Uni-Professor in Trachtenhütte
Dialekt-Vortrag in Feldkirchen: Speck mit „e“ oder „ä“? Das spaltet die Region

27.04.2024 | Stand 27.04.2024, 19:00 Uhr
Marianne Hauser

Prof. Dr. Peter Mauser verstand es in seiner launigen und unterhaltsamen Art, das Publikum in der Trachtenhütte Feldkirchen ganze zwei Stunden in den Bann der Sprachgeschichte zu ziehen. − Foto: Marianne Hauser

Der Trachtenverein Feldkirchen hatte zusammen mit dem FBSD (Förderverein Bairische Sprache und Dialekte) zu einem Vortrag in die Trachtenhütte eingeladen.

Referent war der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Peter Mauser (Uni Salzburg), ein profunder Dialektkenner.

Zahlreiche interessierte Besucher aus der Gemeinde, dem ganzen Rupertiwinkel und auch aus Salzburg waren gekommen, so dass die Bestuhlung des Saales gar nicht ausreichte und der Veranstalter noch mit einigen Bänken anrücken musste.

Zur Einleitung erläuterte der Referent, was die Besucher nicht erwartet: eine Jodel-Schulung a la Loriot! Vielmehr soll ein wissenschaftlicher Blick auf die einheimische Sprache im Rupertiwinkel, deren Herkunft und Veränderung geworfen werden.

Worin besteht der Unterschied zwischen Bayern und Baiern? Bayern mit y meint immer die politische Dimension, also den Freistaat und seine Institutionen. Baiern mit i meint sprachwissenschaftlich das Gebiet, in dem bairisch gesprochen wird. Und das sind Teile Bayerns („Altbayern“), fast ganz Österreich und Südtirol. Also es wird eigentlich mehr bairisch jenseits der bayerischen Grenzen gesprochen! Im Mittelalter bis zur aufkommenden Neuzeit war der deutsche Sprachraum unterteilt in sogenannte „Landsprachen“, zum Beispiel neben bairisch schwäbisch, sächsisch, fränkisch et cetera. Diese wurden auch geschrieben – eine verbindliche Rechtschreibung gab es nicht. Mit der zunehmenden politischen Einigung kam immer mehr die Idee einer „alles überdachenden Standardsprache“ auf. Dieses Standarddeutsch ist eine „Melange“ aus den Landsprachen und hat eigentlich keine Wiege. Die Bezeichnung „Hochdeutsch“ für die Standardsprache ist wissenschaftlich nicht korrekt. Und impliziert leider, dass dieses Deutsch „besser“ ist als andere Ausprägungen des Deutschen, die Dialekte also.

Ein Dialekt ist gekennzeichnet durch Kontinuität (bei aller Veränderung), durch eine gewisse Kleinräumigkeit und eine fehlende Verschriftlichung. Großes Interesse weckten die Ausführungen zu der im Rupertiwinkel oft diskutierten Streitfrage, ob Speck mit e oder doch mehr mit ä ausgesprochen wird. Selbiges gilt für Messer und mehr. Prof. Mauser zeigte anhand von Landkarten auf, wo die „Aussprachegrenze“ – genannt Isoglosse – in unserem Gebiet ist. Sie führt quer durch die Region. Dabei ist das „e“ wohl ein Relikt aus dem Germanischen und wird als „ererbtes e“ bezeichnet.

Wie wirkt nun die seit gut 200 Jahren bestehende politische Grenze, die den Rupertiwinkel abtrennt vom ehemaligen salzburgischen Stammland? Im Rupertiwinkel hat sich im ländlichen Bereich noch etliches vom alten Salzburger Dialekt erhalten, mehr als in Salzburg selber. Aufgrund der politischen und damit verwaltungstechnischen Grenze kommt immer mehr „Münchner“ Dialekt im Rupertiwinkel durch – statt dem alten „vii“ für viel wird immer mehr das mittelbairische „vui“ verwendet. Und auf der Salzburger Seite orientiert man sich nach Osten, nach Wien. So wird aus dem „vii“ dann ein „vüü“.

Prof. Mauser verstand es in seiner launigen und unterhaltsamen Art, das Publikum ganze zwei Stunden in den Bann der Sprachgeschichte zu ziehen. Dass die Dialekte eine Herzensangelegenheit des gebürtigen Lungauers sind, konnte man in den Ausführungen spüren. Er kritisierte das immer noch weit verbreitete gesellschaftliche Vorurteil, dass Dialektsprecher zwar „gemütlich“ sind, aber bei weitem nicht so klug und intelligent wie Sprecher der Standardsprache. Diese Anschauung wird von Seiten der Sprachwissenschaft seit Jahrzehnten widerlegt – leider ohne durchschlagenden Erfolg. In der abschließenden Fragerunde gab es so manche Lacher – so können halt die Österreicher das schwierige „Ö“ aussprechen, während die Baiern in Bayern statt dem „Ö“ einfach ein „E“ verwenden – „Essdreich“.

Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgte die „Grod-fia-heid-Musi“ (Gudrun Rehrl, Gitarre, Stefan Kern jun., Ziach, Peter Edfelder jun., Posaune). Der Vortrag war eine Idee des Arbeitskreises „Zukunftswerkstatt“ des Trachtenvereins, der sich mit breiten, kulturellen Angeboten für die heimische Bevölkerung befasst, um zur besseren „Vernetzung“ der Bevölkerung und damit auch zur „Sichtbarkeit“ des Trachtenvereins beizutragen.