Dialektpflege wird großgeschrieben
Bairische Sprache als wertvolles Kulturgut: Dialektverein präsentiert sich in Rathaus Saaldorf

10.05.2024 | Stand 13.05.2024, 15:49 Uhr
Karin Kleinert M. A.

Der „Förderverein Bairische Sprache und Dialekte“ hat die Vitrine neu gestaltet. Bürgermeister Andreas Buchwinkler hat sich den Strohhut mit dem FBSD-Namenszug gegriffen, Schriftführerin Marianne Hauser zeigt eine „zweisprachige“ Speisekarte.

Die Besucher des Rathauses der Gemeinde Saaldorf-Surheim können vor oder nach ihrem nächsten Termin gleich noch ihre Sprachkenntnisse testen. Und zwar auf sehr unterhaltsame Art und Weise. Möglich wird das durch die neue Ausstellung in der Vitrine im Eingangsbereich, die der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte, kurz FBSD, gestaltet hat.

Reherl, Ochsenauge, Biwein. Sind doch bestimmt alles Begriffe aus dem Tierreich? Nein, nicht so ganz, eigentlich nur der dritte Begriff, sagt Marianne Hauser mit einem Schmunzeln. Sie muss es wissen, denn sie ist nicht nur eine profunde Kennerin der bairischen Hochsprache, der Dialekte und Mundarten, sondern auch im Vorstand des Vereins aktiv. Daher hat die Brünningerin die Vitrine neu eingerichtet und mit allerlei Material rund um das sprachliche Kulturgut bestückt. Die Heimatzeitung, die im vergangenen Jahr eine Serie über bairische Begriffe brachte, die bei den Lesern auf große Resonanz stieß, hat sich die kleine Ausstellung angeschaut.

Marianne Hauser: „Die Kinder profitieren enorm“

Marianne Hauser berichtet über die Anfänge des FBSD, über die Vereinsstatuten, die wichtige Öffentlichkeitsarbeit und warum es für die Kinder so gewinnbringend ist, wenn sie quasi zweisprachig aufwachsen. „Die Kinder profitieren enorm, das zeigen wissenschaftliche Studien“, betont Marianne Hauser, die auch das Archiv der Gemeinde betreut. Denn wenn die Kinder Bairisch und Hochdeutsch lernen, wird ihr Sprachverständnis spielerisch gefördert und sie werden insgesamt flexibler. Deshalb ist es ein großes Anliegen des Vereins, Erzieherinnen und Lehrer mit ins Boot zu holen und sie für das Bairische zu begeistern. Interessierte Kitas und Schulen können über den Verein diverse Lernmaterialien und die „Zwergalseitn“ beziehen.

Neben diesem Rundbrief für Kinder gibt es auch einen „Rundbriaf“ für die Vereinsmitglieder. Marianne Hauser hat einige Exemplare davon ausgestellt. Die bis zu 100 Seiten umfassenden Hefte sind randvoll mit interessanten Artikeln über Veranstaltungen und Aktivitäten zur Pflege des Schrifttums der bairischen Hochsprache, dazu finden sich wissenschaftliche Beiträge, Interviews, Geschichten über die Historie sowie Terminankündigungen. Auch aktuelle Projekte, etwa die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit der Universität Salzburg, werden vorgestellt.

Gegründet wurde der „Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e. V.“ 1989 in Traunstein. Die ehemalige Leiterin des Gesundheitsamtes Dr. Viktoria Wittmann hatte mit ihrer Rede „Gedanken über die bairische Sprache“ den Stein ins Rollen gebracht. Zusammen mit 29 Mitstreitern wurde ein Verein zum Schutz der bairischen Dialekte und Mundarten gegründet. In der Satzung ist der Zweck eindeutig formuliert: „Die Erhaltung und Förderung der bairischen Hochsprache und aller bairischen Mundarten als Kulturgut“. Auch wie man diesen Zweck erreicht, ist genau aufgeschrieben und in einer in der Vitrine ausgestellten Satzung nachzulesen.

Der Förderverein hat inzwischen mehr als 3200 Mitglieder in Altbayern, Österreich und Südtirol, wo überall bairische Mundarten gesprochen werden. Die meisten davon sind in regional gegliederten Landschaftsverbänden organisiert. Einer davon ist der LV Rupertiwinkel mit etwa 350 Mitgliedern. Michael Ofensberger war 1998 einer der Gründer und bis 2007 als 1. Vorstand sehr rührig. Der Surheimer hielt viele Vorträge in Schulen und Vereinen, um den Dialekt als das zu vermitteln, was er ist: ein wertvolles, identitätsstiftendes Kulturgut, das es zu bewahren gilt. Legendär sind seine Ausführungen zur Verdrängung des Bairischen durch das „Tschüssler-Deutsch“ und durch die immer mehr werdenden Anglizismen. 2011 wurde ihm für seinen Einsatz die oberbayerische Bezirksmedaille verliehen.

Die Maßnahmen, mit denen der Verein für die bairische Sprache wirbt, sind ausgesprochen vielfältig: Seien es die mit viel Herzblut gehaltenen Vorträge, die Beteiligungen mit Infoständen an Festen, auch bei so prominenten wie der „Oidn Wiesn“ und die Präsenz in den Medien. Großen Zuspruch erfahren die Dialekt-Preisverleihungen an lokale und überregional bekannte Persönlichkeiten. Den Preis hatte 2011 die Unternehmerin Eva Mayr-Stihl gestiftet, Preisträger waren unter anderem die „Huaba-Buam“, Volksmusikant Hansl Auer und Altlandrat Schorsch Grabner.

Aufmerksamkeit für Dialekt ist stark gewachsen

Alles in allem sei die Aufmerksamkeit für den Dialekt in der Öffentlichkeit in letzter Zeit sehr gewachsen, betont Marianne Hauser. Das freue sie, denn so werden sicherlich auch kommende Generationen noch bairisch reden. Sie engagiert sich seit etlichen Jahren im Vorstand, sowohl im Gesamtverein als Schriftführerin, als auch als stellvertretende Vorsitzende im LV Rupertiwinkel. Dessen Vorsitzender ist Heinz Schober-Hunklinger aus Bad Reichenhall. Die Steinbrünningerin hat noch viel Wissenswertes parat, wie die unterschiedliche Bedeutung der Schreibweisen „bairisch“ und „bayerisch“. „Bairisch mit ,i‘“, erklärt sie, „wird in der Volkskunde verwendet, wenn es um die Abstammung von den Bajuwaren geht“. „Bayerisch“ muss es dagegen heißen, wenn es um einen politischen, territorialen Begriff geht wie den Freistaat Bayern.

Und für was begeistern sich die Leute an den Infoständen besonders? „Der Hit ist der Bairisch-Test“, sagt Hauser sofort und muss – „Hit“ – über sich selbst lachen. Ein Exemplar dieses beliebten Fragespiels „Woaßt es…? – Teste Deine Bairisch-Kenntnisse“ ist jetzt ausgestellt. Auch „Bairisch a la carte – Sprachführer für Wirtsleut“ und „Wie ihr’s richtig macht…“, eine Speisekarte mit Übersetzung, kommen immer super an, sagt sie. Und diejenigen, denen der Dialekt einst „aberzogen“ wurde, können das Bairische mit dem Plakat „I lern Boarisch!“ schnell wieder auffrischen. Das sei sehr wichtig, findet Marianne Hauser, weil man sich mit dem Bairischen einfach viel emphatischer ausdrücken könne als mit dem Hochdeutschen.