, selbst gemachte Marmelade, Gemüse, Wein und eingelegte Oliven, zu sehr günstigen Preisen anbietet. Wer in der Nebensaison in die "Masseria Alchimia" kommt, spart sich einiges. Eine Familien-Suite mit zwei Schlafzimmern und zwei Bädern kostet dann 99 Euro pro Nacht, Doppelzimmer gibt es in der Nebensaison ab 49 Euro. Neuerdings bietet Caroline Groszer ihren Gästen mit der "My Puglia Card" Spezialpreise in ausgewählten Restaurants, Strandclubs, Boutiquen und Designerläden an. Masseria Alchimia, C. da Fascianello 50, 72015 Fasano (BR), 0039/335/6094647, www.masseria-alchimia.it.

Baden: "Guna Beach" in Torre Guaceto, www.gunabeach.com.

GENIESSEN WIE DIE APULIERDie apulische Küche ist exzellent und erschwinglich. Die Apulier essen das, was vor ihrer Nase wächst. 80 Prozent der italienischen Olivenölproduktion stammt aus der Region. Wo Sie genießen können:

 Vito in Savelletri bietet einen der besten Aperitifs der Region. In seinem Restaurant "Peschiera 2 Mari", direkt am Meer gelegen, serviert er dazu frisch gefangenen, rohen Fisch. www.peschiera2mari.it.

Ein ausgezeichnetes Fischrestaurant ist das "Il Punto" in Torre Canne. Am Wochenende essen hier vor allem Einheimische. www.ristoranteilpunto.de.

Gehobene Küche in außergewöhnlichem Ambiete – das bietet das Ehepaar Mirella Giorgio und Marino Rubino in der Masseria "Anticalama" in Pezze di Greco nahe Fasano. www.anticalama.it.

Wer nicht weiß, was sich hinter der schlichten Tür verbirgt, geht daran vorbei. Im "Il Cortiletto" in Speziale di Fasano gibt es ausgezeichnete Antipasti und Nudelgerichte. Hier muss man unbedingt reservieren: ilcortiletto@gmail.com.

 Im "Bina" in Locorotondo gibt es das Sonntagsmenü bereits für 20 Euro: www.binaristorante.it.

 Zu den wohl feinsten Adressen Apuliens zählt die Osteria Piazzetta Cattedrale in Ostuni, www.piazettacattedrale.it. Chef Robert serviert mit die besten Desserts.

Isabel Metzger, Redakteurin der Passauer Neuen Presse, reiste auf Einladung der "Masseria Alchimia".