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Bundesweit fehlen 910000 Sozialwohnungen

Ampel-Regierung hinkt Zielen beim sozialen Wohnungsbau hinterher – Verbände fordern Milliarden-Investition

17.01.2024 | Stand 17.01.2024, 5:00 Uhr

Mehr als 100 000 Sozialwohnungen müssten einer aktuellen Studie zufolge jährlich entstehen, um den Bedarf zu decken. Gebaut werden allerdings deutlich weniger. − Foto: picture alliance/dpa

In Deutschland fehlen dem Bündnis „Soziales Wohnen“ zufolge 910000 Sozialwohnungen. Es beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie des Pestel-Instituts, die der Zusammenschluss aus deutschem Mieterbund, Baugewerkschaft und Sozial- und Branchenverbänden in Auftrag gegeben hat. Es herrsche ein „dramatischer Mangel an sozialem Wohnraum“, so das Bündnis – allen voran in Bayern und Baden-Württemberg. Dort fehlten laut Studie jeweils rund 200000 Sozialwohnungen.

Insgesamt hätten Ende 2022 bundesweit knapp 1,1 Millionen Sozialwohnungen zur Verfügung gestanden. Die Vertreter des Bündnisses gehen allerdings davon aus, dass es bis zum Jahr 2030 insgesamt mindestens zwei Millionen Sozialwohnungen brauche. Ab sofort müssten somit jährlich mehr als 100000 neue Sozialwohnungen gebaut werden.

Das deckt sich eigentlich mit den Zielen der Ampel-Regierung: 400000 neue Wohnungen sollen gemäß Koalitionsvertrag jährlich entstehen, 100000 davon Sozialwohnungen. Diesem Ziel hinkt die Ampel jedoch weit hinterher. Im vergangenen Jahr räumte die Regierung ein, das Ziel unter anderem wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs zu verfehlen. Knappe Materialien, Fachkräftemangel sowie gestiegene Zinsen wurden als Hemmnisse genannt. Neu gebaut wurden 2023 laut Bündnis „Soziales Wohnen“ knapp 270000 Wohnungen. Nur ein Bruchteil davon seien Sozialwohnungen. Für 2024 prognostiziert das Bündnis einen weiteren Rückgang.

Michaela Engelmeier, Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, hält dies für eine fatale Entwicklung. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um Bauvorhaben zügiger zu realisieren, etwa durch Baulückenschluss oder Dachausbauten, sagte sie unserer Zeitung. Grundlage dafür seien der Abbau von Bürokratie sowie bundeseinheitliche Regelungen. Unionsfraktions-Vize Ulrich Lange (CSU) hält fest: „Das Ergebnis der Studie ist verheerend und ein weiterer Beleg dafür, dass die Ampel-Regierung beim sozialen Wohnungsbau auf ganzer Linie versagt.“ Er fordert einen „Wumms für den Wohnungsbau“. „Will heißen: die Baukosten müssen runter – zum Beispiel durch das Setzen von realistischen Energieeffizienzstandards – und Vertrauen und Planungssicherheit für die Baubranche müssen hoch.“

Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, verweist auf Anfrage der Mediengruppe Bayern dagegen darauf, dass „die Bundesregierung 18 Milliarden in den sozialen Wohnungsbau pumpt“, obwohl die Verantwortung dafür bei den Ländern liege. „Damit bekräftigen wir die Wichtigkeit dieser Maßnahme und unterstützen die Länder bei ihrer Aufgabe weit über unseren Verantwortungsbereich hinaus.“ Eine zielgenauere Hilfe als der soziale Wohnungsbau sei ohnehin das Wohngeld, also ein Mietzuschuss für Haushalte mit geringem Einkommen.

Dass die Ampel das Wohngeld Anfang 2023 deutlich angehoben hat, sieht das Bündnis „Soziales Wohnen“ allerdings kritisch. Zwar sei solch eine Unterstützung für die Betroffenen sinnvoll. Langfristig komme die Zahlung den Staat aber teuer. „Bezahlbare Wohnungen entstehen dadurch nicht. Bekämpft werden die Symptome, nicht die Ursache des Problems“, so das Bündnis. Um den Wohnungsbau voranzutreiben und Planungssicherheit für die Baubranche zu schaffen, fordert es deshalb ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden.