Coach aus Malching im Interview
„Wahnsinnig schlau im Kopf“: Holger Seitz erklärt Bayerns Toptalente Krätzig und Pavlovic – Lob für Vilzing

29.12.2023 | Stand 29.12.2023, 8:00 Uhr

Seit einem Jahr zurück an der Linie bei Bayern II: Trainer Holger Seitz. − Foto: imagoimages

Seit einem Jahr ist Holger Seitz zurück als Coach beim FC Bayern II.

Der 49-Jährige aus Malching (Landkreis Passau) gilt seit Jahren als Spezialist für die Nachwuchsarbeit, hat in München U17 und U19 gecoacht, die U23 zurück in die 3. Liga geführt. Anschließend ging es für Seitz in die Sportliche Leitung am Campus, ehe ihn die Verantwortlichen vor einem Jahr zurück an die Linie baten – mit einem klaren und langfristigen Auftrag: Bayerns Rohdiamanten zu schleifen, sie aus dem oft behüteten Jugendbereich herauszuführen, sie vorzubereiten für den knallharten Alltag des Profigeschäfts. Bei Franz Krätzig oder Aleksandar Pavlovic ist das besten gelungen. Nicht nur über die beiden zuletzt im Fokus stehenden Top-Talente des Rekordmeisters hat die Mediengruppe Bayern mit Holger Seitz gesprochen.

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Frans Krätzig: „Er ist wahnsinnig schlau im Kopf und hat selbst in Drucksituationen viele intelligente Lösungen parat. Hinzu kommt seine gute Technik. Er ist ein Linksfuß. Er ist ein offensiv ausgebildeter Mittelfeldspieler, der eigentlich auf der Acht oder Zehn zu Hause ist. Diese Ausbildung ist ihm jetzt als Linksverteidiger zu Gute gekommen, in Sachen Spieleröffnung ist er in der Viererkette eine absolute Waffe, weil er super Lösungen hat. Im Spiel gegen den Ball ist er instinktiv so schlau und fit, dass er das auch innerhalb kürzester Zeit auf den Platz bekommen hat. Deswegen steht die Türe für ihn sehr, sehr weit offen. Jetzt muss er aber durchmarschieren und seine Leistung immer wieder bestätigen.“

Aleksandar Pavlovic: „Die größte Auszeichnung und Bestätigung war seine Einwechslung gegen Dortmund. Thomas Tuchel hat ihn gebracht, als sich das Spiel durchaus in einer entscheidenden Phase befand – das zeigt, welches Vertrauen er in den Spieler hat. Er kann Leistung abrufen, wenn sie gefragt ist, hört sehr aufmerksam zu in der Analyse und kann so die Dinge auf den Platz bringen, die gefordert sind. Dass er seine Qualität in den extrem wichtigen Spielen gegen Stuttgart und Wolfsburg erneut zeigen konnte, freut uns alle sehr. Er ist ein zentraler Mittelfeldspieler, eigentlich eine Art ‚Holding Six‘, wie sie ja zuletzt Thema war. Früher hat man gesagt: ein Staubsauger. Er kann das, er spielt sehr souverän, hat die Technik, Physis und Übersicht, spielt die Bälle rechts wie links – und er spielt die Pässe, die einem Gegner wehtun. Die Vorlage zum 4:0 gegen Dortmund war kein Zufall. Er kann nach vorne verteidigen, hat da keinen Respekt – und sucht auch vor 80000 Fans den Zweikampf.“

Probleme im deutschen Nachwuchsfußball: Grundsätzliche Dinge sind ab 2009/2010 verloren gegangen, ein bisschen die Seele des Fußballs. Die Diskussion über Systeme hat überhandgenommen. Man hat sich ja fast schon geschämt, wenn man mit deutschen Tugenden auf den Platz geht, die Zweikämpfe sucht. Ein Verteidiger war ja häufiger mit der Spieleröffnung beschäftigt als mit dem Verteidigen. Und als Trainer wurdest du nicht selten als altmodisch abgestempelt, wenn du diese Tugenden eingefordert hast. Erst durch die aktuell große Problematik unserer A-Nationalmannschaft sind letztlich alle aufgewacht. Nun ist es die Aufgabe, dass alle gemeinsam in die Umsetzung gehen. Mit der Verkleinerung der Spielformen sind schon gute Dinge in die Wege geleitet worden. Aber das reicht noch nicht aus. Auch die Qualifizierung und richtige Schulung der Trainer und NLZ-Verantwortlichen ist extrem wichtig. Und ganz entscheidend: Nicht immer nur reden, sondern handeln.

Den Erfolg der DJK Vilzing: Ich bin sehr angetan von diesem Verein. Es ist wirklich herausfordernd, gegen sie zu spielen, weil sie viele gute Spieler mit tollem Charakter haben. Der Spirit im Umfeld und der Mannschaft ist beachtlich. Josef Eibl hat in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten etwas sehr Erfreuliches in die Spur gebracht, daher schaue ich mit Interesse darauf, was sich in Vilzing entwickelt hat. Ich wünsche ihnen, dass die Erwartungshaltung nicht zu groß wird.