München/Waidhofen
Abschied von einem Sonnenschein: Trauerfeier für Schmidt-Modrow

25.01.2020 | Stand 25.01.2020, 9:22 Uhr

Ein Meer aus Blumen und Kerzen ergießt sich bei der Trauerfeier in München unter dem Porträt von Ferdinand Schmidt-Modrow. −Foto: Ammer

Er war der Pfarrer Brandl aus Lansing, der Rocky in Beste Zeit, er war kleiner Prinz und Pumuckl, er war Sohn, Bruder, guter Freund. Ein Musiker, ein Sonnenschein. Hunderte Menschen, darunter viele seiner Schauspielerkollegen, sind am Freitag in München zusammengekommen, um Abschied zu nehmen von Ferdinand Schmidt-Modrow. Voll der Trauer und voll der Zuneigung.

Der letzte Abschiedsgruß an diesem schweren Freitag gebührt Freddie Mercury. Weil es dem Ferdi so gefallen hätte, weil ihn der Queen-Song in seinem Leben stets begleitet hat. "Carry on, carry on as if nothing really matters", singt Mercury, als wäre das so leicht. Und Ferdi lächelt von dem Bild mitten hinein in die volle Kirche St. Maximilian. Ganz so, als würde er sie selbst trösten wollen, all jene, die dort weinen, die sich in den Armen halten und an den Händen fassen. Als würde er noch einmal die Worte des kleinen Prinzen an sie richten: "Und wenn du dich getröstet hast, wirst du froh darüber sein, mich gekannt zu haben. Du wirst mit mir lachen."

Es ist eine Feier, in der tatsächlich gelacht werden darf. Das betont Pfarrer Rainer Maria Schießler gleich zu Beginn. Trotz all der Trauer. Und auch das hätte Ferdinand Schmidt-Modrow vermutlich gefallen. Dem Schauspieler mit dem Faible für bunte Anzüge und ausgefallene Schuhe, mit dem knallgelben Zündapp-Roller und dem offenen Lachen. "Er hatte für jedes Problem ein Kabel", erzählt Schießler über den Freund, den Bastler. Gemeinsam standen sie schon bei "Dahoam is dahoam" vor der Kamera - und noch mehr. "Das hier ist meine und seine Kirche", sagt Schießler über St. Maximilian im Glockenbachviertel. Schmidt-Modrow habe gleich ums Eck gewohnt. Er war zwar evangelisch, doch auch die Trauerfeier ist gelebte Ökumene. "Keine Grenzen und Begrenzungen", ist Pfarrer Schießlers Meinung dazu.
Ein Meer bunter Blumen ergießt sich unter Ferdinands Porträt. Umrahmt vom Schein hunderter Kerzen. Angezündet von Waidhofenern, Münchnern und Lansingern. Sozusagen.

"Traurigkeit verbindet"

Denn nicht nur die Schauspieler, die den bekannten Serienort bevölkern, sind in Mannschaftsstärke angerückt, auch viele Fans sind da. Er sei im Vorfeld immer wieder angerufen worden, erzählt Schießler. Von Menschen, die um Schmidt-Modrow in seiner Rolle des Pfarrers Brandl trauern. Ob sie denn auch kommen dürften. "Natürlich kommt ihr", habe er geantwortet. Und so bunt gemischt die Menschen in seiner Kirche an diesem Tag sind, so ist doch eines unübersehbar: "Traurigkeit verbindet."

Für die Schauspielkollegen von "Dahoam is dahoam" spricht Gerd Lohmeyer einige Worte - und hält sich dabei an seinem Zettel fest. "In der Serie bleibt eine klaffende Wunde, auf die passt kein Pflaster." Vor neun Jahren sei der Ferdi in sein Leben getreten. "Leichtfüßig, hell, offen. Der Zukunft zugewandt." Vor drei Jahren kam er dann auch als neuer Pfarrer nach Lansing. In der Serie spielen die beiden Neffe und Onkel. "Mit deinen roten Turnschuhen bist du in die Herzen der Zuschauer gestürmt", weiß Lohmeyer. Was bleibe, sei ein tiefes Loch. "Wir sind trauernd und ratlos." Und auf der Liste für die kommenden Tage stehe noch "wir drehen mit dir". Doch es ist nicht alles Schmerz in seinen Worten. Was er ihnen geschenkt habe, war riesig, so Lohmeyer. "Mit deinem liebenden, fast zu großen Herzen."

"Er war ein sehr humorvoller Kollege"

Das zarte "Hallelujah" von Leonard Cohen fließt durch das Kirchenschiff. Gespielt von Sascha Fersch - Autor, Musiker, Poet, bester Freund. Ein Song, den der Ferdi auch nachts um drei schon mal gesungen habe. Und getanzt habe er gerne.

"Er war ein sehr humorvoller Kollege und er hatte unglaublich viel Energie", erzählt auch Andreas Giebel. Und fügt schmunzelnd hinzu, dass er damit auch müde Kollegen fit gehalten habe, denn mit Rosenmüller als Regisseur seien es oft lange Drehtage. In "Beste Zeit" und den beiden nachfolgenden Teilen standen Giebel und Schmidt-Modrow zusammen vor der Kamera - ansonsten habe man sich viel zu selten getroffen. "Ich hätte ihn gerne öfter gesehen, aber jeder ist beschäftigt", bedauert Giebel. Und fügt hinzu: "Er war ein lieber, feiner Mensch."

An die 60 Bänke hat St. Maximilian - doch sie reichen bei weitem nicht aus, um all die Menschen zu fassen. Ebensowenig die herbeigeschafften Stühle. "Was hat der Ferdl Menschen glücklich gemacht", sagt Pfarrer Schießler mit Blick in die Menge. Er weiß von der tiefen Sehnsucht nach einem Wiedersehen, die der Mensch hegt. "Hoffnung, die uns davor bewahrt im Schmerz zu vergehen." Doch mancher Schmerz bleibe - ebenso die gemeinsame Zeit, wie Schießler betont. Ein Geschenk gewissermaßen: "Niemand wird uns diese Zeit, die wir mit Ferdi haben durften, nehmen."

Erinnerungen an einen Menschen, der sie alle berührt hat

Ein Geschenk, das in der wunderbaren Trauerfeier beinahe spürbar ist. Erfahrbar, in all den Erinnerungen, die jeder Einzelne in dieser Kirche mitbringt. Gehütet wie ein Schatz, greifbar in jeder Erzählung. Es sind Erinnerungen an einen Menschen, der sie alle berührt hat. Sie reichen von Momentaufnahmen bis hin zu einem ganzen Leben.

"Er war immer ein Sonnenschein", erzählt Birgit Kreitmeier, bei der Ferdinand schon im Kindergarten war. "Ein offenes, fröhliches Kind – und er hat bis heute nie vergessen, woher er kommt." Aus Waidhofen nämlich. Und viele aus seiner alten Heimat haben den Weg nach München gefunden. Nachbarn, Schulkameraden, ehemalige Lehrer vom Gymnasium Schrobenhausen. Ferdinand habe mit seinem Sohn Fußball gespielt, erinnert sich Waidhofens Bürgermeister Josef Lechner. Er selbst habe die schreckliche Nachricht über seinen Tod erst gar nicht glauben können. Der ganze Ort sei stolz auf ihn gewesen – "sonst kennt man uns nur für Hinterkaifeck". Und tieftraurig über den Verlust. Wo er es gerade geschafft hatte als Schauspieler.

Charme, Esprit, Witz, Temperament. Dazu Talent, Fleiß, Leidenschaft. Es fallen noch viele bittersüße Worte an diesem Nachmittag. "Seine Einzigartigkeit bleibt uns für immer", bringt es Schmidt-Modrows Agentin Marlis Heppeler auf den Punkt. Mit Tränen in den Augen.
Und schließlich singt Freddie Mercury zum Abschluss, die Töne voll der Bilder von einem, der geht und doch bleibt. Mach’s gut, lieber Ferdi. Oder mit den Worten des kleinen Prinzen: "Du wirst immer mein Freund sein."

− DK